Die Formel 1 ist zurück in Singapur! Das Rennen verspricht an diesem Sonntag einen weiteren Thriller in der bewegten Geschichte dieses Grand Prix. Die Startaufstellung allein ist ein Garant für Action. An der Spitze stehen die Zeichen auf einen Dreikampf zwischen Ferrari, Red Bull und Mercedes. Doch Charles Leclerc, Sergio Perez und Lewis Hamilton werden diesen wohl kaum unter sich ausmachen. Weltmeister Max Verstappen ist nach seinem Qualifying-Frust auf einer Mission. Das übliche Singapur-Chaos und drohender Regen können dabei jederzeit für eine Lotterie sorgen. Das sind die sieben Schlüsselfaktoren für das 17. Saisonrennen. (Formel 1 live aus Singapur: News von heute im Ticker)

1. - S wie Startaufstellung

Der große Underdog-Coup blieb im Reifenpoker am Samstag aus, doch das Grid hält trotzdem reichlich Zündstoff bereit. Die Top-3 trennte im Zeittraining nur eine halbe Zehntelsekunde. Hinter Pole-Sitter Charles Leclerc lauern dabei zwei Fahrer, die in der Schlussphase der Saison nur zu gerne einen Sieg klar machen würden. Sergio Perez meldete sich nach schwierigen Wochen als Zweiter in der Startaufstellung zurück. Dahinter lechzt Lewis Hamilton regelrecht danach, mit einem Triumph seine seit 2007 bestehende Siegesserie fortzusetzen.

Das Verfolgerfeld ist bunt gemischt. Fernando Alonso geht von Startplatz fünf ins Rennen und meldete nach seinem Husarenritt im Qualifying gleich einmal Ansprüche aufs Podium an. Etwas weiter dahinter startet ein Max Verstappen mit jeder Menge Frust im Bauch von Position acht. Der Weltmeister musste seinen letzten Run im Zeittraining abbrechen, weil sein Red Bull nicht mehr genügend Sprit im Tank hatte.

In den Untiefen des Mittelfeldes ist mit George Russell auf Startplatz elf ein weiterer Kandidat mit verzweifeltem Vorwärtsdrang zu finden. Gleich dahinter gehen Mick Schumacher und Sebastian Vettel zusammen aus Reihe sieben in den Grand Prix. Von den Startplätzen 16 und 18 wollen Valtteri Bottas und Esteban Ocon nach einem enttäuschenden Qualifying ebenfalls Wiedergutmachung leisten.

2. - S wie Start

Der Weg zur ersten Kurve ist in Singapur allerdings nicht weit. Nach 196 Metern biegen die Fahrer schon in eine Links-Rechts-Links-Kombination ein. Diese 196 Meter können bereits eine signifikante Vorentscheidung für den Rest des Rennens mit sich bringen, denn die Strecke gilt nicht gerade als Überhol-Paradies.

Der berühmte Singapur-Startcrash von 2017, Foto: Sutton
Der berühmte Singapur-Startcrash von 2017, Foto: Sutton

Lädt das zu aggressiveren Start-Manövern ein? Tatsächlich kam es 2016, 2017 und 2018 gleich bei drei Rennen in Serie zu Startunfällen. Unvergessen der große Crash von 2017, als das Nachtrennen erstmals bei nassen Bedingungen stattfand, und ein Startunfall gleich drei Siegkandidaten aus dem Rennen riss. Keine Frage, der Start ist hier immens wichtig.

3. - S wie Strategie

Die Strategie ist in Singapur aus vielerlei Gründen ein dickes Fragezeichen. Setzt sich das Wetterroulette vom Samstag fort, ist auf der Renndistanz von 61 Runden absolut alles offen. Bleibt es trocken, können die Teams auf die Longrundaten vom Freitag zurückgreifen. Gemäß den Berechnungen von Pirelli ist in diesem Fall eine Einstopp-Taktik die schnellste Variante. Im ersten Stint auf dem Medium-Reifen sollen 22-28 Runden möglich sein. Für den Rest des Rennens wäre dann der harte Compound die logische Wahl.

Alternativ soll auch ein Startstint über 18-24 Runden auf dem Soft-Reifen möglich sein, bevor auf Hard gewechselt wird. Der weiche Reifen bereitete den Piloten aber schon auf ihren Qualifying-Simulationen im zweiten Training gehörige Schwierigkeiten. Dementsprechend ist es unwahrscheinlich, dass sich die Teams zu dieser Mischung hinreißen lassen.

4. - S wie Safety Car

Wer in Singapur auf ein Safety Car setzt, der bekommt keine guten Quoten. Seit dem ersten Rennen 2008 gab es nicht weniger als 20. Die Wände sind nahe, die Unfallwahrscheinlichkeit ist groß. Stellt sich nur die Frage, wie man strategisch darauf reagiert. Das kann nämlich schwierig werden.

In der Theorie ist es durchaus möglich, schon bei einem sehr frühen Safety Car an die Box zu kommen und den Hard-Reifen aufzuziehen. Grund: Singapur wird meist von Pace-Management dominiert. Weil nur schwer überholt werden kann, können Fahrer sehr viel Tempo rausnehmen, um die Reifen schonend über die Distanz zu bringen. Wer mit einem frühen Stopp vom Safety Car profitiert, der kann selbst mit Reifennachteil hinten heraus die gewonnenen Positionen oft über die Linie bringen. Bleibt das 2022 so? Die meisten Fahrer glauben ja. Mut zum Risiko kann belohnt werden.

Safety Cars könnten außerdem eine signifikante Rolle bei der Renndistanz spielen. Singapur ist ein sehr langsames Rennen, selbst ohne Unterbrechung kratzt die Formel 1 am 2-Stunden-Zeitlimit. Kommt das Safety Car öfters, ist ein vorzeitiges Rennende durchaus möglich. So geschah es zuletzt 2017, das Rennen wurde schon nach 58 von 61 Runden abgewunken.

5. - S wie Strecke

Der Marina Bay Circuit war seit der Premiere im Jahr 2008 eines der Highlights im Formel-1-Kalender. In den Jahren 2019 und 2020 fiel der Grand Prix in der Stadt der Löwen aufgrund der weltweiten Krisensituation aus. Beim Comeback fanden sich Routiniers im Feld schnell wieder zurecht, denn das Layout blieb über die Pause unverändert. Die 23 Kurven auf einer Länge von 5,063 Kilometern haben es also nach wie vor in sich. Für die Fahrer ist es eines der anstrengendsten Rennen des Jahres.

Hohe Luftfeuchtigkeit, Hitze, Bodenwellen sowie die Fahrt bei Dunkelheit und Flutlicht stellen hohe Anforderungen an Ausdauer und Konzentration. In Kombination mit den hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten und den nahe stehenden Mauern werden kleine Unachtsamkeiten in Singapur gnadenlos bestraft. Interessant wird auch, ob der Rundenrekord bei der Ausgabe 2022 fällt. Diesen hält kein geringerer als Kevin Magnussen, der diesen 2018 im Haas aufstellte und 2019 ebenfalls die Fastest Lap fuhr.

6. - S wie Singapur-Wetter

Kommt der Regen? Kommt er nicht? In Singapur sind die Wetterprognosen - viele F1-Fans werden es aus der Vergangenheit wissen - nicht immer ganz zuverlässig, doch der am Samstag angekündigte Regen kam tatsächlich, und beeinflusste das ganze Qualifying. Ein Blick nach vorne auf das Rennen heute zeigt: Es sind wieder starke Schauer angekündigt.

Fast den ganzen Samstag fuhr die Formel 1 im Regen, Foto: LAT Images
Fast den ganzen Samstag fuhr die Formel 1 im Regen, Foto: LAT Images

Diese sollen am Nachmittag eintreffen, und am Abend zwar aufhören, aber für die Rennzeit wird die Regenwahrscheinlichkeit mit ungefähr 50 Prozent beziffert. Die Unsicherheit allein macht den Teams schon Sorgen. Der Samstag unterstrich außerdem: Auch bei in der Nacht relativ hohen Temperaturen von bis zu 27 Grad muss die Strecke nicht unbedingt schnell abtrocknen. Der Crossover-Punkt von Intermediates auf Slicks kam im Qualifying nur langsam. Viele Stellen blieben lange feucht.

Das könnte Teams dazu verleiten, zu früh auf Trockenreifen zu wechseln. Aston Martin und Alfa Romeo taten das im Qualifying. Und die schmierige Strecke löst außerdem schnell Fehler aus. 10 Ausritte waren allein im Qualifying zu verzeichnen.

7. - S wie Sieger

Bei zwölf Ausgaben des Grand Prix von Singapur gab es bisher nur vier unterschiedliche Sieger. Drei davon stehen heute im Grid. Mit fünf Triumphen in den Straßen der südostasiatischen Metropole ist Sebastian Vettel der Rekordhalter. 2019 holte er dort seinen bis dato letzten Formel-1-Sieg. Für einen weiteren Erfolg wird allerdings viel passieren müssen, denn aus eigener Kraft ist der Aston Martin eher nicht siegfähig. Gleiches gilt für Fernando Alonso. Er befindet sich zwar in einer günstigeren Ausgangslage, doch auch der Alpine dürfte kaum schnell genug sein, ihn zum dritten Singapur-Sieg zu führen.

Sebastian Vettel feierte 2019 in Singapur seinen letzten Sieg, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel feierte 2019 in Singapur seinen letzten Sieg, Foto: LAT Images

Lewis Hamilton hingegen hat deutlich bessere Karten, mit einem fünften Sieg mit Vettel gleichzuziehen. Der Mercedes-Pilot schlich sich im Verlauf des Wochenendes in den Kreis der Favoriten und bestätigte dies mit seinem starken Qualifying. Ein Triumph würde ihm und seinem Team an diesem Sonntag besonders gut stehen. Zum einen wartet Mercedes in der Saison 2022 immer noch auf einen Sieg, zum anderen stand Hamilton in seiner seit 2007 andauernden Karriere bisher jedes Jahr ganz oben auf dem Treppchen.

An der Spitze ist er aber trotz allem der Außenseiter. Mit Charles Leclerc muss man in Singapur nicht nur wegen der Pole Position rechnen. Der Monegasse war 2019 bereits auf dem Weg zum Sieg, als er durch die Strategie hinter Vettel zurückfiel und sich mit Platz zwei begnügen musste. Diese Rechnung gilt es zu begleichen. Sergio Perez befand sich zwar zuletzt in einer Krise, doch auf Stadtkursen ist der Mexikaner seit jeher eine Bank. Und dann ist da natürlich noch sein Teamkollege. Max Verstappen ist auch von Startplatz acht alles zuzutrauen.