Daniel Ricciardo kommt bei Renault in der Formel-1-Saison 2019 immer besser in Fahrt. Das Qualifying für den Grand Prix von Kanada war für den Australier zweifelsohne sein bisheriger Höhepunkt in Gelb. Ricciardo feiert den vierten Startplatz und rechnet sich für das Rennen in Montreal einiges aus.

"Eigentlich muss ich gerade mal zu Helmut [Marko] gehen. Das muss ich auskosten solange ich kann!", lacht Ricciardo angesichts der Tatsache, dass er beide Autos seines Ex-Arbeitgebers Red Bull im siebten Zeittraining des Jahres hinter sich gelassen hat. "Die zweite Startreihe ist echt super."

Dass es mit dem Q3 erneut klappen könnte, hatte er nach den Trainings auf dem Plan. Doch erst nach dem K.o. des ehemaligen Teamkollegen leckte Ricciardo Blut: "Als Max draußen war, wussten wir, dass wir eine echte Chancen haben. Gasly war im Q2 nur vier Zehntel schneller als ich und ich war mit meiner Runde nicht so glücklich. Also wusste ich, dass da noch Zeit drin war."

Ricciardo will Top-Teams im Rennen aufmischen

Schaut man auf Renaults bisherige Vorstellungen, dürfte der Honey Badger am Sonntag aber nicht allzu lange etwas von seinem süßen Triumph über Red Bull haben. Doch Ricciardo strotzt nach seinem Befreiungsschlag mit Renault nur so vor Optimismus. Er will Red Bull auch im Rennen ärgern, wie er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com ankündigt.

"Ich denke, wir haben auf jeden Fall eine Chance. Ich weiß nicht genau, wie ihre Longruns waren. Aber ich denke, wenn wir für unsere Verhältnisse eine gute Rennpace haben, können wir es schaffen. Du kannst hier zwar überholen, aber es ist was das angeht nicht der einfachste Kurs. Wenn ich die Pace halten kann und die Reifen in den Stints gesund bleiben, können wir eine Chance haben, in den Top-5 zu bleiben."

Eine gewagte Zielsetzung, bedenkt man, dass Ricciardo in Monaco als fünfter innerhalb von zehn Runden über 20 Sekunden auf die Spitze verlor und dabei einen Zug von über zehn Autos anführte. Diesmal soll es aber anders laufen. "Ich erwarte einen guten Start und erstmal in die Top-3 vorzustoßen, um etwas TV-Zeit zu bekommen. Und dann sehen wir mal" , lacht er.

Dieses vielleicht nicht ganz ernst gemeinte Vorhaben rührt daher, dass er im Gegensatz zu den drei Piloten vor ihm auf Soft statt auf Medium startet: "Ich bin mir sicher, dass der Mediumreifen zum Zug kommen wird wenn der Soft einbricht. Das ist der Punkt, an dem wir smart sein müssen. Ich denke, wir können im ersten Teil des Rennens mitspielen. Das kann interessant werden."

Ricciardo fühlt sich im Renault endlich zuhause

Interessant wird es für Ricciardo mit Renault an jedem Wochenende ein bisschen mehr. Nachdem der 29-Jährige zu Saisonbeginn oft etwas verloren schien und mit dem R.S.19 fremdelte, fühlt er sich in seiner neuen Umgebung mittlerweile heimisch. "Ich hatte das erwartet. Ich erwarte immer sehr viel von mir selbst. Ich hatte gehofft und gewusst, dass es kommen wird. Aber natürlich gab es viel zu lernen", erklärt er.

Zu Beginn haderte er vor allem damit, seinen Fahrstil nach fünf Jahren bei Red Bull auf das vollständig andere Konzept umzustellen. Mit der Erwartungshaltung dasselbe Griplevel wie in einem Red Bull zu haben, war Ricciardo lange Zeit zu aggressiv unterwegs. Mittlerweile haben sich Pilot und Auto zu einer Einheit gefügt.

"Ich habe mehr Selbstvertrauen, und mein Ingenieursteam ist auch immer näher an 100 Prozent. Ich will natürlich nicht 100 Prozent sagen, da es immer Luft nach oben gibt. Aber es sieht im Vergleich zum Saisonbeginn schon viel besser aus."

Das zeigt sich vor allem in der Vorbereitung aufs Wochenende. "Wir haben das Auto das gesamte Wochenende kaum angefasst. Wenn du ins Wochenende gehst und sie [die Ingenieure] schon wissen, was du vom Auto möchtest und was dir gefällt, zeigt das, dass das Verständnis zwischen uns sehr gut ist. Es gibt mir Vertrauen, ein Auto zu fahren, das ich kenne", sagt der siebenfache Grand-Prix-Sieger.

Renault zumindest in Montreal ein Hauch von Red Bull

In Kanada, wo er 2014 seinen ersten Sieg in der Königsklasse eroberte, spürte er schon fast die Qualitäten eines Red Bulls: "Es gibt hier viele schnelle Schikanen und Kerbs. Das sind die Dinge, bei denen wir versuchen, genau so gut zu sein wie Red Bull. Und das war heute schon gut. Kerbs, Anbremsen, das Verhalten auf den Bodenwellen. Wir haben seit Melbourne viel geschafft."