Neue Regeln, neue Autos, neues Wochenend-Format. In der Formel-1-Saison 2022 ist alles anders. Während die neuen F1-Boliden bislang für überraschend gutes Racing und spannende Rennen gesorgt haben, hat das neue Format der Rennwochenenden nur wenige Anhänger gewinnen können. Weltmeister Max Verstappen zählt definitiv nicht dazu.

"Das Format ist wie es ist. Einige mögen es, andere nicht", sagt er. Der Niederländer zählt zur zweiten Gruppe, der die meisten der Formel-1-Piloten angehören. Was ist das Problem? Seit dieser Saison gibt es den Medien-Tag am Donnerstag nicht mehr. Stattdessen finden die Pressekonferenzen am Freitagvormittag statt. Danach geht es am Nachmittag in die beiden Freie Trainings (oder wie an einem Sprint-Wochenende wie jetzt in Imola in ein Training und das Qualifying).

Das Problem dabei: Die Teams belegen den Donnerstag dennoch mit Medien- und Sponsoren-Terminen, sodass die Fahrer nun mehr statt weniger Zeit an der Strecke verbringen. "Das war vorher besser", sagt Verstappen. "Jetzt ist der Donnerstag sehr lang, der offiziell aber gar kein Tag mehr ist [der zum Rennwochenende zählt]. Aber wir haben genauso viel oder sogar noch mehr zu tun am Donnerstag. Und am Freitag dann noch einmal mehr."

Formel 1 Format fehlgeschlagen: Belastung höher statt geringer

Der Ablauf am Freitag sieht dabei wie folgt aus: Die Fahrer kommen bereits sehr früh an der Strecke an, erledigen am Vormittag die Medien-Termine, gefolgt von den letzten Meetings mit dem Team und der Vorbereitung auf das 1. Freie Training. "Der gesamte Tag ist viel länger geworden", kritisiert Verstappen.

"Wir wollten die Belastung für alle reduzieren, aber gleichzeitig scheinen wir für mehr Belastung gesorgt zu haben", stimmt Verstappens ehemaliger Red-Bull-Teamkollege Alex Albon zu. "Am Freitag würden wir gerne mit den Ingenieuren sprechen und uns auf ein anstrengendes Wochenende vorbereiten, stattdessen haben wir diese Medien-Termine. Das ist okay, aber am Donnerstag haben wir genauso viel zu tun. Es hat sich nichts geändert."

Entsprechend verpasst das neue Format die eigentliche Zielsetzung: "Das Ziel war, das Wochenende kürzer zu machen", erklärt Sebastian Vettel. "Das ist nicht aufgegangen. Jetzt müssen wir eine bessere Lösung finden."

Dem schließt sich Verstappen an. Schließlich gibt es immer mehr Rennen, in dieser Saison soll es die Rekordzahl von 23 Grands Prix geben. "Da würde man sich ein kürzeres Wochenende wünschen", betont Verstappen. "Aber jetzt haben wir mehr Rennen und längere Wochenenden. Dadurch sind wir an mehr Tagen an der Strecke. Das muss sich definitiv ändern."

Verstappen schimpft: Erzähle in Interviews x-Mal das gleiche!

Ganz besonders stört die Fahrer an den vielen Medien-Terminen, dass diese sie quasi zu einer Art Kassettenrekorder werden lassen. "Mein Problem ist, dass wir am Wochenende sehr viele Interviews geben und es sind oft genau die gleichen Fragen", verrät Kevin Magnussen. "Selbst wenn es ein spannendes Thema ist, nutzt es sich im Laufe des Wochenendes rasch ab und dann wird es schwer, authentisch zu sein, wenn man die gleiche Frage 30 Mal beantwortet."

Verstappen geht es nicht darum, ob diese Interviews dann am Donnerstag oder Freitag stattfinden, sondern eher darum, dass er sich bei jedem TV-Sender aus unterschiedlichen Ländern sechs oder sieben Mal wiederholen muss. "Man versucht zwar, es interessant zu halten und anders auszudrücken, aber am Ende sagt man immer das gleiche."

Aktuell sieht der Plan vor, dass die Fahrer an der offiziellen FIA Pressekonferenz am Freitagvormittag teilnehmen. Darin erhalten sie einige Fragen direkt vom Moderator, gefolgt von Fragen der schreibenden Medien wie Motorsport-Magazin.com. Danach begeben sich die Fahrer in den TV-Interviewbereich, wo sie der Reihe nach einem Dutzend oder mehr TV-Sendern aus unterschiedlichen Ländern die immer wieder gleichen Fragen beantworten.

"Wir kennen das ja aus anderen Sportarten, wo viele Mikrofone zusammengestellt werden und dann bekommt jeder sechs bis zehn Fragen, anstatt nur zwei, aber jeder kann es hinterher ausstrahlen", schlägt Verstappen einen Lösungsweg vor. "Das halte ich für viel effizienter und schöner für alle. Es ist doch egal, ob da 20 Mikrofone von verschiedenen Sendern stehen. So bekommt man viel mehr aus den Fahrern heraus, als wenn wir uns mindestens sechs bis acht Mal wiederholen müssen. Das ist weder schön für sie noch für uns."

Fahrer loben: Formel 1 Entscheidungen an jedem Tag

In Imola wird der ohnehin schon anstrengende Freitag noch einmal erschwert - denn an diesem Wochenende kommt zum ersten Mal in dieser Saison das Sprint-Format zum Einsatz. Sprich: Das Qualifying findet bereits am Freitagabend statt, ab diesem Zeitpunkt gilt dann auch die Parc-Fermé-Regelung.

Mit diesem Ablauf können sich die Fahrer hingegen eher anfreunden. "Der normale Freitag mit zwei Trainings ist normalerweise recht langweilig", sagt Ferrari-Pilot Charles Leclerc. "Jetzt geht es direkt zur Sache. Das gefällt mir." Auch Valtteri Bottas freut sich, dass so "jeden Tag eine Session" abgehalten wird, "die entscheidend für das Wochenende" ist.

Nur das Sprint-Rennen am Samstag spaltet noch etwas die Gemüter. "Am Samstag können wir vielleicht etwas besser machen, möglicherweise mit einem Stand-Alone-Rennen, das keinen Einfluss auf den Grand Prix am Sonntag hat", schlägt Leclerc vor. "Dann gibt es vielleicht etwas mehr Action am Samstag, weil die Fahrer etwas mehr Risiko eingehen."

Formel 1 Qualifying für Sprint & Grand Prix?

Wäre es also vielleicht besser, wenn das Qualifying am Freitag sowohl die Startaufstellung für den Sprint als auch den Grand Prix am Sonntag bestimmen würde? Kevin Magnussen hält das für eine gute Idee. "Dann kann man im Sprint voll angreifen. Jetzt kann ein kleiner Fehler dazu führen, dass du im Rennen als Letzter startest. Wenn das Qualifying am Freitag die Startpositionen für Sonntag und den Sprint bestimmen würde, könnte das ziemlich spaßig sein. Dann hätte man ein zusätzliches Spektakel am Wochenende."

Nur in einem Punkt sind sich die Fahrer einig: Ein Duell-Qualifying wie in der Formel E möchten sie nicht in der Formel 1 haben. "Es wäre recht langweilig für die Fahrer am Ende des Feldes, da ständig die gleichen Autos in den Top-8 wären", glaubt Alex Albon, dem Guanyu Zhou zustimmt: "Es ist so lang, unheimlich lang. Hier sind die Unterschiede bei der Fahrzeugperformance zu groß, es wäre überhaupt nicht fair."