Auf der Insel des Nieselregens hat man in punkto Formel 1 schon bessere Zeiten erlebt. Nachdem David Coulthard jahrelang den WM-Titel versprach und dabei wenigstens einige Rennsiege einheimste, sollte 2005 eigentlich Jenson Button in die Presche springen - denn Coulthard versprach als Red Bull-Pilot verständlicherweise weder einen WM-Titel noch Rennsiege. Button jedoch war der Aufsteiger des Jahres 2004 - der erste Sieg schien vorprogrammiert. Als Button im Winter bei seinem Wien-Besuch davon sprach, dass er "schon in Melbourne das Rennen gewinnen möchte", zuckte dabei keiner der anwesenden Journalisten auch nur mit einer Wimper - denn eigentlich musste man mit einem noch stärkeren B·A·R-Honda rechnen. Heute bezeichnen wir dieses Team als den Absteiger des Jahres - der Konstrukteurs-Vizemeister des Jahres 2004 landete bekanntlich nur auf Rang 6 der Teamwertung, man konnte erst in Frankreich die ersten WM-Zähler einfahren. Und der erste Sieg ist sowohl bei Button als auch bei Honda immer noch überfällig...

Doch es gab auch positive Aspekte - Button kam in seiner leidigen Williams-Transfergeschichte mit einem blauen Auge davon und muss nicht zu Williams wechseln. Honda hat den B·A·R-Rennstall zu hundert Prozent aufgekauft, für 2006 wurde Button der erfahrene Rubens Barrichello zur Seite gestellt, der zudem einige Betriebsgeheimnisse aus Maranello im Gepäck hat. Und das kann bekanntlich nie schaden, auch wenn die Scuderia ebenfalls zu den Absteigern des Jahres zu zählen ist. Und schließlich lieferten Button und B·A·R auch in diesem Jahr einige Performanceglanzlichter, die ein wenig an das Vorjahr erinnerten - immerhin konnte Button in der zweiten Saisonhälfte zweimal als Dritter das Siegerpodest besteigen...

Jenson Button ist davon überzeugt, dass man im kommenden Jahr wieder an die Leistungen des Jahres 2004 anschließen kann. Button weiß: Langsam wird es auch Zeit - schließlich ist es bereits ein halbes Jahrzehnt her, dass Jenson im zarten Alter von 20 Jahren die Formel 1 im Sturm eroberte, als er im Jahr 2000 nach vergleichsweise wenigen Autorennen bei BMW-Williams anheuerte. Und mit Anthony Davidson und dem jungen Lewis Hamilton warten bereits die nächsten Inselbewohner auf ihre große Chance...

Holt Button 2006 den ersten Sieg nach?, Foto: Sutton
Holt Button 2006 den ersten Sieg nach?, Foto: Sutton

Und so verzichtet Jenson Button auch bewusst auf einen längeren Urlaub, auch wenn die F1-Saison 2005 so anstrengend wie schon lange nicht war. Ein enthusiastischer Button erklärt gegenüber dem Sunday Mirror: "Das wird ein intensiver Winter für uns. Wir testen noch dreimal vor Weihnachten - und ich werde alle drei Tests bestreiten. Und auch im Januar gibt es viel zu tun, immerhin stehen wir in Sachen Motorenreglement vor der größten Änderung dieser Dekade. Und ich denke, dass Honda in dieser Angelegenheit glänzen wird."

Mit seinem B·A·R-Team, das er 2004 ausgerechnet am Zenit des kolossalen Aufstiegs mit seinem geplanten Williams-Transfer düpiert hat, scheint Button längst wieder im Reinen zu sein. Immerhin musste er doch einige Zeit lang zittern, dass er den mittlerweile wieder heiß geliebten Stall verlassen muss. Drei Jahre hat man gemeinsam bestritten, und mittlerweile hat sich die Formel 1 bekanntlich von der drückenden Ferrari-Dominanz befreien können. Und so behauptet Button recht selbstbewusst: "Als Team sind wir bereit, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Die Frage ist nur, ob wir ein Auto bauen können, das gut genug ist."

David Coulthard will noch lange ein Racer sein., Foto: Sutton
David Coulthard will noch lange ein Racer sein., Foto: Sutton

Um Weltmeister zu werden, muss Button höchstwahrscheinlich auch seinen ersten F1-Sieg erringen - David Coulthard schreibt in seiner Kolumne im Daily Record, dass Button "alle Voraussetzungen für einen GP-Sieger hat". Die armselige Punkteausbeute von Takuma Sato zeige, "wie gut Jenson in diesem Jahr wohl gefahren ist", findet DC. Der Schotte erlebte in dieser Saison seinen zweiten Frühling. Und sollte es bei Jenson Button weder mit dem Titel noch mit dem ersten Rennsieg klappen, könnte ja auch Coulthard, der den großbritannischen Inselbewohnern im Jahr 2003 den letzten Sieg bescheren konnte, in die Presche springen...

Doch trotz aller wiedergewonnenen Jugendlichkeit möchte sich DC nicht die Lippen verbrennen: "Ich würde ja gerne sagen, dass ich 2006 ein Rennen gewinnen werde - doch dieser Sprung ist möglicherweise zu groß, gemessen daran, wo wir uns derzeit befinden. Das Team arbeitet fantastisch, doch um GP-Sieger zu werden, müssen wir noch ein Stück des Weges gehen." Immerhin hätte er auf dem Nürburgring und in Melbourne das Podium besteigen können, ist Coulthard überzeugt. Möglich wäre laut Coulthard der vierte Platz in der Teamwertung...

Dass Coulthard, der seinem jungen österreichischen Teamkollegen Christian Klien in seinem Artikel Rosen streut ("Seine Quali-Runde in Brasilien, nur eine Sekunde hinter den Renault, war kein Zufall..."), im kommenden Jahr seinen Abschied als Formel 1-Pilot geben könnte, outet DC als Missverständnis: "Diesbezügliche Meldungen kamen deshalb zustande, weil Red Bull erklärte, dass sie auch nach meinem Rücktritt einen Management-Platz für mich haben werden. Aber ich möchte klarstellen, dass ich nicht erwarte, dass 2006 mein letztes Jahr sein wird. Ich denke nicht daran, aufzuhören, ich bin ein Racer. Und ich glaube, dass ich immer noch über das Talent verfüge, ein Rennen zu gewinnen."