Der Formel-1-Auftakt 2020 in Österreich gerät für Ferrari zur absoluten Blamage. Zunächst sorgten Sebastian Vettel und Mattia Binotto neben der Strecke für Negativ-Schlagzeilen, jetzt kommt es auch noch sportlich knüppeldicke. Charles Leclerc kam als Ferrari-Speerspitze im Qualifying nicht über Platz sieben hinaus, Sebastian Vettel verpasste als Elfter sogar den Einzug ins Q3.

Der ein oder andere vermutete nach der schwachen Vorstellung beim Test in Barcelona einen Kampf um Platz vier mit Racing Point, doch die Qualifikation am Red Bull Ring hat selbst pessimistische Erwartungen unterboten. Besonders prekär wurde das Ergebnis, weil auch die Ferrari-Kunden Haas und Alfa sehr schlecht abschnitten.

Für Haas reichte es nach P5 und P11 im Vorjahr nur zu den Rängen 15 und 16, Alfa rutsche von sieben und acht gar auf 18 und 19 ab. Nach den Betrugsvorwürfen gegen den Ferrari-Motor im vergangenen Jahr und der geheimen Einigung zwischen Ferrari und der FIA im Winter lässt das Österreich-Ergebnis die Verdachtsmomente erneut aufkommen.

Die Formel 1 ist inzwischen sensibilisiert. Max Verstappen wollte in der Pressekonferenz nicht näher auf die Ferrari-Performance eingehen, nachdem er sich an diesem Thema schon 2019 die Zunge verbrannt hatte. Auch Dr. Helmut Marko, sonst dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, wollte sich zur Ferrari-Thematik nicht äußern.

Wolff: Wollen mit gleichen Regeln fahren

Mercedes Motorsportchef Toto Wolff versuchte es diplomatisch, konnte aber nicht ganz bei seiner Linie bleiben: "Ich will das nicht kommentieren, da wurde schon genug dazu gesagt. Ich will nicht über Ferrari sprechen. Da wurde schon alles gesagt und sie haben keine großartige Leistung gezeigt. Wir wollen, dass sie konkurrenzfähig sind und unter den gleichen Regeln mit uns Rennen fahren."

Nach all den Kontroversen schweigt die Formel 1 in Österreich zu diesem Thema. Hinter vorgehaltener Hand gibt es aber durchaus sehr deutliche Stimmen. Noch deutlicher sind nur die Daten.

Wurde Charles Leclerc im vergangenen Jahr noch mit dem absoluten Topspeed im Qualifying gemessen, stürzte der Ferrari-Pilot innerhalb eines Jahres in dieser Wertung vom ersten auf den letzten Platz ab. Ferrari verlor im Schnitt rund zehn Stundenkilometer Topspeed.

Die Höchstgeschwindigkeit alleine mag kein besonders guter Gradmesser für die Motorleistung sein, da zu viele verschiedene Faktoren mitschwingen. Ferrari hatte selbst angekündigt, ein anderes aerodynamisches Konzept zu verfolgen. Mehr Abtrieb würde dabei mit einem höheren Luftwiderstand einhergehen, so die offene Kommunikation.

Die Teams simulieren einen solchen Handel mit Abtrieb gegen Luftwiderstand eigentlich und was das für die Rundenzeit bedeutet. In Österreich hat Ferrari damit in der Realität keinen guten Deal gemacht.

Alle Ferrari-Teams katastrophal langsam

Neun Zehntelsekunden war Ferrari 2020 langsamer als im Vorjahr - bei gleichbleibendem Reglement, nur verschärften Motorregelungen. Alfa verlor sogar eine Sekunde, Haas immerhin sechs Zehntelsekunden. Red Bull blieb konstant, alle anderen Teams konnten sich deutlich verbessern.

Toto Wolff, der eigentlich diplomatisch bleiben wollte, konnte seinen Ärger nicht gänzlich verbergen. "Ich würde gerne jeden bei Ferrari aufmuntern, weil es eine fantastische Firma mit fantastischen Leuten ist, aber ich sehe keinen Grund, warum ich Mattia aufmuntern sollte."

Die Erklärungsversuche von Ferrari-Seite, man habe bei der Aerodynamik Aufholbedarf und wäre deshalb nicht konkurrenzfähig, kamen bei Wolff nicht besonders gut an. "Nicht Ferrari hat das kleingeredet, sondern Mattia. Ich kann mir das nicht mehr anhören", sagte der Mercedes-Mann.