Bis 2030 will die Königsklasse des Motorsports klimaneutral werden. 2022 wurde ein neuer E10-Treibstoff eingeführt, der zu zehn Prozent aus nachhaltigem Ethanol besteht. Ab 2026 ist geplant mit 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff zu fahren. Das lässt nicht nur Sebastian Vettels Herz höherschlagen. Problem dabei: Die Formel-1-Boliden selbst sorgen nur für ca. 0,7 Prozent der Emissionen.
Eigentlicher Umweltsünder mit 70% Anteil? Die Logistik. Erste Schritte wurden bereits mit der Umgestaltung der Frachtcontainer zum effizienteren Transport und einer neutralen Sendeübertragung getan. Ebenfalls Teil der Lösung kann ein regionalisierter Rennkalender sein, bei dem Grands Prix geographisch sinnvoll nacheinander stattfinden sollen. Nicht nur für Klimaschützer ungeheure Triple-Header wie 2021 zwischen Mexiko, Brasilien und Qatar könnten so der Vergangenheit angehören.
Formel 1 Rennkalender: Regional, nicht nur fürs Personal
Nicht nur wegen der Umwelt werden die Rufe nach einer Neustrukturierung des Rennkalenders immer lauter: Auch für die Belastung der Teams wäre eine andere Renn-Reihenfolge eine Erleichterung. Denn: Aufgrund der Budgetobergrenze ist kein Geld für neues Personal da. Die Inflation und dadurch gestiegene Kosten für Energie und Fracht lassen nicht nur Top-Teams wie Red Bull und Mercedes aufstöhnen.
Mit einer Umstrukturierung des Kalenders 2023 könnte die Formel 1 nicht nur seinen CO2-Fußabruck verbessern und Frachtkosten senken, sondern auch den Mitarbeitern mehr Erholungszeit verschaffen. Hauptziel der Regionalisierung ist die Vermeidung von Langstreckenflügen und einzelne, aufeinanderfolgende Rennen auf unterschiedlichen Kontinenten. Besonders die Kombination aus Monaco und dem Double-Header aus Baku und Kanada stellte die Teams 2022 vor logistische und personelle Herausforderungen.
Baku-Chef: Kanada und Baku müssen bleiben
"Wir können nicht im März in kalten Gebieten wie Kanada starten, die erfrieren!", meinte Arif Rahimov, Chefbeauftragter des Grand Prix von Aserbaidschan. Das Rennen in Kanada könne man deswegen nicht verschieben. Rahimov stellt sich ebenfalls gegen eine Änderung 'seines' Grand Prix: Das schlechte Wetter im April mache eine Vorverlegung unmöglich. "Das Wetter beeinflusst unsere Verkaufszahlen direkt!", verteidigt sich Rahimov. Außerdem wird versucht, Baku mit einem fixen Datum zum Traditionsrennen zu machen, Vorbild: der Große Preis von Monaco.
Gegen eine grundsätzliche Regionalisierung des Rennkalenders hätte der Baku-Chef allerdings nichts einzuwenden. "Ich sehe das nicht als Problem. Es hätte vielleicht sogar Vorteile!", so Rahimov. Eine Serie von Rennen im Nahen Osten sind bei ihm kein Grund für Besorgnis. "In Europa ist das ja auch nie ein Problem!"
Steiner: Für Regionalisierung, gegen Fracht-Albträume
Haas-Teamchef Günther Steiner ist ebenfalls großer Befürworter der Idee: "Es wäre großartig, wenn wir die Rennen regional gruppieren könnten." Die Herausforderung von einem Kontinent direkt zum nächsten zu fliegen sei für das Team groß. "Du fliegst gleich zum nächsten Rennen und musst innerhalb weniger Tage wieder bereit sein." Steiner vertraut dabei auf den Formel-1-CEO Stefano Domenicali. "Ich weiß, dass Stefano sehr hart daran arbeitet, nächstes Jahr wird es in die richtige Richtung gehen."
Alle zehn Teamchefs schlagen in eine ähnliche Kerbe: Triple-Header und Langstreckenflüge gelten als unnötige Belastung. Aston-Martin-Boss Mike Krack gibt sich besonders kritisch: "Den Kalender zu regionalisieren ist der richtige Weg. Die Triple-Header sind tödlich für das Personal." Dann seien auch 22 bis 24 Rennen kein Problem.
Formel 1: Balance-Akt zwischen Gier und Gewissen
Befürchtungen der Formel-1-Teams wegen Frachtproblemen in Schwierigkeiten zu geraten, sind ein weiteres Argument für die Regionalisierung. Für Haas wurde dieser Albtraum bei den Testfahrten in Bahrain am Beginn der Saison wahr: Aufgrund eines Flugzeugdefektes wurden Teile verspätet angeliefert - Haas verpasste wertvolle Testzeit.
Für die Formel 1 gilt es, die Balance zu finden zwischen Nachhaltigkeit und der Ausdehnung ihres Marktes. Die FIA könnte mit einer Regionalisierung des Rennkalenders zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Nachhaltigkeit und Entlastung der Teams (finanziell wie personell). Bonus: Keine Grundlage für sinnlose und gefährliche Proteste wie in Silverstone.
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