Valtteri Bottas ist auch vier Tage nach einem bitteren Formel-1-Rennen in Frankreich noch etwas aufgewühlt. In Le Castellet hatte der Finne das Podium verpasst, weil Mercedes in seinen Augen verkannt hatte, auf von einer Einstopp-Strategie auf eine bessere Zweistopp-Strategie zu wechseln. "Warum zur Hölle habt ihr alle nicht auf mich gehört, als ich sagte, das wird ein Zweistopprennen?", schimpfte Bottas am Boxenfunk.

Nach Debriefing, Analysen und Gesprächen mit dem Team ist Bottas noch immer nicht glücklich mit der Situation. "Das ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ich verstehe die Dinge jetzt besser. Im Auto hast du nur einen begrenzten Blick auf die Rennsituation, deshalb war es wichtig, das alles durchzugehen. Das machen wir immer und jetzt verstehe ich die Situation besser", berichtet Bottas am Donnerstag in Spielberg von den Erklärung durch Mercedes.

Valtteri Bottas: Frankreich ist und bleibt suboptimal

Vollständig überzeugt haben diese den 31-Jährigen allerdings nicht. "Es ist noch immer Fakt, dass die Situation, in der ich dort mit meinen Reifen war, suboptimal war", sagt Bottas. "Aber wir können nicht in der Zeit zurückreisen und lernen immer. Die Hauptsache nach einer Enttäuschung ist immer, dass man alles ganz ehrlich durchgeht und daraus lernt."

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Teilweise könne auch er selbst seine Lehren aus dem Rennen in Frankreich ziehen. "Als Fahrer lernst du auch in Sachen Kommunikation, Feedback und Forderungen immer dazu. Ich denke, dass ich da vielleicht direkter sein muss", gesteht Bottas und fügt lachend an: "Aber ich denke, dass sie verstanden haben, dass sie auf jeden Fall zuhören sollten!"

Bottas: Keiner weiß, was hinter den Kulissen abgeht

Das stand in Frankreich tatsächlich außer Frage. Bottas' Entrüstung am Funk musste nach dem Rennen auch Teamchef Toto Wolff kommentieren. Statt Kritik zu üben, zeigte sich der Wiener sogar begeistert. Endlich komme Bottas einmal aus sich heraus, so Wolff. "Ich bin froh, wenn es ihm gefallen hat. Aber mir hat es in dieser Situation nicht gefallen", kommentiert Bottas das Feedbeck seines Vorgesetzten. "Aber das ist Racing, das sind Emotionen. Wir sind hier nicht bei einer Teeparty, sondern in einem Spitzensport, da gibt es eben Emotion."

Bewusst habe er dieses Jahr allerdings keinen forscheren Weg eingeschlagen, betont Bottas. "Keiner kennt die Gespräche, die wir mit dem Team haben. Das ist nichts Neues. Ich versuche immer, direkt zu sein", versichert Bottas. Zu zurückhaltend sei er nicht. "Bin ich zu nett? Niemand weiß, wie ich hinter verschlossenen Türen mit dem Team arbeite", sagt Bottas auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Bottas und Mercedes: Tischtuch zerschnitten?

Frankreich führt der Finne da als gutes Beispiel an. "Ich denke, ich habe meinen Punkt im Rennen sehr klar gemacht. Aber da war es schon zu spät. Ich hätte vielleicht früher mehr Druck machen sollen. [...] Ich pushe das Team, ich versuche mein Feedback so direkt wie möglich zu geben. Wie wir jetzt arbeiten, ist in Ordnung."

Letzteres stellen manche Beobachter bereits in Frage. Den Ausbruch Bottas führen manche Experten auch auf die noch immer unsichere Zukunft des Finnen bei Mercedes zurück. "Das passiert natürlich unter Adrenalin. Besonders bei Valtteri, da ist gerade etwas Spannung dabei", sagte etwa Nico Hülkenberg bei Servus-TV.

Schumacher: Bottas weiß eh, dass er weg ist ...

So sieht es auch TV-Kollege Christian Klien: "Er hat bisher ein Seuchenjahr, die schlechteste Saison, seit er für Mercedes fährt. Teilweise war es leistungsmäßig eine Katastrophe, dann kam noch Pech dazu. Er hat auch noch keinen neuen Vertrag und spürt definitiv den Druck."

Ralf Schumacher ging bei Sky schon während des Rennens noch einen Schritt weiter. "Er weiß wohl eh, dass er weg ist. Wer solche Fehler macht, wie er, sorry - so etwas gehört nicht in die ...", sagte der TV-Experte. Später ging Schumacher auch noch auf den Funkspruch ein: "Ich wundere mich, dass er sich einen solchen Funkspruch traut, an seiner Stelle wäre ich derzeit ganz leise ..."

Bottas spricht Klartext: Annahmen völlig falsch

Davon, dass Bottas inzwischen sogar schon alles egal sein kann, will der Finne allerdings nichts wissen. Eine zerrüttete Beziehung zu Mercedes ohne Zukunftsperspektive gebe es nicht, versichert Bottas in Spielberg. "Da kann ich sehr klar sein: Die Annahmen sind völlig falsch, wir haben eine gute Beziehung. Es gibt keine Probleme", beteuert Bottas.

"Solche Situationen sind normal. Ich bin sicher, dass in der Vergangenheit nicht alle Dinge übertragen wurden. Was uns als Team so weit gebracht hat, war immer, direkt und ehrlich mit deinen Gefühlen zu sein, gerade wenn du merkst, dass man etwas verbessern kann. Das ist nichts Neues, alles ist gut."

Bottas durch ungeklärte Zukunft nicht gehemmt

Die ungeklärte Vertragsfrage will Bottas auch sportlich nicht beeinträchtigen. Immerhin habe er damit Routine. "Es ist keine neue Situation für mich. Ich bin jedes Jahr mehr oder weniger in der Lage, dass ich darauf warte, dass sich meine Zukunft klärt", erinnert Bottas. "Das ist normal für mich."

Für Bottas ist die Sachlage ganz simpel. Er müsse einfach Ergebnisse liefern. "Es sind noch 16 Rennen, das Team weiß, wozu ich in der Lage bin. Sie wissen, wie wertvoll ich in den letzten Jahren war, um die WM zu bekommen", erinnert Bottas an seine Leistungen vor dem bislang weitgehend durchwachsenen 2021. Allerdings läuft dem Finnen allmählich die Zeit davon. Mercedes würde eine Entscheidung gerne im Sommer fällen.

Wie gerufen kommt dem Finnen immerhin der Red Bull Ring. Im Vorjahr fuhr Bottas in Spielberg einen Sieg und einen zweiten Platz ein. Auch 2021 gibt es wieder zwei Gelegenheiten, sich zu zeigen. Bottas: "Ich mag diesen Ort sehr, ich erinnere mich noch an mein erstes F1-Podium überhaupt, das war hier mit Williams. Ich habe ein paar Mal gewonnen und war immer vorne dabei. Ich bin dieses Wochenende zuversichtlich. Ich sehe keinen Grund, warum ich nicht stark sein sollte!"

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