Monza – das Hochgeschwindigkeits-Mekka der Formel 1: Auch wenn inzwischen drei Schikanen die Fahrer auf den langen Geraden deutlich einbremsen, hat das Autodromo Nazionale nur wenig von seiner ursprünglichen Charakteristik als Top-Speed-Kurs verloren.

Doch so eindrucksvoll Höchstgeschwindigkeiten von gut 360 km/h für Außenstehende auch erscheinen mögen – für die Formel 1-Asse stellt das Geradeausfahren bei hohem Tempo keine besondere Herausforderung dar. Als fahrerisch sehr anspruchsvoll erweist es sich allerdings, bei den geringen Abtriebswerten jeweils die Brems- und Einlenkpunkte exakt zu treffen. Und dies erweist sich als umso wichtiger, da die ideale Positionierung des Autos zum Beispiel in den Mutkurven Lesmo 1 und Lesmo 2 sowie der legendären Parabolica maßgeblich die Höchstgeschwindigkeit auf den folgenden Geraden bestimmt.

Rote Party im königlichen Park

Ein Blick auf den königlichen Park von Monza., Foto: Sutton
Ein Blick auf den königlichen Park von Monza., Foto: Sutton

Die Fans nennen den 1922 erbauten Kurs ehrfürchtig die "magische Strecke" - und das liegt nicht nur an der malerischen Lage inmitten des "Parco Reale". Nirgendwo erreichen die Formel 1-Boliden höhere Geschwindigkeiten als auf den langen Geraden von Monza, obwohl nachträglich eingefügte Schikanen wie die "Variante della Roggia" oder die "Variante Ascari" die Vollgas-Orgie inzwischen portionieren.

Noch immer gilt dieses Asphaltband als absolute Highspeed-Strecke. Erst 2002 drehte Juan Pablo Montoya am Steuer seines Michelin-bereiften Williams während des Qualifyings mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 259,823 km/h die schnellste Runde in der Geschichte der Formel 1. Ein Rekord, der in diesem Jahr eventuell verbessert werden könnte. Mit einem Spitzentempo von 372 km/h überbot der australische Michelin-Partner Mark Webber vergangene Woche bei Testfahrten in Monza bereits den bisherigen Höchstgeschwindigkeitsrekord von 369,9 km/h, 2004 aufgestellt von Antonio Pizzonia.

Dass diese irren Tempi speziell für Motoren und Bremsen eine hohe Belastung darstellen, versteht sich fast von selbst. Über Sieg oder Niederlage entscheiden in Monza jedoch die aerodynamischen Qualitäten der Formel 1-Boliden, ihre Reifen und das Potenzial des Chassis. Um den Luftwiderstand zugunsten möglichst hoher Geschwindigkeiten auf den Geraden zu minimieren, rücken die Monoposti mit den flachsten Flügeleinstellungen der gesamten Saison aus. Dies bedeutet aber auch, dass die Bodenhaftung in den schnellen Kurven wie zum Beispiel der weltberühmten Parabolica kaum noch durch aerodynamischen Abtrieb unterstützt wird. Die möglichen Kurventempi hängen mehr als sonst von der Leistungsfähigkeit der Rennreifen und dem mechanischen Grip ab, den Chassis und Fahrwerk generieren.

High-Speed mit Low-Downforce

Manche Fans genießen eine königliche Aussicht., Foto: Sutton
Manche Fans genießen eine königliche Aussicht., Foto: Sutton

Nach dem Umbau des "alten" Hockenheimrings durch den Aachener Paradestreckenarchitekten Hermann Tilke stellt das Autodromo Nazionale di Monza im königlichen Park zu Monza die ultimative Hochgeschwindigkeitsstrecke des aktuellen Formel 1 Rennkalenders dar. Die Piloten erreichen nirgends höhere Topspeeds und jagen sich auf keiner anderen Strecke mit einer solch hohen Durchschnittsgeschwindigkeit über den Asphalt wie in Monza.

Eine der wichtigsten und berühmtesten Kurven des 5,793 Kilometer langen Kurses ist mit Sicherheit die Parabolica genannte letzte Kurve vor der Start-/Zielgeraden. Diese erfordert von den Piloten höchste Konzentration, während sie mit über 340 km/h heranrasen, um dann kurz vor der lang gezogenen Rechtskurve auf 170 km/h herunterzubremsen und im gleichen Atemzug die Ideallinie strikt einzuhalten, um mit genügend Schwung auf die anschließende Zielgerade einbiegen zu können. Dabei werden die Fahrer aufgrund der Fliehkräft mit einem vielfachen ihres Eigengewichts in den Sitz gepresst und müssen beim Anbremsen teils Belastungen von bis zu 4g aushalten.

Besondere Bedeutung kommt auf der Power-Strecke in Monza natürlich der Motorleistung der jeweiligen V10 im Heck der F1-Boliden zu. Allerdings spielen auch die Reifen und Bremsen eine wichtige Rolle, da diese beim Anbremsen der vielen Schikanen stark beansprucht werden. Ein weiteres Problem stellt der relativ geringe Grip in der ersten Lesmo-Lurve sowie das damit verbundene Untersteuern dar.

Für eine ganz besondere und einmalige Stimmung sorgen in Monza jedes Jahr auf's Neue die fanatischen Ferrari-Fans, die zu Zehntausenden in den königlichen Park pilgern und dort das "Autodromo Nazionale" schon bei den freien Trainingssitzungen in ein rotes Fahnenmeer tauchen, um ihre Helden in den roten Boliden zum Sieg zu tragen...

Die Streckengeschichte

In Monza wurden mehr Grands Prix ausgetragen als auf jeder anderen Rennstrecke. Nur im Jahre 1980 fand der Große Preis von Italien nicht im königlichen Park zu Monza, sondern in Imola statt. Die Rennstrecke selbst wurde schon 1922 erbaut und liegt inmitten des königlichen Park vor den Toren Mailands. Über die Jahre hinweg wurde die Strecke vielfach umgebaut. Ursprünglich beinhaltete der Kurs auch eine Steilwand, deren Überreste noch immer besichtigt werden können.

Andere Fans suchen den königlichen Schlaf., Foto: Sutton
Andere Fans suchen den königlichen Schlaf., Foto: Sutton

Im Jahr 2001 wurde die erste Schikane stark umgebaut und auch die Schikane nach der Curva Grande erfuhr kleinere Veränderungen. Für 2002 wurde das Fahrerlager erheblich erweitert. Außerdem gibt es mit einer Hängekonstruktion über der Boxengasse ein neues Siegerpodest. Mit ein Grund für die vielen Umbauten und Verbesserungen der Sicherheitsvorkehrungen war der tragische Tod des italienischen Feuerwehrmanns Paolo Ghislimberti beim Italien Grand Prix des Jahres 2000, als dieser von einem durch die Luft fliegenden Reifen getroffen wurde...

Das sagen die Experten über Monza

Der Fahrer - Juan Pablo Montoya: "Monza wird immer ein besonderer Ort für mich sein, weil ich dort 2001 meinen ersten Formel-1-Grand-Prix gewonnen habe. Monza ist ein richtiger Hochgeschwindigkeitskurs, auf dem wir auch ausreichend testen und somit stets zuverlässige Daten haben, um die Abstimmungsfrage optimal zu lösen."

Der Techniker - Sam Michael: "Monza ist einzigartig im modernen F1-Kalender. Dominiert von langen Geraden, ein paar Schikanen und nur vier wichtigen Kurven. Mit Geschwindigkeiten von über 370 km/h im Rennen ist der Kurs der schnellste der Saison. Das Set-up verlangt das geringstmögliche Abtriebsniveau und daher spezielle Front- und Heckflügel."

Der Motorenmann - Mario Theissen: "Monza hat den höchsten Volllastanteil aller F1-Kurse und mit 1268 Metern nach Indy und Spa die drittlängste Vollgaspassage. Sie bedeutet 14 Sekunden Volllast am Stück, davon die Hälfte im siebten Gang. Bisher haben wir zu diesem GP stets den letzten Entwicklungsschritt des aktuellen Motors mitgebracht."