Hey, ich will nicht absprechen, dass alle in der Formel 1 Geld gut gebrauchen können. Moment mal … erinnert ihr euch noch an diesen Satz? Genau eine Woche ist es her, dass ich dem F1-Management und den zehn Teams angesichts Madrids und Visa Cash App RB an dieser Stelle einen Kniefall vor der Gier attestiert habe. Wie sich herausstellt, hatte die Formel 1 noch nicht einmal annähernd ihr Gier-Pensum für den Januar erfüllt.

Andretti-Cadillac ist Geschichte. In zwanzig Punkten wurde dem Traum vom 11. Team das Licht ausgeknipst. Pünktlich am 31. Januar um 16:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit, um uns noch die Gelegenheit zu geben, vom "Januar der Schande" zu sprechen. Schändlicher wie in diesen 31 Tagen kann dieser Sport von seinen Verwaltern eigentlich nicht mehr behandelt werden.

Die Wahrheit ist: Es wird immer schändlicher, je öfter man sich diese 20-Punkte-Ablehnung durchliest. Schlimmer noch: Heute schmerzt die Schande, aber die Schockwellen dieser Entscheidung haben das Potenzial, jahrelang anzuhalten. Und die Formel 1 gehörig in die Bredouille bringen.

Heute die Schande: 20 Punkte langes Versteckspiel

Beginnen wir mit der Entscheidung an sich. Es steht außer Frage, dass das F1-Management (FOM) und die zehn etablierten Teams hier primär ihre finanziellen Interessen verteidigen. Das ist der einzig wahre Grund für die Ablehnung. Die 20 Punkte lange Rechtfertigung ist nur Dekor, um nicht völlig schamlos dazustehen. Hier gibt es sie alle zu lesen:

Dabei drehen wir uns im Kreis. Etwa mit der nüchternen Feststellung, dass "die meisten Versuche, ein neues Team zu etablieren, in den letzten Jahren nicht erfolgreich waren." Um dann später hervorzuheben, dass der geplante Werkspartner General Motors die Ressourcen hat, um erfolgreich zu sein.

Dann die Feststellung, kurz und nüchtern, dass Andretti einfach nicht wettbewerbsfähig werden würde. Punkt. Dann wiederum weiter unten, dass selbst große Konzerne Jahre brauchen, um wettbewerbsfähig zu sein. Was ist das letztendlich für ein absurder Gedankengang, dass Andretti Autosport - eines der größten privaten Motorsport-Unternehmen außerhalb der F1 - es selbst mit Unterstützung von GM nicht schaffen könne?

Und dann das niederschmetternde Urteil, dass Andrettis anvisierter 2025-Termin - ein Jahr vor der nächsten Regelrevolution - vom Unverständnis der F1 zeuge. Haas tat 2016 das gleiche. Und es wird völlig ignoriert, dass der Zeitplan durch die Verzögerungstaktik der Gegner verknappt wurde. Und dass ein großer Grund für das Festhalten an 2025 ist, dass ab 2026 eine massive Erhöhung der Neueinsteiger-Gebühr von 200 auf 600 Millionen (oder mehr) droht.

Verschwindet, GM - der Formel-1-Club ist geschlossen

Mutig auch - oder eher erbärmlich - ist dann der Abschluss in Richtung General Motors. Andretti könne es ja 2028 noch einmal probieren. Das ist schon bemerkenswert, nachdem man ihnen in zwei Punkten unterstellt hat, sie verstünden die Formel 1 nicht und würden nie wettbewerbsfähig sein.

Elegant tritt man auch noch nach: "Entweder als GM-Werksteam oder als Kundenteam." Kaum verkappt die Hoffnung, dass GM sich jetzt ein etabliertes Team wie Williams als Motorpartner holt. Ja, das ist wirklich mutig. Zu glauben, dass der US-Autogigant, den Andretti erst einmal in die F1-Konversation gebracht hat, und der Andretti ein Jahr lang unbeeindruckt vom politischen Druck im Fahrerlager die Treue hielt, jetzt überhaupt noch in die Formel 1 einsteigen will.

Gratulation an die Teams: Ich hoffe, ihr seid glücklich

Rücksichtsvoll bemüht sich das F1-Management nebenbei, die Teams aus der Schusslinie zu ziehen. Man habe zwar alle wichtigen Interessensgruppen konsultiert (Punkt 6 d. der Abweisungsschrift), aber laut Punkt 7 nicht die Teams - die doch eigentlich wichtigste Interessensgruppe im Fahrerlager. Um klarzustellen: Das muss nicht einmal falsch sein.

FOM wusste genau, was die Mehrheit der Teams wollte. Außerdem wollen sie möglichst bald ein neues Concorde-Agreement verhandeln. Wenn die FOM jetzt ein elftes Team eingelassen hätte, dann hätten die zehn anderen sie in den Concorde-Verhandlungen windelweich geprügelt, um Konzessionen zu bekommen. Die FOM musste nicht Toto Wolff oder Christian Horner fragen, um das zu wissen.

Was mir diese Ablehnung jetzt eigentlich sagt: Es wird nie ein elftes Team geben. Sämtliche Argumente können mit Leichtigkeit in allen vorstellbaren Szenarien wiederverwertet werden. Mit dem Hervorheben, dass selbst große Hersteller keine Erfolgsgarantie schaffen, ist sogar der Grundstein gelegt, um Konzerne wie VW abzuweisen. Ihnen kann man damit die Tür zuknallen, indem man auf Toyotas jahrelange Pleiten der 2000er zeigt.

Dann ist es wohl nur mehr angebracht, Gratulation auszusprechen. An Red Bull, Mercedes, Ferrari, McLaren, Aston Martin, Alpine, Williams, Visa Cash App RB, Sauber (Audi) und an Haas. Bravo. Ihr habt es geschafft. Ihr könnt jetzt alle weit mehr als eine Milliarde für euren Startplatz verlangen, wenn ein großer Hersteller anklopft und ihr keine Lust mehr habt. Weil der Hersteller weiß: Anders kommt er nicht mehr rein.

Blöd wäre dann nur, wenn die Formel 1 einmal in einen Abschwung rutschen sollte, und ein Team in Schieflage gerät, und dann plötzlich niemand da ist, um es zu kaufen, eben weil Abschwung. Puh, dann wäre es schon toll, ein etabliertes Motorsport-Imperium mit einem US-Giganten zu haben. Oder? Nein? Gut, dann nicht. Mein Fehler. Unser Fehler. Andrettis Fehler.