1. - S wie Startaufstellung
Schön nach Farben sortiert kommt die Startaufstellung zum Formel-1-Rennen in Ungarn (Start heute 15:10 Uhr, live im TV auf RTL, Sky und im Live-Stream F1 TV) 2020 daher. Von der Pole Position startet Lewis Hamilton, neben ihm steht der zweite Schwarzpfeil von Valtteri Bottas.
Hinter den beiden echten Mercedes folgen die beiden nachgebauten Vorjahresmodelle, überraschend mit Lance Stroll auf P3 im ersten Racing Point vor Sergio Perez im zweiten ‚pinken Mercedes’. Danach fast schon eine Sensation für 2020er Formel-1-Verhältnisse: Reihe drei streichen Sebastian Vettel (P5) und Charles Leclerc Ferrari-Rot.
Dahinter wird es zumindest etwas bunter. Max Verstappen startet im Red Bull nur von Platz sieben, es folgen die beiden McLaren von Lando Norris und Carlos Sainz. Dahinter hat es auch noch Pierre Gasly mit dem AlphaTauri in die Top-10 geschafft. Sensationell von P12 startet erneut George Russell - hinter Daniel Ricciardos Renault, aber noch vor dem zweiten Red Bull von Alex Albon.
2. - S wie Start
Der Hungaroring zählt traditionell zu den überholunfreundlichsten Strecken im Formel-1-Kalender. Das Qualifying gilt als halbe Miete. Dennoch warnt Polesitter Hamilton: „Das Qualifying ist nicht alles, es ist ein langer Weg bis Kurve eins.“ Bottas schmiedet bereits Angriffspläne. "Es wird wie immer ein Drag-Race zur ersten Kurve", sagt der Finne. Zumindest dem Start ist also auch in Ungarn größte Bedeutung beizumessen. 444 Meter sind es bis zum ersten Bremspunkt, vor Kurve zwei folgt eine Konterchance.
Vor allem geht es jedoch erst einmal um gute Traktion aus der Startbox - und hier wird es, anders als zuletzt beim Steiermark GP, durch ungleiche Verhältnisse in Sachen Reifen endlich wieder richtig interessant. Mercedes und Racing Point glückte im Qualifying die Mission, mit Medium in Q3 einzuziehen. Das Spitzenquartett startet somit auf härteren Reifen als der Rest vom Fest.
Dessen erster Vertreter, Sebastian Vettel, schöpft deshalb Hoffnung, sich mit Ferrari sogar nach vorne orientieren zu können. „Das sollte uns helfen, am Start mehr nach vorne zu schauen als nach hinten“, so Vettel. Zumindest neben sich sollte Vettel dennoch einen Blick werfen. Dort steht immerhin Steiermark-Startcrasher Leclerc. Groß in Sorge vor einem Déjà gab sich Vettel nach dem Qualifying allerdings nicht.
Ganz im Gegenteil zu Racing Point. Die erstmals glänzende Ausgangslage will das Teams keinesfalls so leichtfertig verspielen wie einst zu den Zeiten Esteban Ocons und Sergio Perez’. Es gilt nahezu ein Nichtangriffspakt. „Sie müssen einander Platz lassen. besonders die ersten beiden Runden sind kritisch und da müssen wir sicherstellen, dass sie nicht kollidieren", mahnt Teamchef Otmar Szafnauer. Defensive Pink Panther also - auch eine Chance für einen vielleicht aggressiven Vettel.
3. - S wie Strategie
So große Zuversicht Vettel für den Start verspürt, so zwiespältig fällt seine Prognose für den weiteren Rennverlauf aus. Wie lang geht es mit dem Soft gut? „Der erste Stint wird zeigen, wo wir stehen“, sagt Vettel. Der Ferrari-Pilot hofft auf ein ähnliches Durchhaltevermögen der weichen Mischung wie in Spielberg. „Der Soft hält vielleicht nicht so lang, aber letzte Woche ging es eigentlich“, erinnert Vettel.
Im ersten Training allerdings bereitete der Soft gleich mehreren Teams größere Probleme. Nicht ohne Grund versuchte selbst Renault, im Qualifying das Q3 mit Medium zu erreichen. Stroll jedenfalls sieht sich mit Medium nun weit besser aufgestellt. „Das bringt uns in eine gute Position, ich bin echt happy damit.“
Pirelli bestätigt diese Einschätzung. Als schnellste Variante für die 70 Rennrunden nennen die Italiener eine Einstoppstrategie mit 35-40 Runden Medium, gefolgt von 30-35 auf Soft. Den Soft-Startern rät Pirelli, etwas ungewöhnlich, sogar zu zwei Reifenwechseln. Genauer gesagt zwei Soft-Stints zu je 21 bis 25 Runden, gefolgt von einem Finale auf Medium.
4. - S wie Sommerregen
Regen prägte das bisherige Wochenende der Formel 1 im eigentlich für große Hitze berühmten Ungarn. Am Freitag schüttete es über weite Strecken heftig, auch am Samstag öffneten die Wolken immer wieder ihre Schleusen. Für den Sonntag bleibt der Wettbericht ähnlich. Pünktlich zum Rennstart am Nachmittag erreicht die Regenwahrscheinlichkeit ihr Tageshoch von rund 60 Prozent. Sogar Gewitterschauer sollen möglich sein.
Mit einer entspannten Spazierfahrt im Trockenen kann Mercedes also mitnichten Planen. Doch sah Mercedes bereits in Spielberg auch im Regen kaum minder stark aus. Anders Ferrari. "Wir hatten im Regen ehrlich gesagt ein paar Probleme", erinnert Vettel. "Das ist für uns nicht einfach.“ Da der ganz große Wurf im Trockenen für Ferrari gerade aber erst recht nicht möglich ist, setzt Vettel irgendwie dennoch auf den Regengott: „Im Nassen passiert mehr, also gibt es vielleicht mehr Hoffnung.“
5. - S wie Safety Car
Neben dem Regen bleibt einmal mehr das Safety Car eine nicht gut zu kalkulierende Unbekannte in der Rechnung. Gerade für die Soft-Starter könnte ein Einsatz von Bernd Mayländer den Unterschied machen. So wäre einer der von Pirelli empfohlenen zwei Stopps praktisch ohne großen Zeitverlust zu stemmen. Die Wahrscheinlichkeit ist Ungarn in jedem Fall gegeben. 40 Prozent beträgt die Chance auf eine Ausfahrt des Safety Cars mit Blick auf die vergangenen fünf Jahre Ungarn GP.
6. - S wie Schumacher-Rekord
Lohnend ist beim Ungarn GP auch ein Blick in die Formel-1-Statistik. Nach einem deutlichen neuen Streckenrekord für Lewis Hamilton im Qualifying, dem Einstand mit Michael Schumachers sieben Poles in Ungarn und seiner 90. Karriere-Pole insgesamt, kann der Brite auch im Rennen Geschichte schreiben.
So ganz wackelt noch kein Rekord, doch Hamilton kann einmal mehr eine Bestmarke Schumachers zumindest einstellen. Gewinnt der Mercedes-Pilot das Rennen, wäre es sein achter Sieg in Ungarn. So oft gewann auf einer Strecke bisher nur der Rekordweltmeister. Michael Schumacher gelang dieses Kunststück in Magny-Cours. Um seine Stärke auf dem Hungaroring weiß Hamilton jedenfalls ganz genau: „Ungarn ist ein gutes Jagdgebiet für mich!“
7. - S wie Sieger
Bleibt die Frage aller Fragen - wenn es überhaupt noch mehr als eine rhetorische Frage ist: Wer hat im Rennen die beste Pace, ist damit Favorit auf den Sieg? Auch, wenn wir in der Formel-1-Saison 2020 erst zwei Rennen auf ein- und derselben Strecke gesehen haben und der Hungaroring über eine völlig andere Charakteristik verfügt als der Red Bull Ring, ist die Antwort offensichtlich. Unter normalen Umständen führt an Mercedes auch in Ungarn kein Weg vorbei.
"Wir haben zwar nur wenig Daten und ein paar Fragezeichen, nachdem wir im zweiten Training nicht fahren konnten, aber wir sehen ziemlich stark aus. Unser Paket sollte im Rennen gut laufen“, sagt mit Bottas schon ein Vertreter aus dem berühmten Understatement-Lager von Mercedes selbst. Bereits am Freitag legte Mercedes mit derartigen, völlig untypischen Aussagen los. Wenn noch jemand ein Indiz brauchte, wie gut die Weltmeister wirklich sind - da war es.
Selbst der gerade im Rennen eigentlich immer zu beachtende Gegner, Max Verstappen, wirkt völlig zahnlos. Red Bull fährt in Ungarn den Erwartungen weit hinterher, hat sich trotz großer Umbauten noch immer mit dem Setup verrannt. "Wir hatten keine gute Balance in den Kurven. Außerdem fehlt uns etwas Topspeed. Das alles zusammen hat uns einfach langsam gemacht", kommentierte ein frustrierter Verstappen das Qualifying, ohne sonst übliche große Hoffnung auf eine sehr viel bessere Rennpace.
Auf die baut dafür Ferrari. Allerdings nicht - natürlich nicht - im Vergleich mit Mercedes. „Die ersten beiden sind außer Reichweite. Nicht nur auf einem anderen Planeten, sondern in einem anderen Universum“, sagt Vettel. Dahinter könnte es - gegen sein vielleicht nächstes Team in der Formel 1- umso spannender werden, geht es nach dem vierfachen Weltmeister.
„Unsere Pace sollte im Rennen okay sein. Ich denke, wir sollten in der Lage sein, mit den Racing Points mitzuhalten“, glaubt Vettel. "Das ist das Ziel", bestätigt Leclerc. Alleine mit einem Raketenstart auf Soft am Start will Vettel den Unterschied machen - weil danach auf dem Hungaroring nur schwer überholt werden könne.
Racing Point ist allerdings gewarnt, nimmt die rote Gefahr nicht auf die leichte Schulter, nur, weil sich Ferrari zuletzt alles andere als mit Rum bekleckerte. "Ferrari war hier immer gut und sie starten genau hinter uns“, warnt Teamchef Szafnauer. Auch deshalb mahnt der US-Amerikaner seine Fahrer nochmals zu teaminterner Vorsicht und ruft zum Teamplay gegen die Scuderia auf: „Wir dürfen nicht vergessen, dass das hier ein Teamsport ist und wir die größtmögliche Punktzahl erreichen müssen."
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