Mercedes hatte sich nach den starken Rennen in den USA und Mexiko für das 20. Rennwochenende der Formel-1-Saison 2023 in Brasilien einiges vorgenommen. Das Qualifying am Freitagabend erfüllte die Erwartungen jedoch bei weitem nicht. Für das Rennen am Sonntag sprangen für Lewis Hamilton und George Russell zunächst lediglich die Startplätze fünf und sechs heraus. Zu allem Überfluss erhielt Russell am Abend eine Startplatzstrafe von zwei Positionen für die Blockade von Pierre Gasly.

"Platz fünf fühlt sich nie sonderlich toll an", so Hamilton, der im Q3 siebeneinhalb Zehntelsekunden auf die Pole-Zeit von Max Verstappen einbüßte. Russell landete eine Zehntelsekunde dahinter. In den ersten beiden Teilen des Qualifyings waren die Rundenzeiten deutlich schneller und die Abstände auf dem nur 4,309 Kilometer langen Autodromo Jose Carlos Pace äußerst eng.

Die unmittelbar zu Beginn des Q3 über Interlagos hereinrollende Unwetterfront warf die Pläne der Teams völlig über den Haufen. Die Track Position beim ersten Run war schlussendlich entscheidend, denn es tröpfelte bereits und eine zweite Chance sollte es nicht geben. Hamilton und Russell befanden sich auf der Strecke an dritter und fünfter Stelle. "Ich denke, wir konnten sehen, wie gering die Unterschiede was die Outlaps und die Temperaturen betrifft waren", so Toto Wolff gegenüber Sky Sports F1.

Das Aston-Martin-Duo führte den Reigen an, Verstappen war im Sandwich der Mercedes-Fahrer. Alle drei sowie auch Charles Leclerc, der unmittelbar hinter Russell folgte, landeten auf dem Zeitenmonitor am Ende vor dem Mercedes-Duo. "Die Aston Martins haben gleich losgelegt, Max kam mit warmen Reifen direkt aus der Garage und ist auch weggefahren. Das waren die schnellsten Autos", hält Wolff fest.

Für ihn ist klar, dass die Konkurrenz im entscheidenden Moment besser agiert hat. "Wir waren fast eine Sekunde hinter der Bestzeit und das zeigt uns, was wir hätten machen sollen. Selbst vorher im Trockenen war es so. Wenn du als Erster aus der Garage fährst, hast du alles im optimalen Bereich und bist auf Pole", sagt er.

Hamilton und Russell hadern mit Q3-Performance

Im Q2 kamen Hamilton und Russell auf unter drei Zehntelsekunden an die Bestzeit von McLaren-Fahrer Lando Norris heran. Nach der großen Sensation roch es für Hamilton deshalb ohnehin schon nicht mehr. "Das Auto hat Anzeichen einer guten Performance gezeigt, aber wir waren ein paar Zehntel hinter der Spitze. Wir haben vor dem Qualifying ein paar Änderungen vorgenommen, die das Auto etwas schöner zu fahren machten. Insgesamt war es aber nicht sonderlich schnell", so der 38-jährige Rekordweltmeister.

Unter anderen Umständen hätte er sich aber zumindest ausgerechnet, etwas weiter vorne zu stehen, wenn auch nicht auf der Pole. "Die Bedingungen am Ende vom Q3 haben uns vielleicht etwas weiter zurückgeworfen, als unsere wahre Pace hätte zeigen können", sagt er. Für Russell hätte das Qualifying wiederum auch gut und gerne noch weiter hinten enden können.

"Ich war von meiner fliegenden Runde wirklich enttäuscht. Ich bin nur gerutscht und hatte keinen Grip. Ich habe auf meinem Visier gar nicht so viel Regen gesehen, aber war eine Sekunde hinten und wollte schon für neue Reifen an die Box kommen, weil ich mir sicher war, Letzter zu sein", erklärt der Brite. Dementsprechend war er mit dem Ausgang eigentlich zufrieden: "Obwohl die Runde frustrierend war, ist das kein schlechter Startplatz."

George Russell für Blockade von Pierre Gasly bestraft

Zu diesem Zeitpunkt ahnte er jedoch noch nicht, dass ihm eine Startplatzstrafe drohte. Im Q1 hatte er sich nicht an die für das Wochenende in Brasilien verabschiedete Regel gehalten, nach der die Fahrer sich beim Bummeln in der Boxengassenausfahrt auf der linken Seite positionieren sollen, um Staus zu vermeiden und andere Fahrer passieren zu lassen. Russell hatte jedoch in der Fahrbahnmitte gewartet und dabei Pierre Gasly blockiert.

Die Rennleitung ahndete dies mit einer Gridstrafe von zwei Plätzen, durch die er am Sonntag nur als Achter in den Grand Prix gehen wird. "Russell fuhr aus der Box um sich auf seine Outlap vorzubereiten. Russell fuhr langsam, um einen Abstand für eine freie Runde zu schaffen, aber hielt sich dabei nicht vollständig zur linken Fahrbahnseite. Dadurch konnten die ihm folgenden Autos nicht überholen, wie es in der Anweisung des Renndirektors beabsichtigt war. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Formulierung und den Geist von Teil 14 der Event-Notes", so die offizielle Begründung im Wortlaut.

Mercedes baut auf Rennpace und Strategie

Am Samstag steht mit dem Sprint-Shootout und dem Sprint noch ein eigener Programmpunkt an, bevor es am Sonntag in den Grand Prix geht. Hamilton erwartet einen schweren Stand. "Wir werden den Rest des Wochenendes gut zu kämpfen haben. Das Überhitzen der Bremsen und Reifenmanagement werden wichtig sein, aber wenn wir mit unserer Strategie nach vorne kommen können, werden wir das machen", sagt er.

Russell sieht Mercedes für die Longruns nicht schlecht aufgestellt. "Wir wissen, dass die Rennpace hier wichtiger als die auf eine Runde ist. Wir wollen immer noch auf das Podium", kündigt der Vorjahressieger an. "Aston Martin war schnell und wird vor uns starten, aber ich hoffe, dass unsere Longrun-Pace besser als ihre ist. Ich erwarte mehrere Boxenstopps am Sonntag, also ist noch alles drin."