Wenn die Formel 1 nächstes Wochenende nach Katar zurückkehrt, wird die Königsklasse nicht mehr jene Strecke vorfinden, die sie 2021 zum bislang einzigen Mal besucht hatte. Der Streckenverlauf ist zwar identisch, alles andere ist aber nicht mehr wiederzuerkennen. Nötig waren die immensen Umbauarbeiten, weil die Strecke ursprünglich nicht für die Formel 1 ausgelegt war.
2021 rutschte Katar während der globalen Pandemie in den Kalender, anschließend wurde ein Vertrag bis 2032 unterschrieben. 2022 fand allerdings kein Grand Prix statt: Einerseits, weil das Land die Fußballweltmeisterschaft austrug, andererseits, weil die Anlage für ein Formel-1-Rennen unterdimensioniert war.
In den letzten acht Monaten wurde die Strecke deshalb von Hermann Tilke fast komplett neu aufgebaut. "Es war eines meiner sportlichsten Projekte", meint der Streckenarchitekt über den ambitionierten Zeitplan. 90 Mitarbeiter des Aacheners waren vor Ort involviert, auf der Baustelle kümmerten sich rund 7.000 Arbeiter um die Fertigstellung. Tilke selbst war für das Projekt rund 30 Mal vor Ort. Noch vor einer Woche wackelte die fristgerechte Fertigstellung, inzwischen ist man auf der sicheren Seite.
Auch wenn das 5,418 Kilometer lange Streckenlayout nicht angetastet wurde, für die Fahrer gibt es dennoch einige Neuerungen. Das Asphaltband wurde komplett erneuert. Um schon bei der ersten Ausgabe ausreichend Grip zu bieten, wurde der Asphalt künstlich gealtert. Für den unwahrscheinlichen Fall von Regen gibt es nun auch ein Entwässerungssystem. Die MotoGP musste ihren GP 2009 mangels Drainage wegen Regenfällen auf Montag verschieben.
FIA will Kiesbett, FIM Asphaltstreifen
Interessant wird es nicht nur unter, sondern auch neben dem Asphalt: Weil die MotoGP weiter auf dem Losail International Circuit fahren wird, mussten sich FIA und FIM bei der Streckensicherheit einig werden. Ein schwieriges Unterfangen: Die FIA wollte für die Formel 1 komplett Kiesbetten, die FIM für die MotoGP Asphaltstreifen vor den Kiesbetten.
Am Ende entschieden sich die Streckenbetreiber für die Motorräder - aus Eigeninteresse. Während die Königsklassen auf zwei und vier Rädern nur einmal im Jahr gastieren, soll die Strecke ganzjährig für Trackdays genutzt werden. Kiesbetten direkt neben der Strecke sind dabei einerseits schlecht für das Budget der Teilnehmer, andererseits aber auch für den Ablauf. Etwas mehr asphaltierte Auslaufzone sorgt für einen reibungsloseren Ablauf mit weniger Unterbrechungen.
Um trotzdem kein Problem mit Track Limits zu haben, wird in Katar eine neue Lösung getestet. An neuralgischen Stellen sind hinter den Kerbs zirka anderthalb mal zwei Meter große Betonplatten verbaut. Die sind mit dem Boden verschraubt und können gewendet werden. Auf der einen Seite sind die Platten glatt, auf der anderen Seite bildet verfestigter Kies die Oberfläche. Dadurch erhofft man sich, die Formel-1-Fahrer von der Nutzung abzuhalten. Neben weniger Grip sollen die Piloten auch eine Rückmeldung erhalten, um die Track Limits besser einschätzen zu können.
Auch die Fangzäune wurden teilweise erneuert. 2,5 Kilometer vom Schweizer Spezialisten Geobrugg hat man installiert. Hier waren Änderungen auch nötig, um den Zuschauern eine bessere Sicht zu ermöglichen. Die Kapazität wuchs im Zuge des Umbaus mit neuen permanenten Tribünen von 15.000 auf 40.000 Zuschauer. Auch Stehplätze gibt es nun am sogenannten 'Lusail Hill' in Kurve eins.
Für die Fan-Experience wurden 85 große Bildschirme angebracht und neue Zufahrtswege geschaffen. Drei Tunnel gibt es nun unter der Strecke, einer davon ist für Fußgänger vorgesehen. Um die Fanmassen an die Strecke zu bekommen, wurden 21 Kilometer Straße in der Umgebung fertiggestellt.
Mobile Fangzäune wurden für eine neue Kurzanbindung in den Kurven zwei und zehn installiert. Dazu spendierte man der Anlage noch ein neues Flutlich-System. Der Katar GP ist ein Nachtrennen, der Start am nächsten Sonntag erfolgt um 20:00 Uhr Ortszeit. Komplett neu ist auch das Boxengebäude, das nun 50 Garagen beherbergt - Rekord in der Formel 1. Zusätzlich wurde das gesamte Fahrerlager mit VIP-Logen und allem, was dazugehört erneuert.
Aufgrund der Umbauarbeiten rutschte der Katar GP in der MotoGP vom Saisonbeginn an die vorletzte Stelle im Kalender. Ende November gastieren die Zweiräder auf dem Wüstenkurs. In der kommenden Saison fährt auch erstmals die Langstreckenweltmeisterschaft rund 30 Kilometer von der Hauptstadt Doha entfernt.
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