In Monaco und Baku fuhr Ferrari-Pilot Charles Leclerc noch auf die Pole Position, beim Frankreich GP musste sich der Monegasse von Williams-Pilot George Russell geschlagen geben und von Rennsieger Max Verstappen überrunden lassen.

Klar, die Charakteristik des Circuit Paul Ricard kommt dem SF21 nicht so sehr entgegen wie die der beiden Stadtkurse zuletzt und auch dort war die Scuderia im Rennen weniger stark als im Qualifying. Frankreich aber war selbst unter Berücksichtigung dieser Umstände ein extremer Ausreißer nach unten.

Von den Startplätzen fünf und sieben ging es für Carlos Sainz und Charles Leclerc sukzessive nach hinten. Das Problem: Graining. Leclerc musste als erster Pilot zum Reifenwechsel an die Box. Schon in Runde 14 waren seine Medium-Pneus hinüber. Sainz quälte sich mit seinen gelb markierten Pirellis immerhin noch bis Runde 17. Auch das mehr schlecht als recht.

Leclerc zu Zweistopp-Rennen gezwungen

Immerhin: Sainz' Nehmerqualitäten im ersten Stint sollten sich lohnen. Im Gegensatz zu Teamkollege Leclerc kam der Spanier mit einem Stopp aus. Leclerc musste als einziger Pilot neben Verstappen - wobei es beim Niederländer eher freiwillig war - zweimal zum Reifenwechsel.

"Wir wussten, dass der erste Stopp ziemlich früh war, aber wir hätten es noch immer schaffen können, wenn wir den harten Reifen besser managen können", verteidigte Leclerc seine Strategie. Die Hoffnung war schnell dahin: "Schon nach fünf oder sechs Runden auf dem harten Reifen war klar, dass es zwei Stopps werden."

Während Einstopper Sainz den roten Reifenhobel immerhin noch auf Rang elf direkt vor Williams-Pilot George Russell ins Ziel schaukeln konnte, blieb für Leclerc nur Platz 16. Lediglich Kimi Räikkönen, Nicholas Latifi und die beiden Haas-Piloten waren schlechter unterwegs.

Gegen McLaren konnte Ferrari nur ganz zu Beginn des Rennens kämpfen, Foto: LAT Images
Gegen McLaren konnte Ferrari nur ganz zu Beginn des Rennens kämpfen, Foto: LAT Images

"Es gibt nicht viel zu sagen, das war heute ein schlechtes und schwieriges Rennen für uns", gibt Ferrari Teamchef Mattia Binotto schonungslos zu. "Wir haben die Reifen einfach nicht zum Arbeiten bekommen. Deshalb haben wir keine Punkte geholt, was schon lange nicht mehr passiert ist." In der Formel-1-Saison 2021 blieb die Scuderia noch gar nicht ohne Zähler, zuletzt passierte das beim Saisonfinale 2020 in Abu Dhabi.

Binotto weiß aber: "Dieses Ergebnis hat nicht die Performance des Autos widergespiegelt." Denn im Qualifying war der SF21 hinter Mercedes und Red Bull noch Best of the Rest. Im Renntrimm fiel die rote Göttin schon oftmals zurück, so extrem war es aber noch nie.

"Wir haben bei den Vorderreifen ein sehr kleines Arbeitsfenster, bevor sie zu grainen beginnen. Da haben wir mehr Probleme als die Konkurrenz, das ist offensichtlich", erklärt Sainz. "Es ist sehr schwer, die Reifen immer genau in diesem Fenster zu haben und das haben wir heute nicht geschafft", ergänzt Leclerc.

Ferrari-Fahrer vor Rennen ahnungslos

Dabei waren beide Ferrari-Piloten nach dem Qualifying noch optimistisch. "Charles' Longrun auf den harten Reifen sah sehr gut aus", schwärmte Sainz direkt nach dem Zeittraining. Warum aber dann das Desaster am Sonntag? "Die Strecke war langsamer. Sie hatte wohl wegen des Regens zuvor weniger Grip. Deshalb sind wir mehr gerutscht und hatten stärkeres Graining", glaubt Teamchef Binotto.

Sainz stimmt zu: "Am Freitag sahen wir stark aus. Unsere Zahlen sahen gut aus, deshalb bin ich gestern Abend noch gelassen ins Bett gegangen. Ich habe aber dann schon auf den Sichtungsrunden das Auto in Kurve elf verloren. Das hat mir gezeigt, dass die Strecke in ganz anderer Verfassung war. Das darf aber keine Ausrede sein, die anderen haben es hinbekommen."

An den neuen Vorschriften von Reifenhersteller Pirelli und dem höheren Luftdruck soll es laut Binotto nicht gelegen haben: "Nein, denn die Drücke wurden nur an der Hinterachse erhöht. Wir hatten unsere Probleme auf der Vorderachse."

Regeln verhindern Ferrari-Fix

Eine kurzfristige Lösung sieht der Italiener nicht: "Dafür bräuchte es Änderungen an der Hardware, beispielsweise an den Felgen, aber das ist bei diesen Regeln nicht möglich." Abgesehen von der Aerodynamik sind die Autos für 2021 eingefroren. Die beiden Entwicklungs-Token hat Ferrari bereits im Winter ausgegeben.

"Wir müssen es aber verstehen und für nächstes Jahr ausbessern", fordert der Teamchef. "Es könnte uns auch noch auf anderen Strecken so gehen, da müssen wir uns aber so vorbereiten, dass wir das Problem zumindest abmildern können."