15 Rennsiege in einer Saison, die meisten Punkte in einer Saison. Max Verstappen und Red Bull brachen 2022 mehrere Formel-1-Rekorde. Doch wie dominant war die Verstappen-Saison 2022 wirklich? Unser Vergleich mit anderen Formel-1-Dominatoren wie Lewis Hamilton, Michael Schumacher & Co. gibt Aufschluss darüber.

Anzahl der Formel-1-Siege nicht aussagekräftig

Die reine Anzahl an Rennsiegen, Pole Positions und Podien von Fahrern aus verschiedenen Saisons lässt sich nur schwer vergleichen. Die relevanten Zahlen liefern die Quoten in Prozent. So hat Max Verstappen 2022 zwar 15 Rennen gewonnen, allerdings standen, bis auf 2021, noch nie zuvor 22 Rennen im Rennkalender. Die entscheidenden Werte liefern also die Prozentzahlen. Denn diese ermöglichen unabhängig von der Anzahl der Rennen einen guten Eindruck auf die wirkliche Dominanz eines Piloten innerhalb einer Saison.

Um Verstappens Leistungen aus der Saison 2022 zu beurteilen, vergleichen wir sie mit den dominantesten Jahren anderer Mehrfachweltmeister: Lewis Hamilton (2020), Michael Schumacher (2004), Sebastian Vettel (2013) und Ayrton Senna (1988). Die jeweiligen Werte sind in den nachstehenden Tabellen aufgelistet.

Formel 1 Statistik: Michael Schumacher dominiert Siegeskategorie

Die Bestmarke in dieser Kategorie hält Michael Schumacher. Der Rekordweltmeister konnte mithilfe des überlegenen Ferrari F2004, einem der dominantesten Autos in der Geschichte des Sports, 13 von 18 Rennen gewinnen. Dahinter folgt Sebastian Vettel aus dem Jahr 2013. Der Deutsche kommt von allen Fahrern in dieser Liste am nächsten an seinen Mentor heran. 13 von insgesamt 19 Rennen konnte er gewinnen, dazu neun hintereinander. Bis heute ein Rekord.

Schumachers Fabelsaison. Der Deutsche konnte 2004 ganze 13 von 18 Rennen gewinnen, Foto: Sutton
Schumachers Fabelsaison. Der Deutsche konnte 2004 ganze 13 von 18 Rennen gewinnen, Foto: Sutton

Rang vier belegt Max Verstappen. Würde es rein nach der Anzahl der Siege gehen, würde Verstappen diese Kategorie gewinnen, der Niederländer und der RB18 bildeten vergangene Saison ein Powerhaus. In der Corona-geplagten Formel-1-Saison 2020 brachte es Lewis Hamilton immerhin auf 11 von 17 Siegen. Allerdings musste Hamilton selbst ein Rennen aufgrund einer Covid-19 Erkrankung aussetzen, in der Theorie wäre noch ein Sieg mehr für den Briten möglich gewesen.

Ayrton Senna konnte im Jahr 1988 8 von 16 Rennen gewinnen und belegt daher den letzten Platz. Fairerweise erlitt Senna während dieser Saison auch drei Ausfälle und fuhr gegen den härtesten Rivalen seiner gesamten Karriere im selben Auto. Alain Prost und Ayrton Senna schenkten sich keinen Millimeter auf der Strecke, entsprechend ausgeglichen sind auch die Siege verteilt. Der Franzose konnte sieben der restlichen acht Grands Prix gewinnen.

Wertung Siegesquote

Pos.FahrerSiegesquoteSiegesmenge
1Schumacher72,22%13/18
2Vettel68,42%13/19
3Verstappen68,18%15/22
4Hamilton64,70%11/17
5Senna50%8/16

Mr. Saturday: Wer holte die meisten Formel-1-Poles?

Einer der wichtigsten Bestandteile, um Rennen zu gewinnen, ist so weit wie möglich vorne zu starten. Ein Pole-Vergleich ist daher wichtig. Wer lieferte in seiner dominantesten Saison auch am Samstag konstant ab? Die Frage lässt sich leicht und überraschend deutlich beantworten. Ayrton Senna konnte 1988 13 von 16 möglichen Poles für sich verbuchen und gilt bis heute als alleiniger Rekordhalter mit einer Quote von 81,25 %. Weit abgeschlagen dahinter folgt Lewis Hamilton, der 10 von 17 Poles einfahren konnte, auch hier mit dem Zusatz, dass der siebenmalige Champion ein Qualifying in Sakhir verpasste.

Der König der Samstage, Ayrton Senna fuhr der Konkurrenz 1988 um die Ohren, Foto: LAT Images
Der König der Samstage, Ayrton Senna fuhr der Konkurrenz 1988 um die Ohren, Foto: LAT Images

Die Pole-Ausbeute ist generell zwischen den fünf Kandidaten im Vergleich zu den Siegquoten eher schwach. Sebastian Vettel liegt mit nur 9 von 19 Poles auf Rang drei. Der RB9 war im Rennen deutlich dominanter als auf einer Runde. Die Saison 2013 stellt für Vettel in dieser Hinsicht nicht einmal die persönliche Bestmarke dar. Die setzte er zwei Jahre zuvor im RB7. Vettel holte damals insgesamt 15 Poles in einer Saison. Selbst Michael Schumacher 2004 liegt mit 8 von 18 Poles auf einem eher schwachen vierten Platz vor dem weit abgeschlagenen Max Verstappen. Für den F2004 gilt daher ähnliches wie für den RB9.

Max Verstappen und der RB18 waren im Rennen zwar eine Macht, allerdings ging die Qualifying-Krone an Ferrari und Charles Leclerc, die vor allem im ersten Teil der Saison im Qualifying das deutlich stärkere Paket waren. Das Duo aus Maranello brachte es 2022 auf neun Pole-Positions, zwei mehr als Verstappen und Red Bull. Der letzte Platz in dieser Wertung, geht daher an den Niederländer.

Wertung Pole-Quote

Pos.FahrerPole-QuotePole-Menge
1Senna81,25%13/16
2Hamilton58,82%10/17
3Vettel47,3%9/19
4Schumacher44,4%8/18
5Verstappen31,81%7/22

Für Verstappen, Schumacher und Sebastian Vettel gilt allerdings, dass diese Saisons nicht ihre höchste Polequote innerhalb einer Saison in ihrer Karriere widerspiegeln. Verstappen konnte 2021 eine Quote von 45,45 % (10/22) erzielen, Schumacher 2001 64,70 % (11/17) und Sebastian Vettel 2011 sogar eine Quote von 78,79 % (11/17) erreichen, womit der viermalige Weltmeister Ayrton Senna sehr nahekommt.

Podest-Vergleich: Wer ist der konstanteste Dominator?

Ein Punktevergleich macht aufgrund von unterschiedlichen Punktesystemen und dadurch anderen Strategien, zusätzlichen Sprints und den neu dazugekommenen Punkten für die schnellste Rennrunde relativ wenig Sinn. Daher zeigt ein Vergleich der erzielten Podestplätze innerhalb einer Saison am besten, welcher Pilot auch in schwierigen Situationen, in denen kein Sieg möglich war, den kühlsten Kopf bewahren konnte und zuverlässig viele Punkte gesammelt hat.

Unaufhaltbar, Sebastian Vettel war 2013 für die gesamte Konkurrenz unantastbar, Foto: Red Bull
Unaufhaltbar, Sebastian Vettel war 2013 für die gesamte Konkurrenz unantastbar, Foto: Red Bull

Hier gilt für alle Fahrer, dass die im Vergleich aufgeführte Saison nicht die stärkste im Bezug auf ihre Podest-Quote ist. Innerhalb der verglichenen Saisons liefert Sebastian Vettel die beste Quote. 16 von 19 Rennen beendete der damalige Red Bull-Pilot auf einem Podestplatz. Vor allem in Anbetracht der eher mauen Quali-Quote ein Ausrufezeichen. Auf Vettel folgt erneut Schumacher. Maranellos Superstar steuerte den F2004 zu 15 Podestplätzen innerhalb von 18 Rennen. Knapp hinter Schumacher lauert der nächste siebenfache Weltmeister: Lewis Hamilton fuhr 14-mal in die Top-3. Ohne Corona-Infektion hätte er auf dem ersten Rang landen können. Denn dann wäre sogar ein Podestplatz mehr drin gewesen.

Bei Max Verstappen zeichnet sich ein ähnliches Bild wie in der Siegstatistik ab. Der 25-Jährige hat von allen fünf genannten Fahrern die meisten Podestplätze innerhalb einer Saison eingefahren. Allerdings fuhr der amtierende Weltmeister seine 17 Podestplätze in insgesamt 22 Rennen ein, damit landet er in dieser Statistik nur auf Platz 4. Die rote Laterne in dieser Kategorie hat Ayrton Senna inne. 11 von 16 möglichen Podestplätzen konnte der Brasilianer in seinem McLaren MP4/4 einfahren.

Wertung Podest-Quote

Pos.FahrerPodien-QuotePodien-Menge
0Schumacher 2002100%17/17
1Vettel84,21%16/19
2Schumacher 200483,33%15/18
3Hamilton82,35%14/17
4Verstappen77,27%17/22
5Senna68,75%11/16

Erwähnenswert ist hier noch die Saison 2002 von Michael Schumacher. In dieser stand der Deutsche in 17 von 17 Rennen auf dem Podium und stellte damit einen Rekord auf: 100 % Podestquote. Dieser ist auch noch in der Tabelle mitinbegriffen, aber natürlich gesondert vom Gesamtergebnis zu sehen. Daher Position null.

Fazit: Verstappens 2022 wirklich so dominant?

Max Verstappen ist anhand der Anzahl an Punkten und Rennsiegen in einer Saison im Jahr 2022 der bislang dominanteste Fahrer in einer Formel-1-Saison gewesen. Werden diese Zahlen allerdings anhand der Anzahl der Rennen ins Verhältnis zu seinen Kontrahenten gesetzt, wird deutlich, dass die Saison 2022 von Max Verstappen durchaus dominant gewesen ist, oft aber nicht an die besten Saisons von Hamilton, Schumacher, Vettel und Senna heranreicht. Das Fazit: Dominant? Ja! Der dominanteste? Nein!

Hier nicht mit einberechnet, trotzdem lieferte Alberto Ascari 1952 eine unglaubliche Saison ab, Foto: Sutton
Hier nicht mit einberechnet, trotzdem lieferte Alberto Ascari 1952 eine unglaubliche Saison ab, Foto: Sutton

Der ein oder andere ältere Formel-1-Fan mag sich nun fragen, warum die Saison 1952 von Alberto Ascari bisher nicht erwähnt wurde. Der Italiener fuhr zwar sechs von acht möglichen Siegen ein (75 %) und erzielte fünf Hattricks aus Pole-Position, Rennsieg und schnellster Rennrunde (bis heute Rekord), jedoch sind die Prozentzahlen aufgrund der niedrigen Anzahl an Rennen kaum mit den anderen vergleichbar. Zumal die Formel 1 während ihrer frühen ersten Jahre eine völlig andere als heute war.