Lange hielt sich in den heiligen Hallen von Hinwil eine Formel-1-Legende um Robert Kubica und seinen ersten Sieg in Diensten von BMW Sauber 2008 in Kanada. Rechtzeitig zum ersten Auftritt des Polen in Montreal seit seinem Comeback mit Williams grub die Presseabteilung von Alfa Romeo die Champagner-Story von vor über zehn Jahren wieder aus - und die ist frei erfunden, wie Kubica klarstellt.

"Wer auch immer sich die Geschichte ausgedacht hat, war 2008 nicht hier", schmunzelt der 34-Jährige. Die Legende dreht sich um eine ungeöffnete Champagnerflasche des Grand Prix von Kanada 2008, welche in Hinwil ausgestellt ist. Kubica soll im Siegestaumel vergessen haben sie zu öffnen, weshalb sie als einzige der 27 Champagnerflaschen im Sauber-Werk noch verkorkt ist.

"Unsere Presseleute haben mich auch danach gefragt, weil sie es für die Pressemitteilung wollten. Ich habe auf Google gesucht und ihnen einen Screenshot zurückgeschickt", lacht Kubica, dessen Champagnerdusche nach dem Premierensieg natürlich aus allen erdenklichen Winkeln von Fotografen und den Fernsehkameras eingefangen wurde. "Die Geschichte ist also ein bisschen anders."

Dass die Legende über die Flasche im Sauber-Werk existierte, wusste Kubica bis zu diesem Wochenende nicht einmal: "Ich habe das zum ersten Mal gehört. Ich habe dann aber auch nicht gefragt, denn ich wusste, dass es nicht wahr ist. Aber ich freue mich für die Leute [in Hinwil], denn viele die jetzt bei Alfa arbeiten, waren damals mit mir hier."

Kubicas Champagnerflasche nur eine Fälschung

Doch woher kommt dann die ungeöffnete Champagnerflasche? BMW bestand damals offenbar darauf, dass eine der Flaschen zu Ausstellungszwecken ungeöffnet bleibt. Diese landete dann auch im Museum der Bayern, während Sauber sich von der Formel 1 ein Replikat anfertigen ließ. "Ich hoffe, dass sie eines Tages mehr Champagnerflaschen von Siegen haben werden als nur meine", grinst Kubica.

Der Pole fuhr dreieinhalb Jahre für die Schweizer in der Formel 1 und hat seinen alten Arbeitgeber in guter Erinnerung: "Ich wünsche ihnen nur das Beste. Sauber hatte gute Jahre und auch schwierige Zeiten, aber sie haben sich immer zurückgekämpft und es hat gezeigt, wie stark und zusammengeschweißt ihre Gruppe ist."

Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Kanada GP (10:35 Min.)

Montreal-Rückkehr stimmt Kubica nicht sentimental

Dabei sich zurückzukämpfen ist auch Robert Kubica an diesem siebten Rennwochenende seines Formel-1-Comebacks. Acht Jahre ist es her, dass er auf seiner Schicksalsstrecke in der Formel 1 fuhr. 2007 hatte er auf dem Circuit Gilles-Villeneuve den schlimmsten Unfall seiner F1-Laufbahn, ein Jahr später folgte mit dem Triumph der Höhepunkt.

"Es stimmt, dass Kanada ein Ort ist - ohne emotional zu sein - den ich immer genossen habe. Wahrscheinlich, weil ich das Streckenlayout immer gemocht habe und hier gerne gefahren bin", sagt Kubica. Dass die Gefühle von damals für den Pragmatiker im Jahr 2019 keine Rolle mehr spielen, überrascht kaum.

"Das Gefühl außerhalb des Autos spielt keine Rolle. Was zählt ist, was im Auto passiert", stellt er klar. "Es sind viele Jahre vergangen und die Formel 1 hat sich verändert. Meine Stimmung ist hier zwar gut, aber hoffen wir, dass sie auch gut bleibt nachdem ich das Auto gefahren bin."

Robert Kubica fährt in seiner zweiten Formel-1-Karriere erstmals wieder in Montreal, Foto: LAT Images
Robert Kubica fährt in seiner zweiten Formel-1-Karriere erstmals wieder in Montreal, Foto: LAT Images

Kubica vor schwierigem Wochenende: Kein FP1 und kein Topspeed

Die Rückkehr nach Montreal wird Kubica am Freitag durch Williams-Entwicklungsfahrer Nicholas Latifi erschwert. Der kanadische Formel-2-Pilot und Milliardärssohn übernimmt im 1. Freien Training den FW42 des Polen. "Es wird entscheidend sein, wie die Situation für mich nach dem verpassen FP1 ist. Es ist wichtig, sofort ein gutes Gefühl zu haben wenn ich im zweiten Training einsteige", so Kubica.

Dass mit dem Williams auf der Powerstrecke mehr gehen könnte als an den bisherigen Wochenenden, glaubt er allerdings nicht. "Wir sind auf den Geraden nicht die Kings, würde ich sagen", macht er sich keine Illusionen. Williams' einstige Stärke ist längst nicht mehr: "Unser diesjähriges Auto hat auch mit dem Topspeed Probleme."