Der Japan GP in Suzuka war für Sebastian Vettel ein Befreiungsschlag. Der Frühstart des Ferrari-Piloten, der formal keiner war, kann dieses Fazit nicht überstrahlen. Das gesamte Wochenende auf seiner Lieblingsstrecke im Formel-1-Kalender hatte Vettel seinen zuletzt so starken Ferrari-Teamkollegen Charles Leclerc im Griff.

Ein wichtiger, lange vermisster Konter. Zum ersten Mal seit Kanada - neun (!) Qualifying-Niederlagen später also - besiegte Sebastian Vettel den jungen Monegassen endlich wieder einmal im direkten Qualifikationsduell. Mit seiner Pole Position verkürzte der vierfache F1-Weltmeister insgesamt auf 7:10.

Sebastian Vettel: Lebenszeichen im Ferrari-Duell gegen Leclerc

Hinzu kam im Rennen Platz zwei, nach Leclercs Startunfall mit Max Verstappen als Einzelkämpfer gegen Mercedes das wohl maximal mögliche Ergebnis - während Leclerc nicht nur für den Crash, sondern auch sein Weiterfahren mit unsicherem, weil beschädigtem Ferrari, Strafen kassierte.

Statistik - RennenVettelLeclerc
Rennduell87
Ø Rennplatzierung4,563,47
Bestes Rennergebnis11
Statistik - Qualifying
Q1-Aus11
Q2-Einzug00
Q3-Einzug1616
Qualifying-Duell710
Ø Qualifying-Platzierung4,714,18
Bestes Qualifying-Ergebnis11
Ø Abstand Teamkollege (Sek.)+ 0,111-
Statistik - Saison
Starts1717
Siege12
Schnellste Rennrunden22
Podien89
Top-101415
Ausfälle12
WM-Punke212221
WM-Rang53

Anders als zuletzt, sogar ganz im Gegenteil etwa zum Rennsonntag in Monza, stand nun Sebastian Vettel als strahlender Ferrari-Pilot da. Ein wichtiges Lebenszeichen, auch nach den Vorkommnissen zuvor in Russland. Dort hatte Vettel eine Ferrari-Teamorder, Leclerc vorbeizulassen, verweigert.

Probleme 2019 haben für Vettel nichts mit Leclerc zu tun

Für viele war offensichtlich: Vettel stellte sich quer, um seinem aufstrebenden Teamkollegen nicht den nächsten Erfolgsmoment zu bescheren. In Japan darauf angesprochen, winkt Vettel jedoch ab. Seine Entscheidung habe kein Stück mit steigendem Druck durch Leclercs starke Formkurve zu tun gehabt, so Vettel.

Japan GP: Warum bekam Vettel keine Strafe für den Frühstart? (15:11 Min.)

Was der Ferrari-Pilot gesteht - wer den Heppenheimer kennt ist nun nicht überrascht: Gewurmt hat ihn das jüngst klar in Richtung Leclerc ausgeschlagene Pendel durchaus. "Natürlich bin ich nicht zufrieden, wenn ich langsamer bin, ob es jetzt Training, Qualifying oder Rennen ist", sagt Vettel.

Vettel scheut Leclerc-Vergleich: F1 mehr Rennen gegen dich selbst

Doch das habe nicht speziell mit Leclerc zu tun. "Das war schon immer so, nicht nur dieses Jahr, auch in den Jahren davor", sagt Vettel. Vielmehr geht es ihm um sich selbst, sein eigenen Leistungen. "Es gibt schon gewisse Dinge. Offensichtlich habe ich dieses Jahr ja hier und da mit dem Auto gekämpft, was mir vielleicht nicht erlaubt hat, mein Bestes abzurufen", schildert Vettel. "Ich denke nicht, dass das irgendwie anders gewesen wäre wenn jemand anderes im anderen Auto gewesen wäre."

Deshalb - nicht wegen der für ihn nicht sonderlich prickelnden Bilanz - gefallen Vettel die direkten Vergleiche mit dem 22-jährigen Shootingstar nicht. Ohnehin geht es für Vettel in der Formel 1 vorrangig nicht um das teaminterne Duell, sondern den Kampf mit sich selbst.

"Charles macht einen sehr guten Job, aber generell glaube ich, dass es in erster Linie ein Rennen gegen dich selbst ist - und erst dann gegen die anderen", meint Vettel. "Und in der Hinsicht habe ich wie gesagt damit gekämpft, das herauszuholen, von dem ich weiß, dass ich es in mir habe."

Leclercs Stärke sieht Vettel eher als Chance denn als Gefahr für seinen Status im Ferrari-Team. Zur Nummer zwei degradiert fühle er sich ohnehin nicht, so Vettel. "Und es ist gut, dass er eine echte Referenz ist. Besonders in Zeiten, in denen ich etwas zu kämpfen hatte, das Maximum aus mir selbst und dem Auto zu holen. Denn das kann dir auch helfen", sagt Vettel. "Für das Team ist es auch gut, zwei Fahrer zu haben, die auf der Strecke um dasselbe Stück Boden kämpfen."

Härtester Teamkollege? Vettel verweigert Leclerc Prädikat

In Sachen Vergleiche scheut Vettel unterdessen nicht nur den seiner selbst mit Leclerc, sondern auch einen Vergleich des Monegassen mit seinen bisherigen Teamkollegen in der Formel 1. Das Prädikat 'härtester Teamkollege seiner Karriere' will Vettel dem Youngster jedenfalls nicht zugestehen. "Ich denke nicht, dass das so hinkommt. Das ist etwas zu verkürzt", sagt Vettel, reflektiert.

Team für Team: Die Tops & Flops vom Japan GP 2019 (13:00 Min.)

"Sicherlich. Er ist jung, er ist sehr schnell. Ich denke nicht, dass das jemand bezweifelt", so Vettel weiter. "Aber am Ende kannst du es nicht richtig vergleichen, denn du müsstest Mark [Webber], Kimi [Räikkönen], Daniel [Ricciardo], Vitantonio [Liuzzi] und [Sebastien] Bourdais zum selben [Karriere]-Zeitpunkt ins selbe Auto stecken. Also ist es nicht gerecht", erklärt Vettel sein Missfallen für derartige Vergleiche.

Vettel weiter: "Aber ganz sicher ist er in Sachen rohen Speeds sehr schnell. Aber es ist noch früh, es ist erst seine zweite Saison in der F1. Es ist ganz anders mit Kimi oder Mark gewesen, die jede Menge Zeit in der F1 waren und sehr viel mehr Erfahrung hatten. Deshalb betrachte ich das gar nicht."