Liam Lawson sprang in der Formel 1 als Ersatz für Daniel Ricciardo ins kalte Wasser. Vom spontanen Einsatz für AlphaTauri in Zandvoort unterrichtet er nicht einmal seinen diesjährigen Arbeitgeber in der Super Formula, obwohl er in der japanischen Rennserie mitten im Meisterschaftskampf steckt. Von einem Tag auf den anderen galt sein Fokus ganz der Formel 1, doch den Titel in Fernost will er trotz des Abstechers in die Königsklasse noch klar machen. Für 2024 gibt es nur noch ein Ziel.

"Ich habe es ihnen nie gesagt, denn alles passierte sehr, sehr schnell", gesteht Lawson im Vorfeld des Formel-1-Wochenendes in Singapur, sein Team in der Super Formula nie offiziell über seinen Aufstieg in die Formel 1 aufgeklärt zu haben. Der 21-Jährige wechselte 2023 nach seinem Abschied aus der Formel 2 in die hochangesehene nationale Formelserie, wo er für das Team Mugen startet.

Nach sieben der neun Rennen liegt er in der Meisterschaft an zweiter Stelle, nur acht Punkte hinter dem Führenden Ritomo Miyata. "Mittlerweile habe ich mit ihnen [Team Mugen] gesprochen, aber ursprünglich hatte ich es ihnen nicht gesagt. Doch sie unterstützen mich super, und das schon die ganze Saison", so Lawson, dessen Karriere in Japan über Umwege wieder Kurs auf die Formel 1 nahm.

Super Formula bereitet Lawson auf Formel 1 vor

Nachdem er 2021 den DTM-Titel knapp verpasst hatte und parallel dazu den neunten Gesamtrang in der Formel 2 belegte, stagnierte seine Laufbahn im Unterhaus der Formel 1 im darauffolgenden Jahr mit Platz drei. Es folgte der Wechsel in die Super Formula. Die ehemals als japanische Formel 3000 und später als Formel Nippon bekannte Meisterschaft ebnet seit Jahrzehnten Fahrern den Weg in die F1. Waren es in den 1990er Jahren Namen wie Eddie Irvine, Heinz-Harald Frentzen oder selbst Michael Schumacher, der zumindest einen Start in Japan absolvierte, kamen in jüngster Vergangenheit Stoffel Vandoorne und Pierre Gasly über Japan in die Formel 1.

"Die Zusammenarbeit mit ihnen ist fantastisch und ich denke, es hat mir sehr geholfen, hierfür bereit zu sein", so Lawson, der seinen Erfahrungen mit den schnellen Boliden der Super Formula einen ohne Anteil an seiner Vorbereitung auf die Formel 1 beimisst. Dort befindet er sich nach anderthalb Rennwochenenden in Zandvoort und Monza nach wie vor in der Lernphase.

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"Es ist nicht nur eine Sache, sondern sehr viele Dinge. Das Auto selbst ist schon die größte Sache, aber auch alles was damit einhergeht, wie unterschiedliche Reifenmischungen oder den Intermediate, den ich vor Zandvoort noch nie gefahren war. Dazu ist das Team viel größer", erklärt Lawson. Nachdem es in Zandvoort nur ums Überleben ging, konnte er in Monza mit den Plätzen zwölf und elf in Qualifying und Rennen richtig mitfahren.

Lawson lädt Eltern nach Singapur ein

"Bis jetzt war es in Ordnung. Natürlich ist es eine große Umstellung und ich muss sehr schnell sehr viel lernen. In Monza war es leichter, weil ich die Rennstrecke besser kannte und eine komplette Vorbereitung hatte", so der Neuseeländer, der in Zandvoort erst nach Daniel Ricciardos unglücklichem Unfall im zweiten Training auf den Plan gerufen wurde. In Italien konnte er sich am Trainingsfreitag standesgemäß einschießen.

In Singapur steht er vor einer weiteren neuen Herausforderung. "Das ist ein Rennen, dass ich schon als Kind sehr mochte, weil es ein Nachtrennen ist. Mein Vater hatte mir seit ich sieben war versprochen, dass wir mal zusammen zum Grand Prix fahren, aber es kam nie zustande. Jetzt bin ich dieses Wochenende hier und habe meine Eltern eingeladen", erzählt Lawson mit einem Schmunzeln.

Das Rennen auf dem Marina Bay Street Circuit gilt aufgrund des anspruchsvollen Kurses gepaart mit dem tropischen Klima als härtestes im Kalender. "Ich habe sehr viele Runden im Simulator gedreht und viel in der Hitze trainiert, in unkomfortablen Situationen, High-Intensity-Training mit vielen Klamotten, um so gut wie möglich darauf vorbereitet zu sein", sagt er.

Super-Formula-Titel und Formel-1-Stammplatz als Ziel

Bis Ricciardo seine Verletzung an der linken Hand auskuriert hat, darf Lawson im AlphaTauri-Cockpit weiter Werbung für sich in der Formel 1 machen. Aller Voraussicht nach wird er auch beim Grand Prix von Japan in Suzuka am kommenden Wochenende mit von der Partie sein, welchen er aus der Super Formula kennt: "Wir hatten da ein Rennen und zwei Tests. Ich bin den Kurs also schon etwas gefahren und es wäre sehr cool, dort mit der Formel 1 zu fahren."

Danach folgt eine zweiwöchige Pause, bis es in Katar weitergeht. Das Rennen in der Wüste scheint derzeit der realistischste Termin für ein Ricciardo-Comeback zu sein. Lawson will die Zeit bis dahin nutzen, um sich für die Zukunft seinen Platz in der Formel 1 zu sichern. "Ich will das Beste aus meiner Situation jetzt machen. Ich bin auf den Geschmack gekommen und es ist definitiv etwas, in das ich mich verliebt habe. Mit weniger kann ich mich nicht mehr zufrieden geben", kündigt er an.

In jedem Fall wird er vom 27. bis 29. Oktober beim Finale der Super Formula am Start sein, um seinen Anspruch auf den Titel geltend zu machen. Am letzten Rennwochenende in Suzuka wartet ein Double-Header. Die Formel 1 wird zeitgleich in Mexiko fahren. "Momentan sieht es danach aus, denn Daniel hat noch viel Zeit, zurückzukehren, bevor wir unser Finale haben", so Lawson. "Momentan denke ich hier noch von Rennen zu Rennen, aber ich sollte die Zeit dazu haben."