Die erste Saisonhälfte der Formel-1-Saison 2023 ist Geschichte. Max Verstappen und Red Bull dominieren die Formel 1. Und Mercedes? Die einstigen Dauerweltmeister aus Brackley stehen nach 12 von insgesamt 22 Rennen auf dem zweiten Platz der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft.

Auf den ersten Blick ein Fortschritt im Vergleich zur Krisensaison 2022, doch der Schein trügt. Zwischen Mercedes und Klassenprimus Red Bull, insbesondere Max Verstappen, klafft ein riesiges Performance-Loch. Auch in Belgien bestätigte sich das wieder. Doch auf dem Circuit de Spa-Francorchamps schlug neben Red Bull auch Ferrari die Silberpfeile - wo verlor Hamilton die Zeit auf Charles Leclerc?

Ferrari wieder schneller als Mercedes?

Über die gesamte Renndistanz duellierten sich Hamilton und Leclerc. Abgesehen von Undercut-Versuchen seitens des siebenfachen Weltmeisters lag der Abstand zwischen den beiden Piloten nie bei über fünf Sekunden. Doch er schaffte es auch nur selten unter eine Sekunde. Wirklich attackieren konnte der Brite den Monegassen nie.

Jedoch versuchte es Mercedes mehrfach über die Strategie. Den ersten Versuch starteten sie in Runde 13. Rückstand vor dem Stopp: 4,6 Sekunden - nach dem Stopp lagen die beiden Piloten nur noch zwei Sekunden auseinander. Davon konnte Hamilton im Folgenden jedoch nicht profitieren.

"Er hatte immer eine Antwort, Ferrari hat dieses Wochenende die Oberhand gehabt. Ich habe viel gepusht und hatte dadurch einen hohen Reifenverschleiß", beschrieb der siebenfache Weltmeister das Rennen aus seiner Sicht. "Ich konnte innerhalb von ein paar Sekunden am Ferrari dranbleiben, aber nicht näherkommen."

Besonders auffällig: Speziell im kurvigen zweiten Sektor verlor Hamilton Zeit auf Leclerc. Insbesondere in Kurve 8, 9, Les Fagnes und La Source nahm der Monegasse dem Mercedes-Piloten Zeit ab. Die verlorenen Zehntel machte der Brite dafür zum Teil wieder auf den Geraden gut, das lag an einem besonders kleinen Heckflügel an Hamiltons W14. Jedoch: Für einen Angriff reichte es nie.

Auch nicht beim zweiten Undercut-Versuch seitens Hamilton. Der folgte in Runde 28. Der Abstand lag diesmal bei nur 3,4 Sekunden, dazu wechselte Hamilton von Medium-Pneus auf frische weiche Reifen, der Performance-Vorteil war entsprechend immens.

Eine Runde später reagierte Ferrari - gerade noch rechtzeitig. Lewis Hamilton stürmte bereits hinter Fernando Alonso auf Leclerc zu. Der Asturier kostete seinen Ex-Teamkollegen in Kurve eins allerdings etwas Zeit, dort musste Hamilton etwas früher bremsen und konnte erst etwas später als sonst aufs Gas treten.

Am Ende der Kemmel-Geraden betrug der Rückstand gerade einmal acht Zehntel. Ein knapper Vorsprung, den Leclerc unter anderem auch Fernando Alonso zu verdanken hat. "Wenn wir vor ihm [Leclerc, Anm. d. Red.] rausgekommen wären, hätten wir den Platz denke ich halten können", vermutet Mercedes-Teamchef Toto Wolff.

Denn der Ferrari hatte gegenüber dem Mercedes nur einen kleinen Performance-Vorteil. So blieb es allerdings bei Platz vier für Hamilton inklusive schnellster Runde, die sich der Brite im letzten Umlauf sicherte. Somit sammelte der Brite 13 Zähler und rückt bis auf einen Punkt an Fernando Alonso in der Fahrer-Weltmeisterschaft heran.

Bouncing-Comeback bei Mercedes? Fahrer beschweren sich

Doch woher kommt der Performance-Rückschritt? An den letzten Wochenenden schlug Mercedes Ferrari noch regelmäßig. Der limitierende Faktor in Spa war ein alter Bekannter des Teams. "Das Heck und vor allem Bouncing waren das größte Problem. Wir sind wieder da, wo wir letztes Jahr waren", vermeldete Hamilton nach dem Rennen.

Damit sollten bei Mercedes alle Alarmglocken läuten. Im vergangenen Jahr litt das Team massiv unter dem Phänomen, das mit Einführung der neuen Ground-Effekt-Ära der Formel 1 zurückkehrte. "Das Auto ist auf jeder einzelnen Geraden gehüpft. Selbst in Blanchimont, die du normalerweise mit Leichtigkeit voll nimmst, musste Lewis vom Gas gehen", verriet Toto Wolff.

Teils konnte der Brite die eigentliche Vollgaskurve sogar nur mit 50 Prozent Gas nehmen - dafür jedoch auch oft voll oder mit über 80 Prozent Gas. "Du hüpfst auf der Geraden, du überhitzt die Reifen beim Bremsen und so kommst du in einen Teufelskreis - beide Fahrer meinten, dass das der limitierende Faktor dieses Wochenende war", weiß der Österreicher.

Belgien GP: George Russel
Insbesondere auf den Geradeausstücken war das Bouncing immens, Foto: LAT Images

Eine interessante Parallele zum Auftreten des Bouncing gibt es durchaus: Mercedes führte dieses Wochenende ein neues Update am W14 ein. Könnte das also der Grund für das neuerliche Erscheinen des Phänomens sein? "Das müssen wir analysieren", so Wolff. "Wir haben viel Arbeit in das Update gesteckt. [...] Vielleicht müssen wir etwas Feintuning betreiben, denn ich glaube, die Richtung, in die wir jetzt gehen, ist richtig."

"Ich bin sehr stolz auf jeden. Wir haben große Schritte gemacht, den größten in Monaco. Wir verstehen das Auto jetzt besser und wissen, wie wir es positionieren müssen. Wir performen konstanter und sind öfter auf dem Podium", bestätigt Lewis Hamilton die positive Entwicklung des W14. "Jetzt müssen wir versuchen den zweiten Platz zu verteidigen, und ich werde versuchen, den dritten Platz in der Fahrer-Weltmeisterschaft zu holen."

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