Michael Schumacher wurde in der Formel 1 zwischen 1996 und 2006 mit Ferrari zum Rekordweltmeister, Nachfolger Kimi Räikkönen holte den WM-Titel 2007 gleich im ersten Jahr für die Roten. Vor Schumi wie auch nach Kimi war und ist allerdings lange Zeit tote Hose. Was heute der Iceman für die Tifosi ist, war bis zur Erlösung durch Schumi im Jahr 2000 ein gewisser Jody Scheckter. 1979 holte er den Titel nach Maranello und war über 20 Jahre der Letzte seiner Art. Anlässlich seines 72. Geburtstags wirft Motorsport-Magazin.com in der History-Serie 'On This Day' einen Blick zurück auf die Karriere des Südafrikaners.

Formel 1 heute vor 72 Jahren: Do your best and f*** the rest

Der am 29. Januar 1950 in East London, Südafrika geborene Jody Scheckter galt in seiner von 1972 bis 1980 überdauernden Formel-1-Laufbahn stets als harter Hund. Seinem Motto "Gib dein Bestes und sch*** auf die anderen" wurde er von Anfang an gerecht, eckte damit aber bei den Routiniers im Feld wenig überraschend an. Seine fahrerischen Qualitäten waren dem Heißsporn jedoch vom ersten Tag an nicht abzusprechen.

Bei seinem ersten Auftritt für McLaren qualifizierte er sich 1972 in Watkins Glen auf Startplatz acht und mischte am Sonntag gleich ganz vorne mit. Im Kampf um das Podest leistete er sich bei einsetzendem Regen einen Dreher und fiel auf Position neun zurück. Die Vorstellung reichte jedoch, sich für weitere Einsätze beim Top-Team in der Saison 1973 zu empfehlen.

Bruchpilot Scheckter macht sich unbeliebt

Im Juli des Jahres machte der damals 23-Jährige den klassische 'Hero to Zero'. Beim Frankreich GP in Le Castellet trumpfte er als Zweiter im Qualifying auf und kochte Titelfavorit Jackie Stewart im Tyrrell gleich am Start ab. Scheckter behauptete die Führung bis er zwölf Runden vor der Zielflagge mit dem amtierenden Champion Emerson Fittipaldi kollidierte, woraufhin beide Fahrer ausschieden.

Der Brasilianer machte dem Youngster daraufhin in der Box eine standesgemäße Ansage von Platzhirsch zu Nobody. Scheckter entgegnete ihm, dass ihn sein Status als Weltmeister nicht interessiert und er sich auch beim nächsten Aufeinandertreffen nicht darum scheren würde. Worte, die ihn zwei Wochen später in Silverstone einholen sollten.

Jody Scheckter machte sich bei seinen Starts für McLaren 1973 keine Freunde, Foto: Sutton
Jody Scheckter machte sich bei seinen Starts für McLaren 1973 keine Freunde, Foto: Sutton

Beim Grand Prix von Großbritannien löste er eine der größten Massenkarambolagen in der Geschichte der F1 aus. Von Platz sechs aus ins Rennen gegangen, übertrieb Scheckter es am Ende der ersten Runde in der Woodcote-Passage und knallte in die Boxenmauer. Sein McLaren kam in der Mitte der Strecke zum Stehen und wurde daraufhin von den dahinter folgenden Piloten torpediert.

Neun Autos wurden in den Crash verwickelt. Brabham-Pilot Andrea de Adamich zog sich schwere Beinverletzungen zu, die seine F1-Karriere beendeten. Die Piloten lehnten sich daraufhin im Kollektiv gegen Scheckter auf. Dessen Arbeitgeber McLaren zog die Reißleine und nahm den Unruhestifter für die nächsten vier Rennen aus dem Cockpit. McLaren ließ ihn bei den letzen beiden Saisonrennen in Mosport und Watkins Glen noch einmal ran, doch für Scheckter waren es zwei weitere Nullnummern.

Scheckter zahlt Tyrrells Vertrauen zurück

Glück für den Bruchpiloten, dass Ken Tyrrell stets ein Auge auf junge Talente hatte. Als Jackie Stewart seinem Chef gegenüber schon früh in der Saison seine Rücktrittspläne ausbreitete, suchte dieser einen Nachfolger für das Auto des scheidenden Champions. Dessen Platz als Teamleader sollte sein Lehrling Francois Cevert einnehmen. Diese Pläne wurden beim Finale in den USA allerdings auf tragische Weise durchkreuzt.

Cevert verunglückte im Qualifying auf einer fliegenden Runde in den Esses tödlich. Scheckter kam mit seinem McLaren als erster Pilot zur Unfallstelle und hielt an, um dem Franzosen zu helfen und fand in den Trümmern des von den Leitplanken zerschnittenen Tyrrell ein Bild des Schreckens vor. Die direkte Konfrontation mit dem Tod läuterte Scheckter in seiner Herangehensweise an den Sport.

Beim Schweden GP 1976 bescherte Scheckter dem Tyrrell P34 seinen einzigen Sieg, Foto: Sutton
Beim Schweden GP 1976 bescherte Scheckter dem Tyrrell P34 seinen einzigen Sieg, Foto: Sutton

Im Weltmeisterteam von Tyrrell erhielt er neben dem Franzosen Patrick Depailler 1974 seine erste Chance als Stammfahrer in der Formel 1. Die ersten Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Beim Belgien GP fuhr er als Dritter erstmals auf das Podium und setzte nach diesem Durchbruch zu einer erfolgreichen zweiten Saisonhälfte an. Zwei Rennen später feierte er in Anderstorp seinen ersten von insgesamt zehn GP-Siegen. Die Saison beendete er dank eines weiteren Sieges in Brands Hatch sowie drei weiteren Podien als Dritter in der Weltmeisterschaft.

Scheckter etablierte sich mit Tyrrell an der Weltspitze, doch das Team war nicht mehr das Maß der Dinge. 1975 beendete Scheckter die Saison auf Platz sieben in der Gesamtwertung. Experimentelle Konzepten wie der sechsrädrige P34 führten Tyrrell nicht zurück an die Spitze. 1976 holte Scheckter in Anderstorp den einzigen Sieg für die kuriose Konstruktion, doch die Wege von Fahrer und Team trennten sich trotz Rang drei in der WM.

Als One-Man-Show mit Wolf im Titelkampf gegen Niki Lauda

Für 1977 stellte sich Scheckter der Herausforderung eines neuen Teams. Der kanadische Unternehmer Walter Wolf war im Vorjahr mit Kundenautos von Williams unter der Flagge Walter Wolf Racing in die F1 eingestiegen und setzte im zweiten Jahr auf ein eigenes Chassis, das von niemand Geringerem als Konstrukteur Harvey Postlethwaite designt wurde. Als Teamchef fungierte der ehemalige Lotus-Rennleiter Peter Warr.

Aufgrund der eingeschränkten Ressourcen war Scheckter der einzige Fahrer des Teams. Das Konzept ging auf. Mit drei Siegen sowie sechs weiteren Podestplätzen fuhr er im Wolf WR1 seine bis dato stärkste Saison in der Formel 1 und wurde hinter Ferrari-Pilot Niki Lauda Vizeweltmeister. Der große Durchbruch blieb im Jahr darauf dennoch aus.

Bei der Umstellung auf den Ground Effect zeigte sich das kleine Team 1978 überfordert. Der WR5 debütierte beim siebten Saisonrennen in Spanien als Antwort auf Lotus 78 & Co. Das in kurzer Zeit kopierte Konzept litt an Kinderkrankheiten. Scheckter wurde auf dem Hockenheimring trotz der Handlingprobleme Zweiter. Am 13. Rennwochenende in Zandvoort brachte Postlethwaite mit dem WR6 eine Weiterentwicklung. Scheckter erreichte bei den letzten beiden Saisonrennen jeweils das Podest und klettert durch den Schlussspurt noch auf Platz sieben in der Gesamtwertung.

Mit Walter Wolf Racing forderte Scheckter die Elite heraus, Foto: Sutton
Mit Walter Wolf Racing forderte Scheckter die Elite heraus, Foto: Sutton

Scheckter folgt dem Ruf von Ferrari

Scheckter verließ das vielversprechende Projekt, als für 1979 die große Chance bei Ferrari winkte. Ein Schachzug, der ihn in den Geschichtsbüchern der Formel 1 unsterblich machen sollte. An der Seite von Tifosi-Liebling Gilles Villeneuve ersetzte er den zu Williams abgewanderten Carlos Reutemann. Mit dem Ferrari 312T4 lieferte die Scuderia den Herausforderer für Lotus. Anders als beim Vorgänger wurde das Monocoque deutlich schlanker gestaltet, um beim Chassis mehr Platz für den Ground Effect zu schaffen.

Dies war angesichts des liegend verbauten Zwölfzylinder-Motors bei Ferrari von Beginn an ein Problem gewesen. Lotus hingegen hatte es mit dem Ford DFV durch den in V-Formation konstruierten Achtzylinder deutlich leichter, den Unterboden mit dem Venturi-Tunnel zu gestalten. Dennoch war Ferrari trotz des Nachteils beim Motor-Packaging erfolgreich, sah sich allerdings einem anderen Gegner als Lotus gegenüberstehen.

Hausherr Gilles Villeneuve im WM-Kampf geschlagen

Das Weltmeisterteam stürzte ab, woraufhin der Titelkampf zu einer Ferrari-internen Angelegenheit mit Williams-Pilot Alan Jones in Lauerstellung wurde. Scheckter setzte sich schlussendlich mit vier Punkten Vorsprung gegen Villeneuve durch. Beide gewannen je drei Rennen, doch der Kanadier hatte am Ende einen Ausfall mehr zu beklagen. Noch entscheidender war wohl Scheckters Konstanz, der zwölf Punkteresultat einfuhr, während Villeneuve nur acht Mal in die Top-6 fuhr.

Für Ferrari sollte es für lange Zeit die letzte Fahrerweltmeisterschaft sein. Auf den nächsten Titel warteten die Italiener bis zum Jahr 2000, als Michael Schumacher im fünften Anlauf mit dem Team endlich den großen Moment herbeiführte. Während der Kerpener danach noch vier weitere WM-Titel für Ferrari folgen ließ, war der Ofen bei Scheckter nach 1979 aus.

Gilles Villeneuve musste sich als Teamleader bei Ferrari geschlagen geben, Foto: Sutton
Gilles Villeneuve musste sich als Teamleader bei Ferrari geschlagen geben, Foto: Sutton

Ferrari war 1980 mit dem 312T5 nicht mehr konkurrenzfähig. Das Motorenkonzept zeigte bei der Weiterentwicklung des Ground Effects Grenzen auf, denen die Ingenieure in Maranello nicht Herr wurden. Hinzu kamen massive Zuverlässigkeitsprobleme. Villeneuve und Scheckter beendeten jeweils nur eines der ersten vier Rennen. Für den Titelverteidiger war sein fünfter Platz beim vierten Saisonlauf in Long Beach das Highlight der Saison.

Während Villeneuve Kampfgeist zeigte und vier Mal in die Punkte fuhr, schien Scheckters Motivation gebrochen. Beim vorletzten Event des Jahres in Montreal verpasste er sogar die Qualifikation. Nach dem Finale in Watkins Glen trat er aus der Formel 1 zurück und wendete sich abseits des Motorsports neuen Herausforderungen als Unternehmer zu. Nach einem erfolgreichen Business in der Waffenindustrie eröffnete er in Großbritannien eine Farm für organische Produkte. Im F1-Paddock lässt er sich seither nur zu besonderen Anlässen blicken, wie zum Beispiel dem 20. Jahrestage seines WM-Titels. Diesen feierte er 2019 in Monza mit Demorunden im 412T4.

Was sonst noch geschah:

Vor 44 Jahren: Der Grand Prix von Brasilien 1978 war in vielerlei Hinsicht eine Premiere. Nach der ersten Ausgabe im Jahr 1973 zog das Rennen vom angestammten Kurs in Interlagos ins Einzugsgebiet von Rio de Janeiro, genauer nach Jacarepagua. Ferrari-Pilot Carlos Reutemann feierte nach 63 Runden seinen zweiten Sieg in Folge auf brasilianischem Boden. Der Triumph des Argentiniers war zugleich der erste für Reifenhersteller Michelin in der Königsklasse. Lokalmatador Emerson Fittipaldi fuhr in den Farben des von ihm und Bruder Wilson gegründeten Teams Fittipaldi Automotive erstmals auf das Podest. Auf Platz sechs feierte außerdem Tyrrell-Rookie Didier Pironi das erste Punkteresultat seiner Laufbahn.