0,075 Sekunden fehlten Max Verstappen beim Qualifying zur Sprint-Qualifying-Premiere in Silverstone auf Sprint-Polesetter Lewis Hamilton. Allerdings hätte der Rückstand auch noch etwas größer ausfallen können, hätte Hamilton auf seiner letzten Runde nicht noch einen Fehler im letzten Sektor eingebaut.

Nach zuletzt drei Verstappen- und fünf Red-Bull-Siegen in Folge kam die Qualifying-Niederlage vor allem nach der dominanten Vorstellung im Training etwas überraschend. "Das Auto an sich hat sich gut angefühlt, aber ich hatte viel Untersteuern", erklärte Verstappen anschließend.

Während der Session wurde der WM-Leader deutlicher. "Das Auto untersteuert bis zum Mond", schrie er in den Funk. "Ich konnte keine Kurve richtig attackieren, weil ich immer warten musste, bis die Vorderachse Grip hatte. Es war ein komisches Gefühl, so zu fahren", beschrieb der Niederländer nach der Session.

"Ich glaube nicht, dass es am Setup oder am Frontflügel lag", so Verstappen. Obwohl mit dem Start des Qualifyings Parc-fermé-Regeln gelten, dürfen die Teams noch Justierungen am Frontflügel vornehmen. Die brachten bei Red Bull aber nicht die gewünschten Ergebnisse.

Kühler Asphalt schadet Red Bull

"Es lag daran, dass wir die Reifen nicht auf die richtige Temperatur gebracht haben", verrät Dr. Helmut Marko Motorsport-Magazin.com. Die Temperaturen an Vorder- und Hinterreifen am RB16B passten nicht recht zusammen. "Das, was wir gemacht haben, hat nicht die nötige Balance ins Auto gebracht", ärgert sich Marko.

Im Training allerdings fuhr Verstappen der Konkurrenz noch um die Ohren, von Untersteuern keine Spur. Zwei Faktoren führten dazu, dass sich die Balance am Bullen veränderte. "Die Temperatur ist deutlich gesunken", erklärt Marko. Während die Umgebungstemperatur mit rund 25 Grad fast unverändert blieb, sank die Asphalttemperatur von maximal 49 Grad Celsius im Training auf den Tiefstwert von 36,4 Grad im Qualifying.

Zusätzlich nahm Red Bull auch Änderungen am Setup vor. "Die haben sich im Qualifying nicht so positiv ausgewirkt, sollten aber im Rennen entsprechende Wirkung zeigen. Wir hätten gerne Pole geholt, aber das ist unsere Erklärung und Hoffnung", gesteht Marko.

Mercedes zieht Red Bull auf Geraden ab

Abgesehen von der plötzlichen Balance-Änderung hatte das Silverstone-Qualifying noch eine weitere Überraschung für Red Bull parat. "Wir verlieren auf den Geraden überraschend viel", analysiert Marko.

Nachdem Red Bull zuletzt auf den Geraden den Ton angegeben hatte, wurden Lewis Hamilton und Valtteri Bottas mit den höchsten Geschwindigkeiten gemessen. Verstappen belegte in der Topspeed-Wertung nur den letzten Platz. Satte Zehn Stundenkilometer fehlten ihm.

Vor allem im ersten Sektor machte sich das das Defizit auf den Geraden bemerkbar. Hamilton fuhr dort regelmäßig deutlich schneller als Verstappen. Auf nicht einmal eine halbe Fahrminute verliert der WM-Leader dort mehr als zwei Zehntelsekunden auf den amtierenden Weltmeister.

Im 2. Training droht Langeweile

Trotzdem will man bei Red Bull das Ergebnis nicht zu schlecht bewerten. "Hamilton ist nur ein paar Hundertstel vorne, das ist schon Mal ein gutes Ergebnis für uns", meint Marko. Verstappen stimmt zu: "Wir sind nah dran, das ist okay." In der Vergangenheit war Silverstone Mercedes' Paradestrecke schlechthin. Dazu bekamen die schwarzen Silberpfeile auch noch ein größeres Update verpasst. Aber auch Red Bull brachte ein paar Kleinigkeiten ans Auto.

Longrun-Daten für das Sprint-Qualifying am Samstagnachmittag gibt es nur bedingt. Mercedes und Red Bull fuhren komplett konträre Programme. Das 2. Freie Training am Samstag könnte ebenfalls nur bedingt Aufschluss geben. "Da müssen wir uns noch überlegen, was wir da genau machen. Es kann ja nicht sein, dass wir da nur Motorlaufleistung wegnehmen. Das könnte vielleicht ein langweiliges Training werden", glaubt der Doktor.

Auch wenn am Setup nichts mehr geändert werden darf, so gibt es aber noch eine Frage zu klären: Halten die Medium-Reifen die Sprint-Distanz von 17 Runden durch? Mercedes fuhr bereits einen Longrun in diesen Dimensionen, Red Bull fehlen die Daten noch.