Lewis Hamilton kritisierte nach den ersten drei Formel-1-Rennen im Jahr 2020 die Anti-Rassismus-Kampagne des Sports. Der Mercedes-Pilot empfand die Initiative der Offiziellen als nicht konsequent genug und machte Druck auf FIA und Liberty Media. Von FIA-Präsident Jean Todt erhielt er nun eine Absage. Der Franzose lobt den Weltmeister zwar für seinen Ansatz, doch sei für diesen nur bedingt Platz in der F1.

"Unsere Organisation ist unpolitisch, so wie das Olympische Komitee, mit dem wir sehr eng zusammenarbeiten", erklärte Todt im Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP. Hamilton hatte nach dem Grand Prix von Ungarn zum Rundumschlag gegen die Formel 1 und Fahrerkollegen ausgeholt. Von Letzteren forderte er abermals den symbolischen Kniefall.

Beim ersten Rennen in Österreich hatten sich Max Verstappen, Kimi Räikkönen, Charles Leclerc, Carlos Sainz, Daniil Kvyat und Antonio Giovinazzi nicht an der Aktion beteiligt. Bei den darauffolgenden Rennen enthielten sich weitere Fahrer, darunter unter anderem GPDA-Leiter Romain Grosjean. Der Vorsitzende der Fahrergewerkschaft wurde von Hamilton dafür explizit kritisiert.

"Es gibt einige, die den Kniefall machen möchten und andere, die sich wohl nicht auf dieselbe Weise ausdrücken möchten. Das ist Freiheit und Demokratie", erteilt Todt den Forderungen Hamiltons eine Absage. "Wir müssen sicherstellen, dass diese Prinzipien in jedem Fall respektiert werden."

Hamilton hatte angekündigt, persönlich mit Todt sowie Liberty Medias CEO Chase Carey über die gegenwärtige Situation sprechen zu wollen. Im Falle des Franzosen ist dies in der Woche nach dem Rennen auf dem Hungaroring bereits geschehen. "Ich habe sehr viel Zeit für Menschen mit einem Anliegen und einem Engagement. Ich denke, dass es toll ist, wenn ein Anführer einer Sache sich einsetzt", lobt Todt den Einsatz des sechsfachen Champions.

Zwar möchte die FIA sich nicht politisch engagieren, doch Hamilton steht dies weiterhin frei. "Ich stimme voll und ganz zu, dass der Sport eine gute Plattform ist und in der Formel 1 geben wir denjenigen die Möglichkeit, die etwas zum Ausdruck bringen wollen", so Todt weiter. Die Internationale Automobilvereinigung vertrete darüber hinaus dieselben Werte: "Wir stehen als FIA schon eine sehr lange Zeit für Vielfalt und Gleichberechtigung der Geschlechter ein."

Jean Todt möchte die Werte der Formel 1 ohne politische Initiativen vertreten, Foto: LAT Images
Jean Todt möchte die Werte der Formel 1 ohne politische Initiativen vertreten, Foto: LAT Images

Ecclestone kontert Hamilton nach Verbalattacke

Nicht nur der FIA-Präsident steht dieser Tage mit Hamilton bezüglich seiner politischen Statements im Austausch. Auch Ex-Formel-1-Boss Bernie Ecclestone meldete sich in der DailyMail erneut zu Wort. Der 89-Jährige hatte sich im Juni über die Medien einen verbalen Schlagabtausch mit Hamilton geliefert. Dieser endete damit, dass der Mercedes-Pilot ihn als "ignorant und ungebildet" bezeichnete.

Ecclestone ließ dies nicht auf sich sitzen. "Lewis, du sagst ich wäre ungebildet und ignorant - ich habe denselben Schulabschluss wie du. Aber zumindest hatte ich dafür einen Grund. Ich war während des Krieges in der Schule, und zwar nicht immer unter den besten Bedingungen", schießt er zurück.

Dass er selbst aufgrund der Situation im Großbritannien der Nachzeit nicht studierte, sondern erwerbstätig wurde, sei auch Hamilton viele Jahrzehnte später zugute gekommen. "Du hast Glück, denn wär ich anständig ausgebildet worden, wäre die Formel 1 vielleicht nicht so geworden, dass du von ihr profitierst. Ich habe davon natürlich auch etwas gehabt, aber ich habe auch schon Geld verdient bevor ich in der Formel 1 war", sagt Ecclestone.

Er appelliert an Hamilton, sich nicht zu sehr auf Rassenfragen zu fixieren. "Denke nicht darüber nach, welche Farbe deine Haut hat. Denke darüber nach, welche Farbe dein Gewissen hat. Wir sind alle Menschen mit denselben Beweggründen. Wir müssen auf dieselbe Weise denken", sagt er. "Beneide andere Menschen nicht. Verbessere dich und arbeite an dir."

Der Weg zum inneren Frieden ist für Ecclestone eine Frage der Selbsterkenntnis: "Es gibt zwischen uns allen Unterschiede. Manche von uns sind kleiner, größer, dünner, dicker, sehen besser aus. Das ist es, was wir letztendlich haben. Nutze es, um Selbstzufriedenheit zu erlangen und nicht um andere zu verletzen. Wir werden alle auf dieselbe Weise geboren und so sollten wir auch leben."

Bernie Ecclestone lässt die Kritik von Lewis Hamilton nicht auf sich sitzen, Foto: LAT Images
Bernie Ecclestone lässt die Kritik von Lewis Hamilton nicht auf sich sitzen, Foto: LAT Images

Hamilton legt sich mit Andretti und Stewart an: Ignorant, enttäuschend

Ecclestone ist bei weitem nicht die einzige Persönlichkeit aus der Formel 1, mit der Hamilton eine Meinungsverschiedenheit austrägt. In der vergangenen Woche übte er auch an den Formel-1-Legenden Mario Andretti und Jackie Stewart scharfe Kritik. Andretti hatte Hamiltons Aktivismus zuvor gegenüber der chilenischen Zeitung El Mercurio in Frage gestellt.

"Ich habe sehr viel Respekt für Lewis, aber warum wird er zu einem Militant? Er wurde immer von allen akzeptiert und von jedem respektiert. Ich denke, die ganze Sache ist anmaßend. Ich habe dieses Gefühl und er erschafft ein Problem, das gar nicht existiert", so der Weltmeister von 1978.

Hamilton warf daraufhin auch ihm in den sozialen Medien fehlende Bildung vor: "Leider ist es die Realität, dass viele der älteren Generation, die heute noch eine Stimme besitzen, sich selbst im Weg stehen und nicht erkennen können, dass es ein Problem gibt. Das ist schlichtweg Ignoranz, aber es wird mich nicht davon abhalten, weiter für eine Veränderung zu kämpfen. Es ist nie zu spät, zu lernen. Und ich hoffe, dass dieser Mann, den ich immer sehr respektiert habe, die Zeit nimmt sich zu bilden."

Mario Andretti und Jackie Stewart (links u. rechts) sind die beiden ältesten lebenden Formel-1-Weltmeister, Foto: Sutton
Mario Andretti und Jackie Stewart (links u. rechts) sind die beiden ältesten lebenden Formel-1-Weltmeister, Foto: Sutton

Stewart äußerte sich weniger drastisch als Andretti, doch auch er bekam nach seiner Aussage in der TV-Sendung Good Morning Britain den Gegenwind Hamiltons zu spüren. "Und noch einer. Einfach enttäuschend", urteilte der amtierende Weltmeister auf Instagram. Stewart hatte gesagt, kein Rassismus-Problem in der Formel 1 zu erkennen.

"Ich denke, Lewis ist für viele Menschen ein tolles Vorbild. Er äußert sich stark zu diesen Themen, aber ich denke nicht, dass es ein so großes Problem gibt, wie es scheint. Es gibt keine Widerstände, sich zu ändern. Wenn jemand clever und gut in dem ist, was er macht, wird er in der Formel 1 akzeptiert", so die Aussage des dreimaligen Champions.