Seit dem Formel-1-Debüt im Albert Park zu Melbourne im Jahr 1996 hat die neue Saison der Königsklasse des Motorsports fast immer in "Down Under" begonnen. Nur fünf Mal wurde das Auftaktrennen auf einer anderen Strecke ausgetragen - vier Mal in Bahrain, einmal in Folge der Corona-Pandemie in Österreich. Die vergangenen beiden Saisonstarts fanden auf dem Bahrain International Circuit statt, in diesem Jahr gefolgt vom Großen Preis von Saudi-Arabien in Dschidda. Das könnte sich in der F1-Saison 2024 ändern und zu einer Rückkehr zum traditionellen Saisonauftakt führen.

Der Auslöser für die Veränderungen am Formel-1-Rennkalender: Der Fastenmonat der Muslime, Ramadan genannt. In diesem Monat wurde laut islamischer Überlieferung der Koran zu den Menschen herabgesandt. Und da dieser einen besonders hohen Stellenwert unter gläubigen Muslimen genießt, hat dies nun auch Auswirkungen auf den 2024er Rennkalender der Königsklasse.

Der Formel-1-Rennkalender - ein strittiges Thema

Wo, wann und wie viele Grands Prix innerhalb einer Saison ausgetragen werden, ist seit einigen Jahren stets eine Diskussion wert. Für manche sind über 20 Rennen schlicht zu viele, andere stören sich daran, dass die vielgepriesene Regionalisierung des Rennkalenders immer noch nicht umgesetzt wird, oder daran, dass Rennen an Orten stattfinden, die, nennen wir es, moralisch fragwürdig sind. Eindrücklichstes Beispiel: der Saudi-Arabien-GP 2022, bei dem es unweit der Rennstrecke zu Raketeneinschlägen gekommen ist und der aufgrund der menschenrechtlichen Lage im Land ohnehin schon häufig kritisch betrachtet wurde.

Wesentliche Änderungen des Kalenders haben solche und andere Bedenken bislang allerdings nicht zur Folge gehabt. Umso überraschender, dass Formel-1-CEO Stefano Domenicali am Mittwochabend folgendes festhält: "Der Umstand, dass Ramadan 2024 auf Anfang März fällt, wird Auswirkungen auf den Kalender haben - er wird sich von denen der vorangegangenen Jahre unterscheiden." Da sich der Fastenmonat jedes Jahr um circa 10 Tage verschiebt, fällt er in der nächsten Saison genau auf die Zeit des Jahres, in der traditionell der WM-Start stattfindet.

Die Formel 1 will eine Show - mit allem Drum und Dran

Im Grunde genommen wäre es für Muslime während des Ramadans wohl nicht verboten, ein Formel-1-Rennen zu besuchen. Hauptsächlich geht es im Fastenmonat um das körperliche Fasten. Konkret darum, tagsüber nichts zu trinken und nichts zu essen. Das würde den Umsätzen an der Rennstrecke zwar nicht gerade zugutekommen, da aber auch viele Menschen die Grand Prix in Bahrain und Saudi-Arabien besuchen, die keine gläubigen Muslime sind, wäre das allein wahrscheinlich noch kein Grund, die Mega-Veranstaltungen zu verschieben oder gar komplett abzusagen. Dazu, wie die Änderungen am Ende konkret aussehen, hielt sich Domenicali noch bedeckt.

Was genau ist also das große Problem? Die heikle Antwort: Saudi-Arabien. Im Land zwischen dem Roten Meer und dem Persischen Golf ist es seit 10 Jahren auch für Nicht-Muslime verboten, während des Ramadans in der Öffentlichkeit zu essen, zu trinken, oder zu rauchen. Da Millionen von Nicht-Muslimen im Ölstaat leben, droht bei einem Vergehen oft der Verlust des Arbeitsplatzes, oder gar die offizielle Ausweisung aus Saudi-Arabien. Insgesamt also alles andere als gute Rahmenbedingungen für ein Formel-1-Rennen, das spätestens seit dem Beginn der Liberty-Media-Ära zu einer immer größeren und spektakuläreren Show mit allem Drum und Dran avanciert.

Etwas Gutes könnte die restriktive Öffentlichkeitspolitik Saudi-Arabiens für langjährige F1-Fans aber trotzdem zur Folge haben: Nachdem der Saisonstart 2021 und 2022 nicht wie traditionell üblich in Australien stattgefunden hat, könnte es 2023 vielleicht wieder in "Down Under" losgehen - außer Corona macht dem Ganzen am Ende wieder einen Strich durch die Rechnung...