"Nico, nur eine Sache. Ein großes Dankeschön, es waren drei großartige Jahre. Danke." - "Danke Sladey, ich wünschte, ich könnte dasselbe behaupten", erwiderte Nico Hülkenberg auf den Funkspruch seines Renningenieurs Mark Slade beim Abu Dhabi GP 2019 - seinem letzten Rennen für Renault. Und zu diesem Zeitpunkt vielleicht sogar seinem letzten Grand Prix überhaupt. Das Stammcockpit in der Formel 1 hatte Hülkenberg verloren, seinen Humor hingegen nicht. Mit einem zwölften Platz schien der Deutsche seine Formel-1-Karriere unauffällig zu beenden.

Ohne großen Knall, ohne Sensation und vor allem ohne ein einziges Podium. Wer an Hülkenberg denkt, denkt unweigerlich an diesen einen Rekord: 190 Starts in der Formel 1 und kein einziger Podestplatz. Als die Zeit des Emmerichers bei Renault zu Ende ging, war der bittere Ausfall beim Großen Preis von Deutschland 2019 nicht einmal ein halbes Jahr her. Vor heimischem Publikum war Hülkenberg auf Podiumskurs.

Hülkenberg: Es brauchte eine Pause

"2019 war ich einfach ein bisschen durchgekocht und mental nicht mehr gut drauf. Ich habe bewusst gesagt: Es braucht jetzt eine Pause", verriet Hülkenberg bei ServusTV. "Für mich war's eine gute Zeit, um einfach zu resetten und alles mal zu vergessen, um dann wieder frisch neu anzufangen", schildert der Deutsche seine damaligen Beweggründe.

Ganz so lang währte die Pause allerdings nicht: Die Corona-Pandemie brach aus und machte auch vor dem Motorsport nicht Halt. Die Formel-1-Saison 2020 startete im Juli und nur einen Monat später saß er doch wieder im Cockpit: Ein damals 32 Jahre junger Mann aus Emmerich am Rhein. Sergio Perez hatte sich mit Covid-19 infiziert und musste den Double-Header in Silverstone aussetzen. Spätestens mit einem sensationellen dritten Startplatz für das zweite Rennen war seine Rolle als "Super Substitute" geboren.

In schwierigen Bedingungen überzeugt Hülkenberg selbst im Haas, Foto: LAT Images
In schwierigen Bedingungen überzeugt Hülkenberg selbst im Haas, Foto: LAT Images

Hülkenberg soll sogar bei Red Bull im Gespräch gewesen sein, schlussendlich setzte sich Perez als Ersatz für Alex Albon durch. Während der Zeit als Ersatzfahrer heiratete Hülkenberg und wurde zudem Vater einer Tochter: "Privat ist alles total im Gleis aktuell. Die Familie ist ein richtigcooler Hafen für mich. Sie geben mir viel Rückhalt und Freude." Nebenher agierte Hülkenberg auch als TV-Experte für ServusTV.

Hülkenberg: Habe Formel 1 ganz anders wahrgenommen

Im Fernsehen lernte der Deutsche die andere Seite seines Sports kennen: "Wenn man immer nur in der Formel 1 ist, ist man nur in dem Hamsterrad. Man kennts es nicht anders, weil man das Ganze immer in der eigenen Haut erlebt. Als ich so ein bisschen Distanz bekommen habe und hörte, wie das andere Leute sehen und wahrnehmen, merkte ich erst, dass meine eigene Wahrnehmung eine ganz andere ist. Einfach diese andere Perspektive, die Wertschätzung hat alles wieder ins richtige Verhältnis gesetzt."

"Die Zeit bei Servus hat mir sehr gutgetan. Die Pause hat sich gelohnt. Aber ich hatte Glück, dass ich es jetzt wieder zurück in die Formel 1 geschafft habe", gibt der heutige Haas-Pilot zu. "Ich bin jetzt einfach mental stärker und Formel 1 ist ein Mentalsport. Wenn du oben [im Kopf] stark bist, dann hast du dieses Selbstvertrauen und auch Leichtigkeit und das ist extrem wichtig", erklärt Hülkenberg sein neues Erfolgsgeheimnis.

2022 war Hülkenberg Ersatzfahrer und ServusTV-Experte zugleich, Foto: LAT Images
2022 war Hülkenberg Ersatzfahrer und ServusTV-Experte zugleich, Foto: LAT Images

Hülkenberg: Nicht anders als Fahrrad fahren

Zwar ist es für den Deutschen schwer, im Rennen sein Potenzial im unterlegenen Haas zu zeigen. Aber im Qualifying ist der 35-Jährige durchschnittlich eine halbe Sekunde schneller als Kevin Magnussen und startet im Schnitt knapp vier Plätze weiter vorne als sein Teamkollege. "Viele fragten mich: Wie ist es, nach drei Jahren Abstinenz wieder reinzukommen? Die Regeln, Gesetzmäßigkeiten und die Physik haben sich aber nicht geändert. Autofahren ist wie Fahrrad fahren, wenn du das einmal gut kannst, verlernst du das nicht", meint Hülkenberg verschmitzt.

Dennoch räumt der Le-Mans-Sieger von 2015 ein: "Die Erfahrung, die ich aus den ganzen Jahren davor habe, hilft mir natürlich in jeder Situation sehr viel. Ich habe mich rehabilitiert und bin wieder sehr gut aufgelegt da, habe Spaß und fühle es wieder. Ich bin einfach im Reinen mit mir selbst."