Die Führung in der Formel-1-Weltmeisterschaft wieder übernommen, zwei Fahrer auf dem Podium und mächtig Zoff bei den Titelkonkurrenten bei Mercedes. Für Max Verstappen und Red Bull Racing könnte es nach dem Türkei-GP und vor den letzten sechs Saisonrennen so gut aussehen. Wenn da nicht der Mercedes-Motor wäre.

Denn in Istanbul waren Valtteri Bottas und Lewis Hamilton nicht nur auf der Strecke die tonangebenden Fahrer, die Antriebseinheit des W12 versetzte die Konkurrenz in Staunen. Red-Bull-Teamchef Christian Horner sprach von bis zu 20 Km/h Leistungsvorteil, den Mercedes gegenüber den Bullen habe. Ist Mercedes nun der Titelfavorit?

Horner: Mercedes-Topspeed macht Sorgen

Dass Mercedes den besseren Motor hat, ist keine Geheimnis. Doch in den letzten Grands Prix schien die Topspeed-Überlegenheit der Weltmeister-Mannschaft zuzunehmen. "Beim Speed auf der Geraden haben sie einen signifikanten Schritt nach vorne gemacht", glaubt Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Wir haben am Auto nichts geupdated. Vielleicht lagen uns die letzten beiden Strecken einfach besser", widersprach ihm Lewis Hamilton.

Red Bull zog bereits mehrmals in diesem Jahr gegen die Mercedes-PU ins Feld, doch die FIA konnte nach einer Anfrage des Teams aus Milton Keynes nichts illegales feststellen. Red Bull akzeptiert dieses Machtwort inzwischen.

Christian Horner will, was den restlichen Saisonverlauf angeht, keine Prognose abgeben. Sein Gegenspieler bei Mercedes, Toto Wolff, traute sich nur folgende Vorhersage zu: "Die WM wird bis zum Schluss spannend sein. Ausfälle werden einen großen Unterschied machen."

Eine Vorhersage ist deshalb besonders schwierig, da zwei der noch anstehenden vier GPs auf vollkommen unbekannten Strecken stattfinden und auch für das Rennen in Abu Dhabi noch Änderungen am Layout vorgenommen werden.

Hamilton großer Favorit in den USA

Was die Amerika-Tournee der Königsklasse angeht, sieht Horner aber jeweils Favoriten: "Wir wissen, dass das nächste Rennen [in Austin] seit Jahren eine Hamilton-Hochburg ist", dämpf Horner die Erwartungen für den USA-GP, der vom 22. bis zum 24. Oktober über die Bühne geht. Tatsächlich ist Mercedes in der Hybrid-Ära auf dem texanischen Rundkurs noch beinahe ungeschlagen, nur 2018 gewann Kimi Räikkönen im Ferrari. Hamilton siegte zwischen 2014 und 2017 viermal in Serie.

2017 gewann Lewis Hamilton zum letzten Mal in Austin., Foto: Sutton
2017 gewann Lewis Hamilton zum letzten Mal in Austin., Foto: Sutton

Verstappen schätzt seine Chancen auf dem Circuit of the Americas gering ein: "Ich denke andere Strecken liegen uns besser. Es gibt viele Vollgas-Abschnitte, außerdem ist der Reifenverschleiß ziemlich hoch. "

In den darauffolgenden Wochen rechnet sich Horner gute Chancen aus. "Mexiko und Brasilien, Strecken die höher liegen, waren in der Vergangenheit ganz stark für uns", hoffte der Brite. Auf beiden Kursen war Red Bull in den letzten Jahren die tonangebende Kraft, auch wenn Verstappen zweimal (Mexiko 2019, Brasilien 2018) aufgrund von Zwischenfällen von Hamilton geschlagen wurde.

Fragezeichen für Wüsten-GPs

Das abschließende Trio an Rennen auf der arabischen Halbinsel ist aber schwieriger einzuschätzen. "Ich bin mir nicht sicher, was wir uns von den letzten drei Rennen erwarten können", gestand Horner. Sowohl auf dem Losail International Circuit als auch auf dem Stadtkurs in der saudischen Metropole in Jeddah war die Königsklasse noch nie unterwegs.

Laut Papierform musste der Saudi-Arabien-GP den Mercedes entgegenkommen, da er viele Highspeed-Passagen beinhaltet. Der Katar-GP ist schwieriger einzuschätzen, da er neben einer 1-Kilometer-langen Start-Ziel-Gerade einen Mix aus langsamen und schnellen Kurven bietet.

Das Saisonfinale in Abu Dhabi galt seit Jahren als eine Mercedesstrecke. Doch in der letzten Saison war dort Max Verstappen erfolgreich. Außerdem wird das Streckenlayout an mehreren Stellen neu designt - unter anderem mit einer Steilkurve. Auf den Steilkurven in Zandvoort vermeldete Mercedes noch Probleme. Verstappen brachte es auf den Punkt: "Wir müssen nur hoffen, dass mehr als die Hälfte der noch verbleibenden Strecken uns besser liegen. Aber das werden wir dann ja herausfinden."