1968 hielten neue, abstruse Formen Einzug in die Formel 1. Designer hatten nämlich erkannt: Aerodynamik bedeutet nicht nur, das Auto so windschnittig wie möglich zu machen. Flügel können nicht nur einem Flugzeug Auftrieb verschaffen, sondern in umgekehrter Form einem Auto Abtrieb - und damit deutlich höhere Kurvengeschwindigkeiten.

Der Ansatz war aber mehr "learning by doing". 1969 begannen die meisten Teams die Saison mit hoch über dem Auto montierten Flügeln, oft aus sehr leichtem aber fragilem Fiberglas und auf genauso fragilen mit der Aufhängung verbundenen Stelzen. Kaum jemand entwickelte aggressiver als Lotus, die zum zweiten Rennen der Saison in Montjuic am 4. Mai 1969 mit gigantischen Heckflügeln anreisten.

Jochen Rindts Lotus mit gigantischem Heckflügel, Foto: Sutton
Jochen Rindts Lotus mit gigantischem Heckflügel, Foto: Sutton

Schnell waren die Lotus 49B in den Händen von Jochen Rindt und Graham Hill jedenfalls. Rindt stellte das Flügelmonster auf Pole und übernahm am Start die Führung, Hill folgte auf Platz drei. Doch bald stellte sich heraus: Man hatte den Punkt gefunden, an dem die sensiblen Flügel-Konstruktionen den aerodynamischen Kräften nicht mehr standhielten. Zum Leidwesen der nichtsahnenden Piloten.

Hill erwischte es zuerst. In der neunten Runde kollabierte in einer Highspeed-Links auf einer Kuppe der Flügel, und sein Lotus drehte sich unkontrollierbar in die Leitplanke. Rindt folgte an der gleichen Stelle elf Runden später, hatte den gleichen Unfall - nur stand da nun bereits das wie damals üblich nicht entfernte Wrack seines Teamkollegen, das er voll mitnahm und sich überschlug. Während Hill noch unverletzt geblieben war, landete Rindt mit Gehirnerschütterung, zerkratztem Gesicht und gebrochener Nase im Krankenhaus.

Graham Hill kam noch mit dem Schrecken davon, Foto: LAT Images
Graham Hill kam noch mit dem Schrecken davon, Foto: LAT Images

Formel 1 reguliert nach Beinahe-Desaster

Im Laufe des Rennens zerlegte sich noch der Flügel an Jacky Ickx' Brabham, allerdings an einer weniger gefährlichen Stelle. Er konnte das Rennen nach einem Reparaturstopp wieder aufnehmen. Jackie Stewart feierte mit zwei Runden Vorsprung am Ende einen der dominantesten Siege der Geschichte, vor Bruce McLaren und Jean-Pierre Beltoise. Dem ewig glücklosen Chris Amon kostete einmal mehr ein technischer Defekt einen möglichen Triumph.

Jochen Rindts Auto nach dem großen Crash, Foto: LAT Images
Jochen Rindts Auto nach dem großen Crash, Foto: LAT Images

Doch zurück zur Aerodynamik. In Montjuic hatte die Formel 1 ihr Glück bis aufs Äußerste strapaziert. Flügel-Opfer Rindt verfasste danach einen kritischen offenen Brief und verdammte die Innovation. Die FIA schritt vor dem nächsten Rennen in Monaco ein, berief sich auf eine Sicherheits-Klausel und setzte dem Spuk ein Ende. Flügel mussten von nun an Teil des Chassis sein und durften sich nicht bewegen.

Was sonst noch geschah:

Vor 20 Jahren: Michael Schumacher gewinnt in Barcelona, doch das Publikum feiert einen neuen Helden: Der junge Spanier Fernando Alonso, erst in seiner zweiten Rennsaison, erklimmt auf Platz zwei das Podium.
Vor 43 Jahren: Didier Pironi dominiert den Belgien-GP in Zolder, feiert mit 47 Sekunden Vorsprung seinen ersten F1-Sieg.
Vor 76 Jahren: John Watson wird geboren. Der Brite kann auf eine solide F1-Karriere zurückblicken - 152 Starts, fünf Siege, 1982 wurde er WM-Dritter.
Vor 95 Jahren: Wolfgang Alexander Albert Eduard Maximilian Reichsgraf Berghe von Trips wird geboren. Der Adlige aus dem Rheinland begann als Crash-Pilot, schien diesen Ruf 1961 endlich abzulegen und war auf dem Weg, sich zum ersten deutschen Weltmeister zu krönen. Dann starb er in Monza, nachdem sein Ferrari in Folge eines Kontakts mit Jim Clark ins Publikum flog. 15 weitere Menschen kamen ums Leben, 60 wurden verletzt.