Formel 1, Chaos in Interlagos: Was war bei Ferrari los? (11:41 Min.)

Auch wenn Sebastian Vettel Max Verstappen und Lewis Hamilton in der Startaufstellung zum Brasilien GP trennte, das Duell zwischen Red Bull und Mercedes zeichnete sich schon vor dem Rennen ab. "Im Rennen sind wir normalerweise besser", meinte Pole-Setter Verstappen selbstbewusst.

Hamilton hielt dagegen: "Unsere Pace auf den Long Runs sah am Freitag stark aus, das zählte schon das gesamte Jahr über zu unseren Stärken. Morgen sollen die Streckentemperaturen möglicherweise auf bis zu 50 Grad steigen. Ich habe das bei meinem Setup beachtet."

Vettel spielte, nachdem er am Start auf Rang drei zurückgefallen war, schnell keine Rolle mehr. Es entwickelte sich der erwartete Zweikampf zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton. Der frischgebackene sechsfache Formel-1-Weltmeister ließ sich nicht abschütteln und blieb dem Niederländer den gesamten ersten Stint auf den Fersen.

Zwar hing Hamilton Verstappen nicht im Getriebe, doch die Undercut-Gefahr bestand permanent. Auf mehr als 2,5 Sekunden wuchs der Rückstand nie an. Als Hamilton in Runde 20 die Boxenstopps eröffnete, lag er 2,0 Sekunden hinter Verstappen.

Red Bull zog eine Runde später mit dem Reifenwechsel nach, allerdings wurde Verstappen bei der Boxenausfahrt von Robert Kubica behindert. Williams schickte den Polen zu früh wieder auf die Reise und damit direkt vor Verstappen.

Hamilton entleert Batterie in Outlap

Der Undercut und Kubica brachte Hamilton vor Verstappen. Allerdings nicht besonders lange. Schon eine Runde später drehte der Red-Bull-Pilot die Reihenfolge wieder um, hatte leichtes Spiel mit dem Mercedes. Hamilton hatte auf seiner Outlap die gesamte Batterie entladen, um vor Verstappen zu kommen. Den Preis zahlte er dann im direkten Duell.

Der zweite Stint verlief ähnlich wie der erste. Erneut auf den Soft-Reifen unterwegs fuhr Hamilton brav hinter Verstappen her. Diesmal konnte sich der Niederländer etwas mehr Luft verschaffen, konnte den Vorsprung auf immerhin drei Sekunden ausweiten. Ein entscheidender Unterschied, weil Hamilton somit nicht mehr im Undercut-Fenster lag.

Deshalb brachte der zweite Mercedes-Stopp keine Veränderung an der Spitze. Die Silberpfeile schickten ihren Weltmeister in Runde 43 auf den Soft-Reifen raus, Red Bull reagierte erneut eine Runde später. Der Abstand schrumpfte durch den Undercut etwas, doch Gefahr bestand nicht mehr.

Eigentlich hätte das Rennen so zu Ende gehen sollen - wäre in Runde 54 nicht das Safety-Car ausgerückt. Die Rennleitung musste Bernd Mayländer auf die Strecke schicken, weil sich die Bergung von Valtteri Bottas' Mercedes als schwieriger als zunächst angenommen erwies. Ein Kran musste den Silberpfeil mit der Startnummer 77 schließlich bergen.

Safety-Car-Phase wird zu Mercedes' einziger Chance

Die Safety-Car-Phase war die Chance für Hamilton. Dadurch würde es noch einen Boxenstopp zum Nulltarif geben. Doch Mercedes wartete ab, was Verstappen machte. Würde er sich frische Reifen holen, sollte Hamilton draußen bleiben. Denn: Würden beide neue Reifen holen, wäre man nicht weiter als die 53 Runden zuvor. Würde Verstappen nicht kommen, sollte Hamilton hingegen kommen, um beim Restart den Reifen-Vorteil zu haben.

Verstappen kam und so musste Hamilton draußen bleiben. Der Brite hatte zwar nun die Führung, die allerdings durfte er nicht besonders lange genießen. Obwohl er beim Restart alles in die Waagschale warf, ging Verstappen sofort vorbei. Mit frischeren und weicheren Reifen und dem besseren Topspeed hatte er leichtes Spiel.

Auch so wäre das Rennen an der Spitze wohl unspektakulär zu Ende gegangen, hätten sich nicht die beiden Ferrari gegenseitig aus dem Rennen genommen und damit für die nächste Safety-Car-Phase gesorgt.

Zwei Fehler bei einem Strategie-Call

Dann setzte Mercedes alles auf eine Karte: Diesmal würde man Hamilton zum Reifenwechsel holen, egal was passiert. "Wir dachten, wir tauschen eine Position gegen frische Reifen", erklärte Technik-Chef James Allison den Gedanken hinter dem Stopp.

"Aber das war faktisch falsch", musste Allison nach dem Rennen vorrechnen. "Denn wir hatten Gasly nicht berechnet. Wir haben zwei Plätze eingetauscht." Durch die erste Safety-Car-Phase war das Feld wieder deutlich enger zusammen. Gasly hatte zuvor schon eine Runde Rückstand, doch durch das erste Safety-Car war er wieder an der Führungsgruppe dran.

Dazu kam ein weiterer Denkfehler bei Mercedes. "Es lagen so viele Trümmer auf der Fahrbahn, dass mehr Runden hinter dem Safety-Car gefahren wurden. Das hatten wir nicht vorhergesehen, das war ein Anfängerfehler", ärgerte sich Allison.

Das Rennen wurde zwar nochmal freigegeben, allerdings blieben Hamilton nur zwei Runden. In diesen zwei Runden musste er zwei Plätze gutmachen, um überhaupt wieder auf seine ursprüngliche Position zu kommen - ohne dann am Ende etwas gewonnen zu haben. Der Plan ging nicht auf. Stattdessen kollidierte er beim Überholversuch mit Alexander Albon und kassierte schließlich noch eine Strafe dafür, die ihn zurück auf Platz sieben warf.

Allisons Urteil über die eigene Strategie ist schonungslos: "Es war einfach nur dumm." Seinen Piloten nimmt er dabei aus der Schusslinie: "Es war ganz allein unsere Schuld. Wir dachten, es wäre eine Möglichkeit." Mercedes sprach die Entscheidung zwar mit Hamilton ab, gab ihm aber falsche Informationen, weil man selbst falsche Annahmen machte. "Unser Auto war heute einfach nicht schnell genug und wir haben versucht, uns zu weit für den Sieg zu strecken - was nicht möglich war", konstatiert Allison.

Formel 1, Chaos in Interlagos: Was war bei Ferrari los? (11:41 Min.)