Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton musste selten in seiner Karriere so hart für einen sechsten Platz arbeiten, wie am Sonntag in Monza. Der Mercedes-Pilot ging beim Italien GP von Startplatz acht ins Rennen und mühte sich im Verfolgerfeld mit McLaren, Aston Martin und Williams ab. Im heißen Kampf um WM-Punkte geriet er mit Oscar Piastri aneinander und ruinierte dem Rookie den Sonntag. Hamilton nahm die Kollision auf seine Kappe und stand für seinen Fehler gerade. Die Strafe der Rennleitung kompensierte er mit einem Schlussspurt.

"Es war natürlich meine Schuld, aber selbstverständlich keine Absicht", so der siebenfache Weltmeister, der die Angelegenheit gleich nach dem Rennen mit Piastri klärte und sich entschuldigte: "Mir war gleich klar, dass es meine Schuld gewesen sein muss und ich wollte sichergehen, dass er weiß, dass das nicht beabsichtigt war. So macht ein Gentleman das, oder etwa nicht?"

Die Szene trug sich in der 41. Runde des Rennens zu. Nach einem zähen Rennverlauf hatte sich Hamilton endlich freigeschwommen und zehn Umläufe vor dem Ziel den Anschluss an die Kampfgruppe um Platz sechs hergestellt, welche von Williams-Pilot Alex Albon vor den McLaren-Teamkollegen Lando Norris und Oscar Piastri angeführt wurde. Schon im ersten Stint hatte er die beiden verfolgt, war jedoch auf einer anderen Strategie unterwegs. Hamilton war einer von drei Fahrern, die für den Start den Hard- anstelle des Medium-Compounds wählten.

Hamilton verschätzt sich und drängt Piastri ab

"Ich war die meiste Zeit des Rennens direkt hinter ihnen, also wusste ich, dass ich etwas mehr Pace als sie hatte, aber mit dem Nachteil des harten Reifens", so der 38-Jährige. In der Schlussphase hat er auf Medium den schnelleren Reifen. Einmal im DRS Fenster, fackelte er nicht lange und nahm sich Piastri vor. Dieser verteidigte sich in der ersten Schikane noch erfolgreich, verlor dabei aber den Schwung für den Exit. Hamilton setzte sich am Ausgang daneben und war in Begriff, die siebte Position bei der Anfahrt auf die zweite Schikane zu übernehmen.

Vor dem einlenken schwenkte er jedoch etwas zu weit nach rechts aus und rammte Piastri, der sich dabei den Frontflügel an Hamiltons rechtem Hinterrad beschädigte. "Ich war neben ihm und habe den Abstand nach rechts einfach falsch eingeschätzt und ihn berührt. Das kann immer passieren und ich wusste sofort, dass es mein Fehler war", sagt Hamilton. Beide Fahrer kürzten die Schikane nach der Kollision durch den Notausgang ab. Für Hamilton ging es weiter, für Piastri an die Box.

Piastri weiß Hamiltons Entschuldigung zu schätzen

"Das war nicht der Nachmittag, den wir uns vorgestellt hatten. Ich glaube, heute ist nicht viel richtig gelaufen, um ehrlich zu sein. Der Kontakt mit Lewis war natürlich die größte Sache", so der australische Rookie. Durch seinen unplanmäßigen Reparaturstopp fiel er auf die 14. Position zurück und verlor alle Chancen auf ein Punkteresultat. Bei seiner verzweifelten Aufholjagd fuhr er zwar die erste schnellste Rennrunde seiner Karriere, kassierte aber auch eine Strafe für das Abkürzen im Duell mit Liam Lawson und wurde als Zwölfter gewertet.

Der 22-Jährige ergab sich an diesem Tag seinem Schicksal, wusste die Entschuldigung von Hamilton jedoch zu schätzen. "Er hat sich entschuldigt und die Stewards haben eine Strafe ausgesprochen, mehr kann ich nicht verlangen", sagt er. Den Zwischenfall bewertete er als gewöhnliche Rennszene. "Ich glaube, er hat sich einfach ein bisschen zu weit nach rechts bewegt, das passiert in dieser Kurve sehr leicht, weil sie sehr eng ist. Er kam zu mir, hat sich entschuldigt und mehr gibt’s da nicht zu sagen."

Hamilton und Mercedes auf dem Boden der Tatsachen

Für Hamilton nahm das Rennen mit Platz sechs einen versöhnlichen Ausgang, zumal er es schaffte, seine Zeitstrafe in den letzten Runden noch zu kompensieren. Was dem McLaren-Duo über knapp 20 Runden hinweg nicht gelungen war, erledigte Hamilton im Handumdrehen. Nachdem er Norris überholt hatte, war zwei Runden später auch Albon fällig. Danach hatte er allerdings nur vier Runden, um einen Vorsprung von über fünf Sekunden herauszufahren.

Tatsächlich gelang es ihm, den Williams-Fahrer auf acht Sekunden zu distanzieren und so hinter Mercedes-Teamkollege George Russell gewertet zu werden. Für die einstigen Dominatoren der Formel 1 war es ein weiterer ernüchternder Sonntag im Nirgendwo. "Es gab heute einige Zwischenfälle, aber man muss vorsichtig sein, sich über die Plätze fünf und sechs nicht zu sehr zu freuen", konstatierte Mercedes-Teamchef Toto Wolff gegenüber Sky Sports F1."

"Jede Punkteplatzierung in diesen Rennen ist unglaublich hart erkämpft", so Hamilton, der in Singapur auf bessere Zeiten hofft. "Wir müssen mit dem Auto leben, das wir haben. Hier war es das drittschnellste Auto, was für uns alle natürlich schmerzhaft ist. Wir wünschten, wir wären schneller. Aber das hier war für uns wohl das schlechteste Rennen. In Singapur fahren wir viel Downforce und normalerweise kommen wir damit besser zurecht."