Der 2021 umgebaute Yas Marina Circuit kam bei seiner Feuertaufe im Freien Training am Freitag zum Grand Prix am Sonntag bei den meisten Fahrern besser an als die vorherige Version. Um das Racing und die Überholmöglichkeiten auf der zu Prozessionen neigenden Strecke zu verbessern, bauten die Betreiber für das Saisonfinale drei Passagen um.

Die Schikane vor den Tribünen im ersten Sektor wurde komplett gestrichen, stattdessen geht es dort nun geradeaus, direkt in eine noch dazu weiter gewordene Linkskurve (jetzt T5). Im Mittelsektor stampften die Arbeiter einige winklige Zickzack-Kurven nach der zweiten DRS-Zone (T-11-14) ein und ersetzten diesen Teil durch eine langgezogene Linkskurve (jetzt T9) mit Banking. Im Hotelbereich des letzten Sektors (früher T17-20, jetzt T12-15) fielen die Änderungen marginaler aus. Hier wurden vor allem die Kurvenradien vergrößert. Auch nach außen fallen die Kurven nun weniger ab.

Hamilton & Verstappen loben: Abu Dhabi jetzt flüssiger

Das reduzierte die Kurvenzahl von 21 auf 16 um gleich fünf Ecken und die Rundenlänge von 5,554 Kilometern auf 5,218 Kilometer. Dementsprechend steigt Rundenzahl im Rennen von 55 auf 58 Runden - noch dazu erhöhen sich Vollgasanteil und Durchschnittsgeschwindigkeit. Bei den Fahrern kommt das gut an. "Ich mag die Strecke und die Änderungen. So macht die Strecke mehr Spaß und sie ist auch flüssiger geworden", lobt Lewis Hamilton.

Auch Vorjahressieger und WM-Rivale Max Verstappen - Red Bull sieht sich von den Änderungen im Vergleich zu Mercedes eher benachteiligt - findet nur lobende Worte. "Es macht jetzt mehr Spaß, generell machen schnellere Kurven mehr Spaß. Vor allem im letzten Sektor, der war immer etwas eng und Off-Camber. Das ist immer noch so, aber zumindest sind die Radien etwas runder", berichter der Niederländer nach den Trainings.

Räikkönen kritisiert: Sogar gute Überholstelle weggenommen

Sein alter Erzrivale Esteban Ocon stimmt zu. "Es war sehr aufregend, die Strecke neu zu lernen. Abu Dhabi ist wie ein Zuhause der F1, wir kennen die Strecke ja alle so gut, testen hier viel. Es da so zu erleben war interessant, das hat Würze reingebracht", sagt der Alpine-Fahrer. Vor allem die kleineren Änderungen am Ende der Runde haben es dem Franzosen angetan. "Kurve 14 ist auf jeden Fall eine Hölle von Kurve, sehr nah an der Leitschiene. Im FP1 hatte ich einen ordentlichen Moment. Aber es macht Spaß", schwärmt Ocon.

Kimi Räikkönen wurde zum ersten Opfer der umgebauten Strecke, Foto: LAT Images
Kimi Räikkönen wurde zum ersten Opfer der umgebauten Strecke, Foto: LAT Images

Mehr als nur einen Moment hatte an dieser Stelle Kimi Räikkönen. Am Ende des zweiten Trainings crashte der Iceman an seinem letzten F1-Wochenende hart in die Bande. Doch ist es nicht diese Kurve, die den Finnen stört. "Sie haben in Kurve neun eine gute Überholmöglichkeit weggenommen", kritisiert Räikkönen den Umbau im Mittelsektor. "Es ist gut, da eine Änderung zu machen, aber sie hätten diese Kurve viel langsamer machen sollen, denn wenn es so schnell ist, dann ist es schwer zu überholen." Da kann der Routinier nur mit dem Kopf schütteln. Räikkönen: Manchmal fragst du dich schon, was sie denken, wenn sie diese Änderungen vornehmen. Aber es ist wie es ist."

Perez zweifelt: Racing wirklich besser?

Teamkollege Antonio Giovinazzi hegt in Sachen Überholmöglichkeiten zumindest Zweifel, ist insgesamt aber zufrieden. "Es hat mehr Spaß gemacht, es war schneller. Aber ich weiß nicht, wie gut es im Rennen sein wird", sagt der Italiener nach seinem vorerst letzten Trainingsfreitag. Generell herrschen unter den Fahrern so manche Zweifel, wie effektiv der Umbau das Racing nun wirklich verbessert. "Ich habe versucht, auf meinem Longrun zu folgen, ich war da hinter Perez, glaube ich. Aber es war noch immer nicht leicht, zu folgen. Aber es war zumindest besser als in der Vergangenheit."

Die neue Kurve neun ersetzt ein kleinteiliges Zickzack im Mittelsektor, Foto: Dromo
Die neue Kurve neun ersetzt ein kleinteiliges Zickzack im Mittelsektor, Foto: Dromo

Der angesprochene Perez sieht es selbst genauso. "Ich weiß nicht, wie sehr sich das Racing verbessert. Ich hoffe, etwas. Schön zu fahren ist es, ehrlich gesagt. Aber es ist ein Fragezeichen, ob es das Racing verbessert. Da habe ich meine Zweifel", sagt der Mexikaner. Fernando Alonso kann von Überholproblemen in Yas Marina ein Lied singen. 2010 kam der Spanier im viel schnelleren Ferrari nicht am Renault von Vitaly Petrov vorbei - und verlor deshalb den WM-Titel gegen Sebastian Vettel. Ob es jetzt leichter gehen würde? Abschließend überzeugt ist Alonso nicht. "Cool, gut zu fahren. Die Strecke macht jetzt etwas mehr Spaß, aber wir müssen abwarten, ob das mehr Überholmanöver bringt", sagt der Alpine-Pilot. "Auf eine schnelle Runde macht es aber mehr Spaß."

Verschiedene Linien als Überholchance?

Nikita Mazepin hingegen zeigt sich grundlegend wenig begeistert. "Ich bin nicht ganz sicher. Ich verstehe nicht ganz, warum es so gemacht wurde. Ich habe Abu Dhabi so geliebt, wie es war", kritisiert der Russe. Teamkollege Mick Schumacher ist glücklicher - und sieht auch Potential für besseres Racing. "Du kannst unterschiedliche Linien nehmen, vor allem in Kurve neun. Da kannst du hoch oder eng fahren, wir sollten also auf der ersten Runde Variationen sehen. Das Überholen sollte leichter werden", sagt der Haas-Fahrer. Doch so viel habe sich auch nicht geändert. "Warten wir mal ab", mahnt Schumacher. "Es ist dieselbe Philosophie, wie du die Kurven angehst, aber ein paar Kurven selbst sind ganz anders."

Neben Schumacher gibt es noch andere Piloten, die nach dem ersten Eindruck besseres Racing erwarten. "Es war nicht schlecht. Es ist besser als zuvor. Die Strecke hat jetzt etwas mehr Fluss und ein paar verbesserte Überholmöglichkeiten", sagt Valtteri Bottas. "Ich habe es echt genossen. Ich denke, es wird auch zum Überholen besser sein", bestätigt Charles Lecleerc. "Für uns Fahrer ist Kurve neun jetzt sehr, sehr aufregend. Ich mochte die alten Kurven fünf, sechs, sieben, aber es ist okay. Kurve neun ist sehr schön. Und Kurve fünf wird beim Überholen helfen, also ist es gut, denke ich."

Carlos Sainz: Alles hängt an ersten Kurven

Carlos Sainz glaubt auch an eine Verbesserung, aber nicht so durchschlagend. "Es wird helfen. Aber wie viel, ist schwer zu sagen. Es fühlte sich noch immer schwer an, zu folgen. Besonders in den Kurven eins und zwei, worauf dann zwei DRS-Zonen folgen. Aber wenn wir da nah dranbleiben können, kann überholen auf jeden Fall möglich sein", sagt der Spanier.

Unentschlossen sind die McLaren-Fahrer. "Hoffentlich sind Überholen und Racing etwas besser. Aber da müssen wir abwarten", sagt Lando Norris. "Aber es ist anders, cool und schnell. Auf jeden Fall etwas flüssiger und weniger Start-Stop. Deshalb ist es gut. Ein paar Dinge mochte ich auch am alten Layout, aber es ist gut." Einzig der neue Asphalt sei kritisch. Daran müsse man sich fast am meisten gewöhnen.

Ricciardo feiert Mutkurve 14, trauert vorletzter Ecke nach

Daniel Ricciardo grübelt ebenfalls, ob die Änderungen ihre Absicht erfüllen. "Ich weiß es nicht. Ich war mal hinter einem anderen Auto, aber ich weiß nicht, ob es leichter ist. Oder schwerer. Vielleicht gleich", schätzt der Australier. "Aber es hat vielleicht etwas mehr Spaß gemacht. Kurve neun ist ziemlich schnell, eine Mutkurve! Kurve fünf ist knifflig, aber vorher war es das auch schon", sagt Ricciardo. Alles gefällt dem McLaren-Fahrer jedoch nicht. "Die neue Hotel-Sektion ist mir lieber, aber ich vermisse die alte letzte Kurve. Das war eine echte Kurve, jetzt geht es locker voll. Aber insgesamt mehr Pro als Contra."

Am Hotel wurden die Kurvenradien vergrößert, Foto: Dromo
Am Hotel wurden die Kurvenradien vergrößert, Foto: Dromo

Uneingeschränkt begeistert geben sich Pierre Gasly und Sebastian Vettel. "Es fühlt sich ganz anders an, wie eine neue Strecke. Es gibt jetzt mehr Highspeed als vorher, ziemlich cool", sagt der Franzose. Vettel: "Die Strecke macht eigentlich Spaß, sie ist deutlich schneller als in der Vergangenheit. Ein paar komische Kurven sind teilweise verschwunden und entschärft worden. Dafür haben wir ein paar neue. Besonders die überhöhte Kurve neun macht viel Spaß."

Pirelli fürchtet neue Kerbs: Probleme wie in Katar?

Gar nicht begeistert war dagegen Pirelli. Die Italiener wollen am Ausgang der neuen Kurven fünf und neun nun Kerbs geortet haben, die jenen in Katar gleichen. Deshalb fürchtet Pirelli nun potenzielle Reifenschäden wie in Losail. Mögliche Anpassungen sollen in Kürzen mit der FIA besprochen werden.