Noch viel Zeit habe man bei BMW um die endgültige Fahrerpaarung für die erste Saison als Werksteam zu evaluieren. Das jedenfalls betont BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen bereits seit Wochen. Mit dem Mönchengladbacher Nick Heidfeld haben die Weiß-Blauen zumindest schon einmal ihren Wunschpiloten unter Vertrag nehmen können. Die Frage bleibt jedoch: Wer wird im zweiten BMW-Cockpit sitzen?

Jacques Villeneuve: Der Mann mit dem Vertrag

Wenn es nach Jacques Villeneuve geht, dann steht er ganz klar auf der Pole Position für das zweite Cockpit der Allianz aus Hinwil und München. Und der Kanadier hat durchaus gute Argument. Eines davon nennt sich Arbeitsvertrag, läuft bis Ende 2006 und sichert ihm ein Cockpit bei Sauber zu.

Jacques ist für 2006 zuversichtlich., Foto: Sutton
Jacques ist für 2006 zuversichtlich., Foto: Sutton

Entsprechend gibt er sich seit Wochen gelassen: "Ich besitze einen gültigen Vertrag", ist seine Standardaussage zum Thema Zukunft.

Leichte Skepsis löste in diesem Zusammenhang allerdings ein Satz in der Pressemitteilung zur Heidfeld-Verpflichtung aus: "Damit ist das erste Cockpit im neuen von BMW geführten Team besetzt", hieß es darin. Wenn man bedenkt, dass Villeneuve bereits im letzten Jahr einen gültigen Sauber-Vertrag für 2006 unterschrieben hat, müsste man doch meinen, dass mit Quick Nick bereits der zweite Fahrer für die neue Saison bestätigt wurde...

Und tatsächlich: 100%ig sicher sollte sich der Ex-Champion noch nicht sein. Schließlich betonte Mario Theissen in Interlagos, dass man Villeneuve nach einer verbesserten zweiten Saisonhälfte noch bis zum Saisonende Zeit geben werde, um sich zu beweisen. Denn für das kommende Jahr gelte es vor allem zwei Fahrer zu besitzen, die Aufbauarbeit erledigen können. Die Zukunft des Kanadiers ist also noch nicht so gesichert, wie er es gerne sehen würde.

Dennoch besitzt er mit seinem gültigen Vertrag die beste Ausgangsposition. Insbesondere da bislang nicht davon auszugehen war, dass BMW den Ex-Weltmeister aus seinem Vertrag ausbezahlen würde. Theissens Aussagen aus Sao Paulo scheinen mittlerweile aber auch andere Schlüsse zu zulassen.

Alexander Wurz: Der Mann mit der Erfahrung

Alex würde gerne in den aktiven GP-Dienst zurückkehren., Foto: Sutton
Alex würde gerne in den aktiven GP-Dienst zurückkehren., Foto: Sutton

Als Alexander Wurz vor Jahren den Schritt ins Testdasein bei McLaren Mercedes wagte, erhoffte er sich eine ähnlich triumphale GP-Rückkehr, wie sie sein Testvorgänger Olivier Panis seinerzeit feiern durfte. Doch bis heute hat niemand den Österreicher aus seinem Testfahrerdasein in den aktiven Dienst zurückgeholt.

Angesichts der möglicherweise freien Stelle bei BMW, ist es aber natürlich nur logisch, dass Wurz sich nach den Chancen erkundigt und die Medien ihn in das zweite BMW-Cockpit hineinschreiben. Schließlich würde er als hoch gepriesener Test- und Entwicklungsfahrer mit intensivem Insider-Wissen über McLaren Mercedes und deren momentan allen überlegenen MP4-20 genau das Anspruchsprofil für die Aufbauphase in Hinwil und München erfüllen.

McLaren-Boss Ron Dennis warnt seinen Schützling aber vor einem Wechsel: "Es gibt natürlich ein riesiges Interesse an unseren Testfahrern, da sie viel Wissen über unser Auto, die Systeme und Entwicklungen besitzen", sagte er in Sao Paulo. "Wir werden der Karriere unserer Fahrer nicht im Weg stehen und wenn sie die Möglichkeit erhalten wieder Rennen fahren zu können, dann werden wir sie ermutigen die Gelegenheit beim Schopfe zu packen. Aber es ist noch zu früh um zu wissen, ob einem von ihnen ein Angebot gemacht wurde."

Zudem betont Dennis, dass es einen großen Unterschied zwischen jahrelangen Testfahrten und der Rückkehr in ein Einsatzcockpit gebe. Besonders in einem fremden Umfeld und unbekannten sowie weniger konkurrenzfähigen Auto.

"Wir möchten Alex gern behalten - auch wenn wir 2006 kein Freitags-Auto einsetzen können", verriet McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh vor einigen Tagen. "McLaren hat eine Vertragsverlängerung bereits angedeutet", bestätigte Wurz. "Möglich, dass in zwei Wochen alles klar ist. Möglich aber auch, dass gar nix passiert."

Gegen einen Wechsel nach Hinwil spricht außerdem, dass BMW mit Nick Heidfeld bereits einen deutschsprachigen Piloten unter Vertrag hat. Angesichts der fortwährenden Beteuerungen, dass BMW als Global Player nicht zwangsläufig einen deutschen Fahrer beschäftigen müsse, scheint es eher unwahrscheinlich, dass sie einen deutschen und einen österreichischen Piloten unter Vertrag nehmen. Andererseits wäre ein Duo Heidfeld und Wurz die optimale Fahrerpaarung für die Weiterentwicklung des neuen Boliden.

"Das ist ein Wartespiel. Ich kann mir leider nicht so wie Räikkönen oder Schumacher ein Cockpit aussuchen. Es wird verdammt schwierig", sagte Wurz in Interlagos. "Falls ich aber ein Cockpit erwische, dann ist das so wie Weihnachten und Geburtstag auf einmal."

Takuma Sato: Der Mann aus Fernost

Takuma hat nur Außenseiterchancen bei BMW., Foto: Sutton
Takuma hat nur Außenseiterchancen bei BMW., Foto: Sutton

Eine weitere Möglichkeit repräsentiert der Japaner Takuma Sato, der nach dem Verbleib von Jenson Button bei British American Racing ohne Cockpit dasteht und ein Testcockpit bei den Weißen ablehnt.

"Ich werde nicht bei B·A·R bleiben", bestätigte er seinen Abgang aus Brackley. Wohin sein Weg führen wird, steht allerdings noch in den Sternen. "Ich werde aber nicht hier bleiben, sondern woanders hingehen."

Auf den ersten Blick erscheint in diesem Zusammenhang BMW zwar als erste Anlaufstelle, doch beim zweiten oder gar dritten Blick wird ein solcher Wechsel immer unwahrscheinlich. Denn Sato galt schon bei B·A·R nicht gerade als guter Entwickler. Und genau einen solchen suchen die Weiß-Blauen für ihre viel zitierte Aufbauphase. Ein Duo Heidfeld/Sato erscheint also als äußerst unwahrscheinlich.

Anthony Davidson: Der Mann auf der Suche

The Ant möchte endlich ein Stammcockpit erhalten., Foto: Sutton
The Ant möchte endlich ein Stammcockpit erhalten., Foto: Sutton

Der nächste Fahrer auf Cockpitsuche ist Anthony Davidson. Dieser wollte B·A·R bereits im letzten Winter verlassen, wurde dort allerdings gegen seinen Willen festgehalten. Im Gegensatz zu Button änderte er seine Meinung im vergangenen Jahr aber nicht. Er möchte endlich einen Stammplatz in der Königsklasse erhalten.

Da 'The Ant' schon vor dem Verbleib von Button bei B·A·R anmerkte, dass der Ausgang der Buttongate-Affäre keinen Einfluss auf seine Zukunft haben werde, kommen für ihn nur noch BMW und Midland in Frage. Angesichts seines Jordan-Tests vor einigen Wochen und der guten Verbindungen zu den Gelben dürfte ein Wechsel zu MidlandF1 aber wahrscheinlicher sein.

"Ich weiß noch nicht wo ich fahren werde, aber ich bin zuversichtlich dabei zu sein", erklärte der 26-Jährige in der letzten Woche. "Ich spreche noch mit allen Teams. Wir müssen jetzt abwarten was passiert."

Dan Wheldon: Der Mann aus dem Nudeltopf

Der Indy500-Sieger möchte in die F1., Foto: Sutton
Der Indy500-Sieger möchte in die F1., Foto: Sutton

Ebenfalls auf der Liste der Gerüchteköche taucht der Name Dan Wheldon auf. Der IRL-Champion soll nach Angaben seines Managers Julian Jakobi ein großes Interesse an einem Wechsel in die Königsklasse besitzen und noch keinen neuen Vertrag bei seinem IRL-Team Andretti Green Racing unterschrieben haben.

Aus Sicht von BMW erscheint es aber unwahrscheinlich, dass die Münchner mit einem F1-Rookie in ihre erste Saison gehen werden. Selbst da sie mit Nick Heidfeld einen erfahrenen Piloten an seiner Seite hätten.

"Ich wurde bestimmt schon 15 Mal von verschiedenen Teams angesprochen, aber angesprochen werden und ein Angebot zu erhalten sind zwei Paar Schuhe", erklärte Wheldon. "Der einzige Weg zu erfahren, ob ein F1 Team wirklich ernsthaft an dir interessiert ist, ist wenn sie nach deinem Gewicht und deiner Größe fragen. Denn dann möchten sie wissen, ob du ins gleiche Auto passt wie dein Teamkollege. Ein Team hat das bei mir schon gemacht."

Es erscheint allerdings wahrscheinlicher, dass dies Williams und nicht BMW gewesen ist. Denn Frank Williams könnte nach dem Verlust von Jenson Button auf der Suche nach einem anderen britischen Fahrer sein, welcher die Sponsorengelder der Royal Bank of Scotland sichern soll. Zudem verbinden Williams und Wheldon-Manager Jakoni alte Bande aus der Senna-Zeit.

Nico Rosberg: Der Mann aus den eigenen Reihen

Nico Rosberg ist heiß umworben., Foto: Sutton
Nico Rosberg ist heiß umworben., Foto: Sutton

Aktuelle Bande hat Williams mit dem BMW-Schützling Nico Rosberg. Dieser steht bei Williams als offizieller Testfahrer unter Vertrag und wird von den Teambossen sehr hoch eingeschätzt.

Entsprechend könnte es für BMW teuer werden den jungen Deutschen ins eigene Team zu lotsen. Zudem würde eine volle Saison als Einsatzfahrer für Rosberg Jr. möglicherweise noch zu früh kommen, weswegen BMW ihn höchstens als dritten Mann verpflichten dürfte.

Außerdem trifft auch auf den Weltmeistersohn das Nationalitäten'problem' zu: An der Seite von Nick Heidfeld wäre er der zweite Deutsche im Team. Seine glorreiche BMW-Zukunft dürfte also noch ein, zwei Jahre in der Zukunft liegen.