Zak Brown und Andreas Seidl haben McLaren aus der tiefen Krise der Honda-Jahre herausgeführt, doch der Angriff auf die Spitzenteams ist dem zweiterfolgreichsten Rennstall der Formel-1-Geschichte noch nicht gelungen. Das Team betont immer wieder, dass es im Vergleich zu den großen Drei von Red Bull, Ferrari und Mercedes vor allem an einem fehlt: Infrastruktur.

Das McLaren-Technology-Center in Woking gilt immer noch als eine der modernsten Fabriken der Formel 1, doch fehlt es dort an zwei wichtigen Werkzeugen: Einem neuen Simulator und einem modernen Windkanal. Was letzteren Punkt angeht, muss sich McLaren seit Jahren im alten Toyota-Windkanal in Köln einmieten. Diese Konstellation ist selbsterklärend suboptimal. Der Bau eines neuen Windkanals in der eigenen Fabrik war daher der wohl wichtigste Wunsch des 2019 zum Team gestoßenen deutschen Teamchefs Andreas Seidl. Geschäftsführer Zak Brown entsprach dem Begehr des Passauers und stellte die nötigen Mittel zur Verfügung.

Andreas Seidl und Zak Brown wollen McLaren an die Spitze führen, Foto: LAT Images
Andreas Seidl und Zak Brown wollen McLaren an die Spitze führen, Foto: LAT Images

Key: Noch langer weg zum Betrieb des McLaren-Windkanals

Mittlerweile ist das Bauprojekt weit fortgeschritten, doch für eine Inbetriebnahme muss immer noch einiges passieren. McLarens technischer Direktor James Key erklärte die schwierige Aufgabe: "Was müssen wir beim Windtunnel machen? Das ist richtig kompliziert. Zuerst müssen wir es als laufendes Projekt abmelden. Da müssen wir zuerst einige Kriterien abhacken, um zu sehen, ob wir damit glücklich sind. Da geht es um einige Aspekte seiner Funktionalität."

Der Brite listete nur einige Dinge auf, die es zu beachten gilt: "Es geht um den Luftstrom und dessen Qualität, um die Bedingungen, die in gewissen Bereichen des Tunnels entstehen, besonders wenn der Ring erreicht wird und wir ein quadratisches Geschwindigkeitsprofil erzeugen wollen. Du musst auch sicherstellen, dass alle Systeme richtig arbeiten. Die Kühlung muss korrekt funktionieren. Das Rollband muss auch funktionieren. Das Betriebssystem, das wir intern geschrieben haben, sollte das tun, was es soll und so weiter."

Windkanalinstallation: Sorgfalt vor Zeit bei McLaren

Und das ist erst der Grundstock, denn für den Betrieb braucht es bekanntermaßen auch ein Testobjekt: "Alle diese Dinge müssen abgehackt werden, bevor überhaupt ein Aeromodell darin getestet werden kann. Dann wird es einen Korrelationsprozess geben. Wir haben letztes Jahr ein paar Tests mit einem alten Modell gemacht. Das haben wir in den neuen Tunnel gestellt, um erst einmal grundlegende Korrelationen zu bekommen. Dann braucht es drumherum viel Arbeit. Du musst den Tunnel für dein neues Auto einstellen, dafür haben wir beispielsweise adaptive Wände. Alle diese Dinge müssen erledigt werden."

Aktuell nutzt McLaren noch den Toyota-Kanal in Köln, Foto: Toyota
Aktuell nutzt McLaren noch den Toyota-Kanal in Köln, Foto: Toyota

Eine lange Liste, doch Sorgfalt ist unbedingt notwendig, denn ein Mangel an Korrelation lässt die Ingenieure oft wochenlang im Dunkeln tappen: "Wir müssen das vorsichtig angehen. Wenn wir zu früh loslegen und dann ein Monat später einen Fehler finden, wäre das problematisch. Wir werden zuerst sicherstellen, dass er zuverlässig wird."

Fertigstellung des Windkanals braucht noch Monate

Der Bau und die Inbetriebnahme eines Windtunnels kosten natürlich eine Menge Geld. Key erklärte, warum McLaren in Zeiten des Budgetlimits trotzdem ein solches Projekt angehen kann: "Es ist eine Investition in die Infrastruktur, das ist also etwas anderes. Die Weiterentwicklung des Autos, die Gehälter und viele andere operationale Dinge sind [durch das Budgetlimit, Anm. d. Red.] eingeschränkt. Da sind wir am Limit, denn da kommt die Performance her. Mit Kapitalinvestitionen ist es anders. Natürlich gibt es auch da ein Limit, aber alle Kosten belaufen sich im Moment auf den Aufbau des Windtunnels. Daher fällt es unter Kosten bei Kapitalinvestitionen." Erst wenn der Windkanal in Betrieb ist, fällt er also unter die Budgetobergrenze, doch dann fallen wiederum die Betriebskosten des Kanals in Köln weg.

James Key und seine Leute haben noch Arbeit vor sich, Foto: LAT Images
James Key und seine Leute haben noch Arbeit vor sich, Foto: LAT Images

Doch wann kann McLaren endlich das Gastspiel in der Toyota-Anlage beenden und daheim entwickeln? James Key bittet noch zur Geduld: "Der Übergang zum Betrieb in unserer Fabrik soll so reibungslos wie möglich stattfinden. Das ist noch eine Arbeit von Monaten. Der Korrelationsprozess wird auch noch zwischen zwei und vier Wochen dauern, wenn alles gut läuft. Es ist also viel zu tun, bis wir darauf vertrauen können, darin weiterzuentwickeln." Der MCL37 der nächstjährigen Saison wird also noch auf Daten aus Köln basieren müssen.