Doppelsieg und trotzdem unter Beschuss - das kann es nur bei Ferrari geben. Obwohl die Scuderia den ersten Doppelsieg der Singapur-Geschichte überhaupt feierte, gab es nach dem Rennen Kritik an der Strategie.

Es geht um die Reihenfolge, in der Sebastian Vettel und Charles Leclerc den ersten Ferrari-Doppelsieg seit Ungarn 2017 einfuhren. "Ob 1-2 oder 2-1 - es war ein Ferrari-Doppelsieg", entgegnet Teamchef Mattia Binotto den Kritikern.

Doch auch dem Italiener war natürlich nicht entgangen, wie Sebastian Vettel in Runde 21 die virtuelle Führung übernommen hatte, die eigentlich Charles Leclerc gehörte. Der Monegasse führte das Rennen an und kontrollierte die Pace an der Spitze.

Dann holte Ferrari in Runde 19 Vettel an die Box, der zu diesem Zeitpunkt auf Rang drei lag. Eine Runde später kam auch Leclerc, doch da war es bereits zu spät. Vettel hatte seinen eigenen Teamkollegen mit einem Undercut überholt.

Ferrari wirft eigene Regel über den Haufen

Die Aufregung ist deshalb so groß, weil in der Formel 1 normalerweise der besser platzierte Fahrer Vorrang bei der Strategie hat. Wenn ein Undercut möglich ist, kommt der bessere der beiden in der Regel als erster an die Box. Sonst wäre die schlechtere Position ein strategisches Geschenk - wie in diesem Fall.

"Normalerweise hat bei uns auch das vordere Auto Vorrang", gesteht Binotto und erklärt: "Das sind unsere normalen Regeln. Aber in diesem Fall wollten wir Charles nicht zuerst stoppen, denn er hat das Rennen angeführt und wäre im Verkehr rausgekommen."

Doch warum holte man dann Vettel? "Verstappen war bereit zu stoppen, das wussten wir", entgegnet Binotto. Verstappen fuhr zu diesem Zeitpunkt direkt hinter Vettel, hatte aber schon spürbar Probleme mit seinen Pneus.

"Die beste Option, Sebastians Position gegen einen Undercut von Verstappen zu verteidigen war es, Sebastian auch zum Stopp zu holen", so Binotto. "Damit haben wir auch sichergestellt, dass die Pitcrew für einen Stopp von Charles in den nächsten Runden frei war. Es war das richtige Timing für Sebastian, darüber gibt es keine Diskussion. Und als Folge war es auch das richtige Timing, Charles eine Runde später zu holen."

Binotto: Haben über Platztausch nachgedacht

Aber warum wurden dann Positionen getauscht, wenn alles nach Plan lief? "Der Undercut war stärker, als wir ihn erwartet hatten", erklärt Binotto. "Es waren 3,9 Sekunden. So einen großen Unterschied hatten wir nicht erwartet. Wir dachten, dass Charles vorne bleibt, wenn er eine Runde später kommt. Sebastian ist aber gut gefahren und hat dadurch 3,9 Sekunden rausgeholt."

Trotzdem hätte Ferrari anschließend noch die Möglichkeit gehabt, die Positionen zu tauschen. "Ja, wir haben darüber nachgedacht", verrät Binotto. "Aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es richtig ist, die Positionen nicht zu tauschen." Der Italiener verspricht: "Wir werden auch noch mit den Fahrern darüber diskutieren, ob es richtig war, nicht zu tauschen."

Insgesamt versucht der Teamchef keine große Sache aus der Strategie mache: "Das Team ist größer als ich, größer als jeder Einzelne. Ich freue mich für die Jungs, denn wir haben einen Doppelsieg geholt."