Kotflügel, Radkästen, Schutzbleche: Die neueste Idee der FIA, die Formel 1 besser zu machen, hat schon in der Ideenphase viele Namen. Die 'Wheel Arches', wie sie offiziell bezeichnet werden, sollen bei starkem Regen für weniger Gischt und bessere Sicht sorgen. Die Sicht im Regen ist für den Hinterherfahrenden seit jeher ein Problem, die neue Fahrzeuggeneration 2022 verschärfte die Problematik jedoch.

Zusätzlich zur Gischt, die durch das Abrollen der Reifen erzeugt wird, wirbelt der Unterboden jede Menge Wasser auf. Um der Entwicklung entgegenzuwirken, hat die FIA zuletzt zahlreiche CFD-Simulationen durchgeführt. Mit dem Ergebnis, dass man bei extremen Regenrennen ein Standard-Bauteil an alle Autos schrauben will, dass die Gischt mindert.

"Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir es 2024 einführen können, wir wollen aber sehen, ob wir es schon für die zweite Saisonhälfte im nächsten Jahr schaffen", verrät FIA-Formel-1-Technik-Chef Nikolas Tombazis. "Denn in der zweiten Saisonhälfte ist das Risiko für Regenrennen am höchsten. Es wird aber aus verschiedenen Gründen eine Herausforderung, das zu schaffen."

Der Belgien GP 2021 hat seine Spuren hinterlassen, Foto: LAT Images
Der Belgien GP 2021 hat seine Spuren hinterlassen, Foto: LAT Images

Einerseits muss der aerodynamische Effekt minimal sein. Die Teams entwickeln ihre Autos nicht für das zusätzliche Bauteil, das nur im Extremfall angebracht werden soll. "Das kommt vielleicht zwei bis dreimal im Jahr vor, wir wollen die Teile nicht bei jedem Regentropfen installieren", stellt Tombazis klar.

Das Einheits-Anbauteil soll effektiv die Gischtbildung unterbinden, gleichzeitig aber möglichst keinen Einfluss auf die Aerodynamik haben. Um überhaupt eine Verbesserung zu bringen, müssen die Ingenieure zunächst verstehen, wie groß der Einfluss des Unterbodens ist. Das erweist sich in den Simulationen derzeit noch als schwierig.

Kotflügel sollen Sicht in der Formel 1 verbessern

"Wir erwarten, dass wir den Effekt halbieren können, wir wollen eine Verbesserung um 50 Prozent", verrät Tombazis. Außerdem sollen Boxenstopps durch die Anbauteile nicht behindert werden. Ziel bleibt es weiterhin, die Elemente kurz vor dem Rennen oder während Rot-Phasen zu montieren. Bei Boxenstopps sollen die Kotflügel nicht an- oder abgebaut werden. Sollte die Strecke während des Rennes abtrocknen, bleibt das Element bis zum Ende montiert.

Der Japan GP konnte erst mit Verzögerung gestartet werden, Foto: Red Bull Content Pool
Der Japan GP konnte erst mit Verzögerung gestartet werden, Foto: Red Bull Content Pool

Daran, dass die Neuerung nötig ist, lässt Tombazis keine Zweifel. "Spa 2021 hat Narben im Sport hinterlassen. Es wäre aber noch zehnmal schlimmer, wenn wir bis nach Japan geflogen wären und dann wieder hätten zusammenpacken müssen. So etwas müssen wir vermeiden. Die Zuschauer zahlen Geld für die Tickets, die Teams reisen um die ganze Welt und wir sagen dann: Wir können nicht fahren? Das ist nicht verantwortungsvoll."

Nach dem Japan GP 2022 stand auch Reifenhersteller Pirelli stark in der Kritik. Die Fahrer bemängelten die schwachen Regenreifen. Tatsächlich sind die Full Wets in der heutigen Formel 1 aber fast immer unbrauchbar, weil die Sicht zu schlecht ist, sobald Bedingungen für die Regen-Pneus herrschen. "Damit wird man es dann soweit bringen, dass wir im Bereich der Regenreifen sind", erhofft sich Tombazis von den Anbau-Kotflügeln.