Mercedes ist seit dem Katar GP 2023 um einen teaminternen Zwischenfall reicher. Lewis Hamilton und George Russell kollidierten bereits am Start in Kurve 1 folgenschwer. Hamilton musste das Rennen aufgeben, Russell fiel an das Ende des Feldes zurück. Im Eifer des Gefechts gaben sich die Piloten zunächst gegenseitig die Schuld, nach dem Rennen nahm der einstige Dauerweltmeister Hamilton den Unfall allerdings auf seine Kappe. Eine Eskalation zwischen den Mercedes-Piloten konnte dadurch vermieden werden. Dass es aber auch anders geht, zeigt die Vergangenheit. Ein Rückblick auf die Mercedes-Unfälle und ihre Folgen.
Der Große Preis von Belgien 2014: Ein Vorbote der Eskalation
Die Formel-1-Saison 2014 hätte für Mercedes kaum besser starten können. Die Ingenieure aus Brackley hatten die neue Fahrzeuggeneration, allen voran deren neue 1,6 Liter V6-Power-Units, am besten verstanden und Mercedes dominierte das Geschehen von Anfang an nach Belieben. Das bedeutete allerdings auch: Nico Rosberg und Lewis Hamilton kämpften das erste Mal gegeneinander um die Weltmeisterschaft.
Die Beziehung der beiden einstigen Kindheitsfreunde war in ihrem ersten gemeinsamen Titelkampf bereits angespannt, nachdem Rosberg sich mit einem, laut eigener Aussage unbeabsichtigten, Fehler die so wichtige Pole Position für das Rennen in Monte Carlo sichern konnte. Hamilton unterstellte seinem Teamkollegen Absicht und stellte nach Rosbergs Sieg am Tag darauf klar, dass die beiden keine "keine Freunde, sondern Kollegen" seien.
Sechs Rennen darauf folgte die erste Eskalation. In der zweiten Runde des Großen Preises von Belgien startete Rosberg einen Überholversuch am Ende der Kemmel-Gerade. Doch auf der Außenseite verschätzte sich der Deutsche und schlitzte dem verteidigenden Hamilton das Hinterrad auf. Der musste das Rennen schlussendlich aufgeben, Rosberg rettete seinen beschädigten Boliden noch auf Platz 2 hinter Daniel Ricciardo ins Ziel.
Niki Lauda, damals noch als Team-Aufsichtsratsboss für Mercedes tätig, kritisierte Rosberg für den Vorfall öffentlich. "Es ist vollkommen inakzeptabel, dass Nico Lewis in der zweiten Runde abräumt", sagte die Formel-1-Legende. Mercedes-Teamchef Toto Wolff drohte beiden Fahrern sogar mit der Kündigung. "Tut das nicht noch einmal, oder wir werden überlegen, ob wir mit dieser Fahrerpaarung weitermachen wollen", lauteten die Worte des Wieners in einer Krisensitzung nach dem Rennen. "Kein Fahrer kann dem Team dazwischenkommen. Wir sind ein Team." Hamilton und Rosberg wurde ein Sprechverbot über den Unfall erteilt.
Der Große Preis von Spanien 2016: Kein Weg mehr zurück
Einer der bis heute legendärsten Kollisionen zwischen zwei Teamkollegen in der Formel-1-Geschichte trug sich beim Großen Preis von Spanien im Jahr 2016 zu. Nico Rosberg reiste mit reichlich Rückenwind nach Barcelona. Sieben Rennen hintereinander konnte der Deutsche saisonübergreifend gewinnen. 2016 sollte endlich das Jahr werden, in dem Rosberg seinen ewigen Rivalen Hamilton hinter sich lassen kann.
Doch der Spanien GP entwickelte sich zum Supergau für Mercedes. Rosberg schoss am Start in Kurve 1 an Polesitter Hamilton vorbei und schnappte sich die Führung. Doch eine falsche Motoreinstellung machte dem Deutschen zu schaffen. Während Rosberg damit beschäftigt war, diese an seinem Lenkrad zu korrigieren, startete Hamilton seinen Gegenangriff am Ausgang von Kurve 3. Rosberg verteidigte die Innenseite und drückte Hamilton auf das Gras. Der verlor daraufhin die Kontrolle und räumte Rosberg in Kurve 4 mit ab - beide strandeten im Kiesbett von Kurve 4. Großer Nutznießer war Max Verstappen, der dadurch seinen ersten Sieg in der Formel 1 feiern konnte.
Der Unfall vergiftete eine bereits mehr als angekratzte Beziehung zwischen Hamilton und Rosberg endgültig. Die Schuld auf sich nehmen wollte keiner der beiden Fahrer. "Inakzeptabel und komplett unnötig" bezeichnete Niki Lauda den Unfall, für den er auch diesmal einen klaren Schuldigen fand: "Es war eine Fehlkalkulation in Lewis' Kopf, ich gebe ihm mehr Schuld als Nico." Doch der Zwischenfall in Spanien sollte nicht der Letzte zwischen den beiden Silberpfeil-Piloten in der Saison 2016 sein.
Der Große Preis von Österreich 2016: Mit allen Mitteln
Denn nur vier Rennen später kam es zur nächsten Kollision der beiden Streithähne. Der Große Preis von Österreich demonstrierte endgültig, wie weit die Piloten für den Erfolg gehen würden. Die Ausgangslage: Rosberg führte die Gesamtwertung mit 141 Punkten an, 24 Zähler vor Hamilton. Der Brite startete von der Pole Position, Rosberg musste nach einem Crash im Training sein Getriebe wechseln und bekam dadurch eine Startplatzstrafe. Er ging von Platz 6 ins Rennen.
Doch einen langsamen Hamilton-Reifenwechsel später befand sich Rosberg wieder in der Führungsposition. Nach dem nächsten Boxenstopp-Fenster lagen die beiden Kontrahenten wieder eng zusammen. Doch Hamilton holte auf der besseren Reifenmischung immer weiter auf, bis es in Runde 71, der letzten Runde des Rennens, zum unausweichlichen Zwischenfall kam. Hamilton attackierte Rosberg auf dem Weg hoch in Kurve 3, doch der verteidigte die Innenseite hart - zu hart. Rosberg fuhr Hamilton in das Auto und beschädigte dabei seinen Frontflügel. Dadurch fiel der Deutsche innerhalb der letzten Runde noch bis auf den vierten Platz zurück. Auch eine nachträgliche 10-Sekunden-Strafe sollte daran nichts mehr ändern. Hamilton hingegen konnte seinen Boliden als Sieger über die Ziellinie schleppen und verkürzte die WM-Führung dadurch auf 11 Punkte.
Rosberg schob die Kollision auf ein Bremsproblem, sah sich allerdings trotzdem nicht als den Alleinschuldigen. Hamilton sah das - natürlich - komplett anders. Da die Eskalation der beiden Mercedes-Fahrer nicht mehr zu verhindern schien, sprach Toto Wolff nach dem Rennen erstmals öffentlich von Teamanweisungen. "Vielleicht muss man unpopuläre Entscheidungen treffen und sie nicht mehr gegeneinander fahren lassen", kündigte Wolff an und fügte sauer hinzu: "Wenn die beiden das nicht begreifen, dass sie sich nicht ins Auto fahren, müssen wir für sie nachdenken."
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