Alpine entwickelte sich im Verlauf der ersten sechs Saisonrennen zu einer kleinen Wundertüte. Die Pace des A521 schwankte an den verschiedenen Rennwochenenden sehr. Nach einem plötzlichen Auf in Portugal und Barcelona folgte auf den beiden Stadtkursen in Monaco und Aserbaidschan tendenziell ein kleiner Abwärtstrend.

Pünktlich zum Heim-Grand-Prix auf dem Circuit Paul Ricard in Frankreich scheint es aber wieder in die richtige Richtung zu gehen. Alpine konnte das erste Freie Training mit beiden Piloten in den Top-10 beenden, ehe Fernando Alonso und Esteban Ocon ihre Boliden im FP2 sogar auf die Positionen vier und fünf stellten. Alpine hat diesen Aufschwung erwartet, Fernando Alonso erklärt allerdings, das noch keine eindeutige Erklärung für die Schwierigkeiten der vergangenen Rennen gefunden werden konnte.

Marcin Budkowski: Landschaft passt besser zu uns als die Stadt

Nach diesem gelungenen Heimauftakt zeigt sich vor allem Alpine-Executive-Director Marcin Budkowski zufrieden und hatte für diese kleine Überraschung auch eine Erklärung parat. "Das war ein sehr guter Tag. Es ist schön, wieder auf einer klassischeren Strecke unterwegs zu sein. Ich glaube unser Auto passt besser zu dieser Landschaft als einer Stadt", so Budkowski gegenüber 'Sky'.

Diese Vermutung ist nicht unbegründet. Schließlich besitzt der Circuit Paul Ricard eine komplett andere Streckencharakteristik als der Kurs von Baku. Während dieser durch viele eher langsame 90-Grad-Kurven besticht, gibt es in Le Castellet vermehrt mittelschnelle bis schnelle Kurven mit weiten und asphaltierten Auslaufzonen.

Diese 'normaleren' Bedingungen sollen Alpine nun entgegenkommen, wie Esteban Ocon nach den beiden Freien Trainings festhält: "Es ist das, was wir erwartet und auch gehofft haben. Das Ziel war es, auf unser Performance-Level zurückzukommen, das wir auf normaleren Strecken hatten. Es fühlt sich gut an, wieder auf diesen Positionen zu sein."

Fernando Alonso lässt allerdings durchblicken, dass das Team immer noch nicht durchdringen konnte, warum Alpine zuletzt zurückgefallen war. Vor allem in Monaco hatte der Rennstall nach einem guten Wochenende in Barcelona ein besseres Resultat erwartet: "Wir haben uns alle gefragt, was in Baku und Monaco passiert ist, wir haben aber immer noch nicht alle Antworten darauf. Die Konkurrenzfähigkeit sieht hier wieder normaler aus, was ein gutes Zeichen für den Rest der Saison ist."

Fernando Alonso: Ein paar Zehntel machen den Unterschied

Obwohl Alpine bereits am Freitag einen guten Eindruck machen konnte, erklärt Alonso, dass sie noch nicht das volle Potenzial des A521 gezeigt haben: "Wir haben im FP1 und FP2 etwas experimentiert und noch keine klare Antwort, es sieht aber so aus, als würde es gut für uns laufen."

Letzten Endes zählt ohnehin, wie viel ein Team von einem positiven Training auf die entscheidenden Sessions wie das Qualifying oder das Rennen übertragen kann, zumal diese noch junge Saison bereits gezeigt hat, dass kleine Fehler im engen Mittelfeld große Folgen haben können.

Alonso stimmt sich daher auf eine arbeitsintensive Nacht ein: "Wir müssen das Setup optimieren und diese Nacht noch viele Daten durchgehen." Der Spanier führt fort: "Ein paar Zehntel ändern viel. Die Mittelfeld-Teams, die nicht alles optimieren können und keinen perfekten Samstag und Sonntag haben, werden aus den Punkten fallen."

Alpine tat sich in Monaco und Baku schwer, konnte dennoch einige Punkte sammeln, Foto: LAT Images
Alpine tat sich in Monaco und Baku schwer, konnte dennoch einige Punkte sammeln, Foto: LAT Images

Was Ocon jedoch positiv stimmt, ist, dass er und Alonso am Freitag nicht nur auf eine Runde schnell waren: "Wir waren mit beiden Autos auch in den Longruns schnell. Das war sehr solide, es zählt aber erst der Samstag." Hierbei werden nach Ansicht des Franzosen, der seinen Vertrag vor diesem Wochenende um drei Jahre verlängert hat, vor allem die hohen Temperaturen und der Umgang mit den Reifen eine entscheidende Rolle spielen.

Alonso bekommt Rückendeckung von Alpine-CEO Rossi

Die gute Pace von Fernando Alonso an diesem Freitag deutet zudem darauf hin, dass der Spanier nach schwierigen Wochen endlich in Fahrt kommt. Noch gestern hatte sich der zweimalige Weltmeister über die häufige Kritik zu seiner bisherigen Leistung beschwert. Schließlich war er seit seinem Comeback mehrfach im Q3 und in den Punkten.

Alpine-CEO Laurent Rossi schließt sich in dieser Hinsicht dem Spanier an. "Er muss sich an das Auto gewöhnen und es in jeder In- und Outlap fühlen. Er liefert immer dieselbe Performance. Er ist auf einem guten Weg. Der Grand Prix in Baku war ein Beweis dafür - es war ein sehr gutes Rennen und der heutige Morgen hat gezeigt, dass er mit einer guten Pace weitermacht", erklärte Rossi am Freitagmittag. Diese Vermutung bestätige Alonso kurz darauf im FP2.

Die größte Stärke Alonsos in der bisherigen Saison sei nach Ansicht des Franzosen vor allem dessen Konstanz. "Jedes einzelne Rennen war er in der Lage, einige sehr gute Zeiten zu drehen, die in den meisten Fällen so gut waren wie Estebans. Er hat sich etwas schwergetan, diese Runden immer und immer wieder zu wiederholen. Ich denke, das war auf eine Anpassungsphase zurückzuführen."