Wie viel ist ein Einstieg in die Formel 1 wert? Für den Audi-Vorstand um den scheidenden CEO Markus Duesmann ganz offensichtlich so viel, dass der komplette restliche Werks-Motorsport der Ingolstädter und die finanzielle Kundenunterstützung dafür geopfert werden. Jahrelang erfolgreiche Audi-Teamchefs üben heftige Kritik an der Vorstands-Entscheidung.

Wenn im Januar 2024 die Rallye Dakar beim letzten Einsatz des sinnlosen Audi-Offroaders beendet ist, ist erst einmal komplett Feierabend mit dem Werkssport. Eine Zäsur, beschlossen ausgerechnet im 40. Jahr der Audi Sport GmbH. Was für ein 'Abschiedsgeschenk'...

Es wird voraussichtlich Jahre dauern, bis Audi wieder große Rennen und wichtige Meisterschaften gewinnen und damit die Werbetrommel für seine Straßenautos rühren kann. Bis zum F1-Einstieg 2026 ist es schließlich noch eine ganze Weile hin, und kaum jemand glaubt, dass Audi-Sauber auf Anhieb Erfolg haben wird.

Motorsport hat Audi überhaupt erst bekannt gemacht

Der Marke mit den vier Ringen, die vor 40 Jahren durch den Rallye-Motorsport überhaupt erst ein Profil erhielt, stehen ganz dunkle Rennsportzeiten in absehbarer Zeit bevor. Einer Marke, die unter anderem 13 Mal die 24 Stunden von Le Mans, zwölfmal die DTM-Fahrermeisterschaft und sechsmal das 24h-Rennen Nürburgring gewann.

Gerade jetzt, wo der GT3-Sport weltweit boomt, Profi-Sport nie zuvor billiger war und die Wagen ab 2024 sogar in Le Mans fahren - wo Audi eigentlich mit seinem schon fast fertigen LMDh-Millionengrab um den Gesamtsieg hätte kämpfen sollen... - dreht der Vorstand in Ingolstadt den Geldhahn zu - 'Voller Fokus auf die Formel 1'. Eine weitere kaum nachvollziehbare Motorsport-Entscheidung, die sich nahtlos an die Werksausstiege aus der DTM (2020) und der Formel E (2021) sowie dem Dakar-Einstieg (2022) einreiht.

Die Fans, besonders in Deutschland, quittieren den Vorstands-Entscheid fast durchgängig mit Ablehnung. Wurde Audis große Motorsport-Geschichte mit Füßen getreten? Verkauft man so Autos? Nicht zuletzt hat die sich ohnehin in Grenzen haltende Vorfreude auf das geplante F1-Engagement in über zwei Jahren sicherlich einen weiteren Dämpfer erhalten.

Audi will 2026 in die Formel 1 einsteigen, Foto: LAT Images
Audi will 2026 in die Formel 1 einsteigen, Foto: LAT Images

Audi- und Motorsport-Fans wollen Verbrenner-Sport

Dass die V10-Saugmotoren in den über 300 Audi R8-Rennwagen nicht zur ausgegebenen Markenstrategie passen, ab 2030 nur noch rein elektrische Straßenautos anzubieten - der große Plan des Herrn Diess, der bei Volkswagen ebenso weg ist wie bald Kollege Duesmann bei Audi - ist klar.

Dass viele, viele Menschen auf der Welt aber weiter Gefallen an Verbrennern finden, zeigen allein schon die rekordverdächtigen Zuschauerzahlen bei den 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring oder in Le Mans und bei vielen anderen Events. Der Verbrenner-Motorsport boomt, nur will man das aktuell in Ingolstadt und Wolfsburg (VW-Motorsport hat komplett dichtgemacht) offenbar nicht wahrhaben. Hören 'die da oben' überhaupt noch, was ihre Kunden eigentlich wollen?

Restlicher Motorsport für Formel 1 geopfert: Armutszeugnis

Ohne Zweifel ist die Formel 1 die alleinige Königsklasse des Motorsports und weltweit wahrscheinlich bekannter und reichweitenstärker als der komplette restliche Motorsport zusammen. Da der Einstieg trotz Kostendeckelung vermutlich Milliarden Euro verschlingt, war es zu erwarten, dass diesem Vorhaben andere Audi-Werksprogramme zum Opfer fallen würden.

Aber gleich alle, und die wichtige finanzielle Unterstützung für Kundenteams noch obendrauf? Im Vergleich zu den anderen Formel-1-Teams wie Mercedes (GT3), Ferrari (Le-Mans-Sieger, GT3), McLaren (Formel E, IndyCar, Extreme E, GT3) und sogar Alpine (ab 2024 mit LMDh-Auto) kommt Audis völlige Fokussierung auf die F1 einem Armutszeugnis gleich.