Es war einer der großen Aufreger beim Saudi-Arabien GP vor zwei Wochen: Lando Norris ließ die Kupplung sichtlich vor dem Erlöschen der roten Lichter der Ampel schnalzen und machte in seiner Startbox einen kleinen Satz. Zur Überraschung der meisten Beobachter wurde jedoch keine Strafe für das Vergehen ausgesprochen.

Begründet lag dies in den Regeln. Paragraf 48.1 a) des sportlichen Reglements überträgt die alleinige Entscheidungsgewalt einem am Auto installierten Transponder, der mit einem im Asphalt eingelassenen Sensor korrespondiert. Meldet die Technik keinen Frühstart, wird auch keine Strafe ausgesprochen. Dabei gibt es auch bestimmte Toleranzbereiche.

Das Sensor-Loch in einer Startbox, Foto: Motorsport-Magazin.com
Das Sensor-Loch in einer Startbox, Foto: Motorsport-Magazin.com

Lando Norris einsichtig: Wird nicht wieder vorkommen

Strafe hin oder her: Dass es sich bei der Aktion in Saudi-Arabien um einen menschlichen Fehler auf Seiten Norris' handelte, daraus macht der 24-Jährige keinen Hehl: "Ich weiß nicht, ich habe so etwas noch nie in meinem Leben gemacht. Seit ich Kart gefahren bin habe ich es noch nie gemacht."

Was genau den Fehler verursachte, darüber ist sich Norris auch zwei Wochen später im Unklaren: "Du bist einfach so bereit loszulegen und da sind so viele Lichter und es ist ziemlich dunkel. Ich weiß nicht, ob ich einfach auf ein Licht woanders reagiert habe, entweder in meinem Augenwinkel oder irgendwo weiter vorne, wo jemand ein Video gemacht hat, oder was auch immer." Zugleich verspricht der Brite Besserung: "Es wird nicht wieder vorkommen!"

Polesetter Max Verstappen führt im Red Bull vor Teamkollege Sergio Perez und Charles Leclerc im Ferrari nach dem Start
Der Start zum Saudi-Arabien GP wäre Norris fast zum Verhängnis geworden, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Kein Vorteil durch Frühstart

Norris bemerkte seinen Fehler sofort und stoppte das Auto kurz, wodurch er an Momentum verlor, Position sechs aber gegen George Russell verteidigen konnte. Deshalb argumentiert Norris, dass er keinen Vorteil aus seiner verfrühten Reaktion gezogen habe: "Ich war etwas überrascht, dass ich keine Strafe bekommen habe. Aber ich habe nicht davon profitiert."

Anders sehe dies laut Norris bei Sergio Perez aus. Auch dessen Red Bull bewegte sich beim Start in das Fluchtlichtrennen von Jeddah schon vor dem Erlöschen der Startampel. Der Mexikaner reagierte jedoch nicht versehentlich zu früh, sondern ließ seinen RB20 minimal anrollen, um so mutmaßlich ein besseres Momentum in Richtung erster Kurve zu haben. Der Plan ging beinahe auf: In den ersten Kurven duellierte sich Perez mit dem vor ihm gestarteten Charles Leclerc um Platz zwei. Der Monegasse konnte nur um ein Haar die Position in Kurve vier behaupten.

Perez hätte Strafe mehr verdient

"Das war eher eine Strafe als meine Aktion", meint Norris. "Das ist ein echter Vorteil bei der Start-Prozedur. Ich habe nicht versucht, dem Start zuvorzukommen, sondern habe versucht, zu reagieren und habe versehentlich reagiert", macht er die Unterscheidung klar, obwohl Norris Perez keine Absicht unterstellen möchte. Der Brite kündigte an, die Thematik im Fahrer-Meeting anzusprechen.

Red Bull-Fahrer Sergio Perez
Verschaffte sich Sergio Perez beim Start in Jeddah einen unfairen Vorteil?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Norris sicher: Max Verstappen ist schlagbar

Obwohl der Saisonstart 2024 deutlich besser war als in der Vorsaison, gegen die Konkurrenz von Red Bull war McLaren wie der Rest des Feldes an den ersten beiden Rennwochenenden machtlos. Norris zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass das Weltmeisterteam rund um Formel-1-Dominator Max Verstappen zumindest im Jahresverlauf geschlagen werden kann: "Es wird Rennen geben, die Max nicht gewinnen wird."

Im Moment sieht der Brite zwar Ferrari als größte Red-Bull-Gefahr, doch auch seinem Team traut er im Angesicht der steilen Entwicklungskurve des Vorjahres das Potenzial für Rennsiege zu - erst recht, wenn bedacht wird, dass McLaren schon 2023 Red Bull das ein oder andere Mal gefährlich werden konnte und mit Oscar Piastri in Katar sogar den Sprint gewann. "Wir waren letztes Jahr einige Male nahe dran (am Rennsieg; d. Red.). Ich war drauf und dran, Max in einem Rennen letztes Jahr zu besiegen", so Norris, der nach wie vor auf seinen ersten Sieg in der Königsklasse wartet.