Lewis Hamilton wurde am Sonntag in Portugal mit 25,592 Sekunden Vorsprung auf Valtteri Bottas abgewunken. Damit wurde der Formel 1 wohl Schlimmeres erspart, denn nachdem Hamilton nach einer schwierigen Anfangsphase noch kurz zu straucheln schien, holte er sich kurz vor Runde 20 die Führung. Dann war er auf und davon.

Michael Schumachers Sieg-Rekord von 91 ist jetzt endgültig hinfällig. Portimao 2020 war Hamiltons 92. Triumpf, jetzt führt er in der ewigen Bestenliste allein. Dass dieses Rennen bei schwierigen Bedingungen eine seiner Glanzleistungen war, erkennt er selbst: "Manchmal frage ich mich, ich bin 35 Jahre alt, noch immer stark, aber wann bin ich über dem Zenit? Wann verliere ich Performance? Heute hat sich das nicht gezeigt."

Hamilton erlebt vertrackten Portugal-Start

Dabei hatte es in Portugal zuerst gar nicht nach so einer dominanten Vorstellung ausgesehen. Von der Pole aus gestartet bekam Hamilton seine Medium-Reifen nicht auf Temperatur - bei einem kühlen Start ins Rennen, der durch plötzlich einsetzenden Nieselregen noch komplizierter wurde.

"Die Ingenieure waren mit dem Medium so entspannt - wird hart, aber okay! Aber das war richtig schwierig!" Hamilton hatte nicht nur mit kalten Reifen, sondern auch mit seiner Startposition zu kämpfen: "Wenn du erster bist, dann bist du der erste, der auf diese nassen Stellen fährst. Wenn du Zweiter bist, kannst du ein bisschen reagieren."

Das machte sich Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas zunutze. Er schlug zu, als Hamilton in Kurve sechs einen großen Quersteher einbaute, und ging vorbei. "Ich habe mich dann gegen Valtteri nicht gewehrt. Keine Ahnung, warum ich weniger Grip hatte, aber ich wusste, dass ich da wieder hinkommen würde."

Hamilton: Ergebnis dank gewissenhafter Rennvorbereitung

Denn dann zeigte Hamilton seine Klasse auf. "Während des Rennens habe ich Runde für Runde mehr über die Strecke gelernt, neue Linien gelernt, die gut funktioniert haben. Es war mit dem Wind sehr schwer, mal Gegenwind, mal Rückenwind, aber manche konntest du für dich nutzen."

Hamilton vs. Bottas war nur in der Anfangsphase ein Duell, Foto: LAT Images
Hamilton vs. Bottas war nur in der Anfangsphase ein Duell, Foto: LAT Images

"Beim Setup habe ich wirklich den Fokus darauf gelegt - weniger für das Qualifying, mehr für das Rennen", erklärt Hamilton. "Das hat es mir heute erlaubt, besser zu sein als zuvor. Im Rennen konnte ich schneller und schneller werden, und ich musste die Pace hoch halten, um die Reifen auf der Temperatur zu halten."

Nachdem Bottas Anfangs kurz davonfuhr, begann Hamilton so die Trendwende herbeizuführen. Er pirschte sich an, wurde immer schneller, und kassierte Bottas schließlich in Runde 19 mit DRS. Dann fuhr er davon. Auf und davon. Bottas konnte weder den Anschluss halten noch danach irgendeinen Weg finden, schneller zu werden. Mehrmals drückte Hamilton die schnellste Rennrunde in der Schlussphase noch nach unten, so kam die über 25 Sekunden große Lücke zustande.

Hamilton entkommt spätem Krampf-Schreck

Obwohl zehn Runden vor Schluss dann für Hamilton noch ein kleiner Schreckmoment kam. Plötzlich hatte er einen Krampf im linken Bein: "Es sind viele Bodenwellen, deswegen ist es ziemlich hart auf dem Gaspedal. Aus der letzten Kurve raus hat es sich angefühlt wie ein gezerrter Muskel. Es hat so weh getan, dass ich vom Gas musste."

Da biss er sich durch: "Ich weiß nicht, ob das Adrenalin dann Überhand nahm, aber dann ging es. Nachher werde ich mich medizinisch versorgen lassen." Er vermutet dahinter ein Symptom von leichter Dehydrierung: "Ich habe generell nicht viel getrunken heute. Ich weiß noch, wie ich ins Auto gestiegen bin und dachte, dass ich dehydriert sein werde. Und ich trinke im Auto nie."

Hamiltons Siegeshunger bleibt erhalten

In Portugal war Hamilton also erneut der Maßstab für den Rest der Formel 1. In der WM hat er bereits 256 Punkte erreicht, Bottas hält als erster Verfolger nur bei 179. Der siebte Titel scheint nun wirklich nur mehr Formsache zu sein.

Weitergehen dürfte es für ihn danach auch, wenn man nach seinen Aussagen nach dem Rennen geht: "Es hängt davon ab, wie hoch wir die Latte hängen wollen. Aber jedes Rennen fühlt sich wie das erste an. Eine genauso große Herausforderung wie das erste. Ich glaube, da gibt es noch viel, was wir tun können." Auf- und abseits der Strecke.