Das Formel-1-Qualifying auf dem Circuit Gilles Villeneuve in Montreal wurde auf Regenreifen ausgefochten. Obwohl der Regen am Samstag praktisch mit dem Beginn des Zeitentrainings aufhörte, waren bis zum Ende die Heavy Wets und später die Intermediates das Mittel der Wahl. Wie so häufig bei auftrocknender Strecke tanzte aber einer aus der Reihe. In diesem Fall war es Mercedes mit George Russell.

Russell schnallte sich vier Minuten vor dem Ende des Qualifyings einen Satz Softs auf. Eine Entscheidung, die sich bereits in der ersten Kurvenpassage rächte: Russell drehte sich in Turn 2 ins Gras und damit verabschiedete sich auch der Traum von einer ersten Pole Position. Am Ende stand für den ehemaligen Williams-Pilot Rang 8 zu Buche.

Russell: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Doch Russell wollte sich nicht in Trauer über die verpasste Chance auf eine bessere Startposition. Ganz im Gegenteil: Der 24-Jährige verteidigte die Entscheidung, auf Slicks zu gehen. "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich will um die Pole Position kämpfen und bin nicht hier, um mich mit P3 oder P4 zufriedenzugeben", sagte er. Russell fügte hinzu: "Ich hätte es wahrscheinlich mehr bereut, wenn ich mich auf Platz 3 oder 4 qualifiziert und nichts probiert hätte".

Auf dem Großteil der Strecke war im finalen Segment des Qualifyings bereits eine klare trockene Linie erkennbar, doch einige Passagen waren noch weit davon entfernt mit Trockenreifen befahrbar zu sein, wie etwa Polesetter Max Verstappen festhielt. "Es war meiner Ansicht nach nie möglich. Einige Stellen waren zu nass. Turn 1, Turn 2, sowie ausgangs von Kurve 4 bis in die Kurven 5 und 6", zählte der Red-Bull-Pilot auf.

Auf Monaco-Entwicklung gehofft

Ein Grund, der Russell davon überzeugte, diese Risiko-Strategie zu wählen, waren die Entwicklungen bei einigen Regen-Sessions in dieser und der letzten Saison - wie etwa in Monaco. "Ich war in Monaco und einige andere Male überrascht, wie schnell der Übergang vonstattenging. Es benötigte nur eine halbe trockene Linie und alles änderte sich."

Er stimmt aber mit Verstappen darüber ein, dass einige Stellen den Call zunichtemachten. "Der Großteil der Strecke war trocken, ein Viertel hatte eine trockene Linie und das letzte Viertel - wie etwa Kurve 1 und Kurve 2 - waren auf dem Weg aufzutrocknen. Aber es brauch nur eine Kurve (in der es noch zu nass ist)", führte Russell aus.

Zwei Faktoren waren in Kanada dafür verantwortlich, dass die Strecke nur langsam trocknete. Zum einen waren das die Temperaturen. Bei wolkenbedecktem Himmel, einer Lufttemperatur von 13 Grad Celsius, sowie 18 Grad auf der Streckenoberfläche, kam es kaum zu natürlichem Auftrocknen das Bodens. Zweitens führen die Bäume, welche die Strecke auf der Ile Notre Dame umgeben, dazu, dass auch nach dem Ende der Regenfälle noch Tropfen auf die Strecke prasseln.