Stoffel Vandoorne galt vor wenigen Jahren als kommender Formel-1-Weltmeister. Der Großen Preis von Italien 2018 könnte jedoch der letzte in seiner einst so verheißungsvolle Karriere sein. Nach den kürzlichen Bewegungen auf dem Fahrermarkt ist längst nicht sicher, dass er auch beim Finale in Abu Dhabi noch im Auto sitzen wird. Seine Karriere hat Schlagseite erlitten. Die Aussichtslosigkeit nagt am Belgier, der von seinem eigenen Team und Stallgefährte Fernando Alonso entzaubert scheint.

"Diese zwei Jahre mit McLaren waren wohl die schlimmsten die ich je hatte", resümiert Vandoorne gegenüber Motorsport-Magazin.com. Dabei hatte mit seinem Einsatz als Ersatzfahrer für den verletzten Alonso beim Bahrain GP 2016 alles so vielversprechend begonnen. Nachdem er im Qualifying seinen etablierten Teamkollegen Jenson Button schlug, holte er im Rennen gleich seinen ersten WM-Punkt.

Vandoorne klagt an: McLaren-Performance lässt mich schlecht aussehen

2017 zeigte er eine schwache erste Saisonhälfte, kam dann aber doch noch in die Gänge. Daran anzuknüpfen gelang ihm dieses Jahr jedoch nicht. Im teaminternen Duell gegen Alonso liegt er mit 13:0 zurück. Lediglich acht Zähler sammelte Vandoorne, während Alonso mit 44 Punkten längst enteilt ist. Ein Umstand, der den 26-Jährigen nicht sonderlich gut aussehen lässt. Er sieht es allerdings anders.

"Vielleicht war ich im Qualifying noch nicht vor Fernando, aber ich denke ich war sehr, sehr nahe dran", beteuert Vandoorne. "Das ist wichtiger als mal Glück zu haben und vor ihm zu landen. Ich bevorzuge es ohnehin, auf der Rundenzeit in einem gewissen Bereich an ihm dran zu sein." Abgesehen davon glaubt er, dass die Performance von McLaren ihn noch schlechter aussehen lässt.

"Vorne sind die Abstände [zwischen den Teamkollegen] genauso, aber niemand redet darüber wenn sie auf den Plätzen eins und zwei fahren, egal wie der Abstand aussieht", so Vandoorne, der sich deutlich näher an Alonso sieht. "Ich denke, es wird alles etwas übertrieben, weil wir nicht konkurrenzfähig sind." Sollte er 2019 weiter Formel 1 fahren, müsste er sich in jedem Fall gegen einen anderen Piloten beweisen. Neues Spiel, neues Glück?

"Ich denke nicht, dass das fair wäre. Die Realität ist, dass ich jetzt gegen Fernando im Team fahre, also ist er meine Messlatte", will sich Vandoorne nicht herausreden, fügt aber gleichzeitig an, dass es kaum schwerer werden kann: "Er ist wahrscheinlich die höchste Messlatte, die ich je haben werde." Etwas, das auch seinen Rückstand erklären soll: "Fernando ist wahrscheinlich am ehesten daran gewöhnt, unter schwierigen Bedingungen Rennen zu fahren."

Vandoorne im Dilemma: Was soll ich aber tun?

Teaminterner Vergleich hin oder her, mit dem McLaren hält Vandoorne seit seinem Einstieg in die Formel 1 nicht die schärfte Waffe in seinen Händen. Während andere Piloten wie Lewis Hamilton oder Max Verstappen sofort oder schon nach kurzer Zeit mit Top-Material unterwegs waren, klebt Vandoorne am Ende des Feldes fest. Selbst McLarens CEO Zak Brown gab vor einigen Wochen zu, dass McLaren Vandoorne mit den Boliden der Jahrgänge 2017 und 2018 das Leben nicht leichter gemacht hat.

"So läuft es in der Welt der Formel 1", will sich Vandoorne nicht den Kopf über Hypothesen zerbrechen. "Es geht alles um das richtige Timing, im richtigen Moment im richtigen Auto zu sitzen. Meine Situation ist natürlich unglücklich, aber ich kann daran nicht wirklich etwas ändern." Fast scheint es so, als ob ein Neustart bei einem anderen Team ihn am ehesten zurück in die Spur bringen könnte.

Vandoorne will sich mit McLaren durchbeißen

"Darüber denke ich ehrlich gesagt nicht nach", so Vandoorne zu Motorsport-Magazin.com. Er möchte aus der Krise bei McLaren lieber eine Erfolgsgeschichte machen. "Ich würde es gerne mit McLaren schaffen. Wir machen eine schwere Zeit durch, aber die Belohnung wäre umso schöner, wenn wir es zusammen schaffen könnten wieder zu gewinnen. Wenn du zusammen kämpfst und es dann zurück an die Spitze schaffst, ist das viel schöner."

Allzu viel Zeit McLaren von sich zu überzeugen bleibt Vandoorne nicht. Vertragsgespräche stehen für ihn im Moment aber ohnehin nicht im Fokus. "Wir reden nicht wirklich über die Zukunft. Im Moment gibt es jeden Tag neue Geschichten und Änderungen auf dem Fahrermarkt. Ich bin auf McLaren fokussiert aber natürlich wüsste ich lieber früher als später Bescheid."

In Monza dürfte das einzige Ziel sein, endlich den ersten Punktsieg gegen Alonso zu erringen - denn gegen die Konkurrenz wird McLaren auf der Highspeed-Rennstrecke wohl erneut auf verlorenem Posten kämpfen. "Ich denke nicht, dass es dieses Wochenende irgendwelche Wunder gibt. Es wird sich hier nicht viel ändern, wir haben keine neuen Teile am Auto, die einen drastischen Einfluss auf die Performance haben könnten."

Wie so oft scheint Chaos die einzige Hoffnung McLarens zu sein. "Am Freitag soll es definitiv regnen. Im Qualifying vielleicht nicht, was schade wäre. Aber in jedem Fall wäre ein verregneter Freitag gut, denn so hätte niemand eine Möglichkeit auf trockener Strecke zu testen, bevor es ins Zeittraining oder ins Rennen geht. Davon könnten wir nur profitieren", glaubt Vandoorne.