Lewis Hamilton unterstütze unmittelbar nach dem Formel-1-Rennen in Kanada die heiß diskutierte Strafe für Sebastian Vettel. Die Stewards entschieden seiner Ansicht nach dem Reglement entsprechend richtig. Der Weltmeister betrachtete die Szene aber nicht nur aus dem Blickwinkel der Regelhüter. Als Rennfahrer stärkte er Vettel wie so oft den Rücken.

"Ich habe mir das Replay angeschaut. Es war natürlich sehr eng. Aber was ich sagen kann ist, dass wenn ich in Führung liegend so einen Fehler gemacht hätte und weit gegangen wäre, ich wahrscheinlich dasselbe getan hätte. Es geschieht alles so schnell und du versuchst einfach nur deine Position zu halten", zeigt Hamilton Verständnis für die Aktion Vettels in der 48. Runde des Rennens.

Der Mercedes-Pilot trennt Regelwerk und Racerherz in diesem umstrittenen Fall ganz klar. Und Letzteres hätte auch ihn dazu verleitet, alle Register zu ziehen. "Wenn ich sage, dass ich dasselbe tun würde: ich hätte auch versucht ihn abzudrängen", gibt Hamilton offen und ehrlich zu. "Aus Sicht des Fahrers ist es anders als aus Sicht eines Zuschauers."

"Wenn für dich als Fahrer etwas schief läuft, denkst du "verdammt" und versuchst dich breit zu machen damit du deine Position nicht verlierst. Das ist der natürliche Instinkt, den wir haben. Du wirst nicht sagen: oh, ich fahre am besten mal links ran und lasse ihn verdammt nochmal vorbei."

Hamilton ändert Meinung über Strafe nicht

Dass Vettel damit gegen das Reglement verstieß, rechtfertigt für ihn letztendlich als einziges die Strafe. "Das ist es, was letztendlich passiert ist. Meine Meinung darüber hat sich also nicht geändert", stellt Hamilton klar, der noch im Boxenfunk den Regelverstoß mit einer Nachricht an sein Team mehr oder weniger angezeigt hatte.

"Für gewöhnlich ist dein erster Instinkt oft der richtige, würde ich sagen", so Hamilton, dessen Instinkt bei der späteren Begutachtung der Szene nur bestätigt wurde: "Ich schaute mir die Wiederholung und meine Daten an, die zeigten, dass ich am Ausgang von Kurve vier bremsen musste. Da war eine Gefahr, und wenn ich das nicht getan hätte, wären wir kollidiert. Ich sehe das nicht im Geringsten anders."

Anderes Reglement, andere Situation

Wäre das Reglement anders ausgelegt, hätte die Situation einen anderen Ausgang nehmen können: "Wenn die Regeln nicht so wären und ich draufgehalten hätte, hätten wir einen Unfall gehabt. So oder so wäre es übel ausgegangen. Aber er hat mich blockiert und ist leider auch auf der Strecke abgekommen. Und so steht es in den Regeln."

Mercedes-Teamchef Toto Wolff gab sich wie immer diplomatisch. "Es ist sehr schwer für die Stewards, die Regeln so zu interpretieren, dass alle zufrieden sind. Ich denke in diesem Fall ist es ein 60:40. Aber was wir nicht machen dürfen, ist die Stewards unter Druck zu setzen, so dass sie in Zukunft Schwierigkeiten haben Entscheidungen zu treffen. Wir brauchen beständige Entscheidungen. Manchmal sind sie in deinem Sinne, manchmal geht es gegen dich", meint der Österreicher.