Die Formel 1 hat für 2019 Änderungen am aerodynamischen Reglement auf den Weg gebracht. Vereinfachter Frontflügel und Bremskanäle sowie tiefere Heckflügel und ein effektiveres DRS sollen enges Racing erleichtern, mehr Überholmanöver bringen. Im Rahmen des Spanien GP in Barcelona erklärte sich die FIA erstmals detaillierter als in der recht groben Aussendung zu den Änderungen.

"Wir gehen rund ein Drittel des Weges von 2016 auf 2017 wieder zurück", sagte FIA-Technikchef Nikolas Tombazis zu Motorsport-Magazin.com. Heißt: Die neu adaptierten Regeln wirken sich auch auf die Performance aus. Eine bis eineinhalb Sekunden langsamer sollen die Autos in der F1-Saison 2019 deshalb werden.

Sebastian Vettel irritiert von Hin und Her bei Regeln

"Ist das Fakt?", wundert sich Sebastian Vettel, angesprochen auf das Thema. "Das finde ich etwas komisch. Schon 2009 haben wir die Richtung eingeschlagen, weniger Aerodynamik für besseres Racing zu machen. Das hat aber nicht viel verändert, finde ich. Und dann haben wir wieder gesagt, dass die Autos zu langsam sind, bringen wir also mehr Aerodynamik und machen sie breiter, spektakulärer", erinnert der Ferrari-Pilot.

Für Vettel zu viel hin und her, vor und zurück: "Das Feedback aller Fahrer darauf war: 'Vielen Dank, spektakulär, so hätten wir es gerne, herausfordernder, sodass du uns nach dem Rennen erschöpfter siehst.' Und jetzt wollen wir sie wieder langsamer machen? Das ist in etwa so, als wolle man Amerika durchqueren und ändert dabei dann 100 Mal die Richtung."

Lewis Hamilton fordert: Hört die Fahrer an

WM-Rivale Lewis Hamilton sieht es ganz ähnlich, ergänzt sogar noch einen Aspekt. "Wir haben eine unfassbare Technologie. Wir sollten wenigstens so schnell sein wie dieses Jahr und nur das Racing besser machen", fordert der Weltmeister. Er halte also nicht gerade viel von der Prognose für 2019. "Es wird sowieso keinen Unterschied machen. Wenn du uns drei Sekunden oder eineinhalb langsamer machst, dann wird das das Racing kein Stück besser machen", meint Hamilton.

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Was den Formel-1-Superstar zusätzlich stört: Dass immer wieder dieselben Entscheider ihre Meinung durchdrücken. "Es sind jedes Mal dieselben Leute, die die Entscheidungen treffen, dieselbe Gruppe. Ist das unbedingt das Beste?", gibt Hamilton zu bedenken. "Wir sollten die Entscheidungen treffen", fordert der Brite.

Sebastian Vettel: Fragen und Zuhören zwei Paar Schuhe

Sebastian Vettel stimmt zu. "Ich denke, man sollte uns (die Fahrer, Anm. d. Red.) fragen, was wir zum Überholen brauchen. Wir sind die Fahrer. Das heißt nicht, dass wir alles wissen. Wir wissen nichts darüber, ein Auto zu bauen, aber wir wissen, wie sich die Autos anfühlen, wie man sie fährt und was ihre Limitierungen beim Überholen sind. Sie müssen nur zuhören", kritisiert Vettel.

"Aber wir werden ja nicht gefragt. Wenn, dann nur um diese Sache abzuhaken. Aber fragen und zuhören sind zwei verschiedene Dinge. Ich weiß, dass jeder für sein eigenes Interesse streitet, aber diese Entscheidungen - keinem Fahrer gefällt es wenn die Autos langsamer werden. Wenn sie 1,5 Sekunden langsamer werden ... hilft das dann wirklich? Ich denke, es gibt ein paar Änderungen, die du an der Aero vernehmen kannst und die das Überholen erleichtern würden ohne dass die Autos langsamer werden."

Todt versichert offenes Ohr; Ricciardo will direkt gefragt werden

Die FIA weist den Punkt des Deutschen und des Briten zurück. "Ich will die Schlagzeile Todt vs. Vettel verhindern", schickt FIA-Präsident Jean Todt seiner Antwort voraus. Deshalb schießt der Franzose auch nicht zurück, verteidigt sich nur. "Ich habe mein ganzes Leben auf die Fahrer gehört, sie sind eingeladen sich zu beteiligen", so der Franzose. Ein Beispiel sei Halo: "Den habe nicht ich erfunden. Sie sind auf mich zugekommen und haben gesagt, sie fühlen sich nicht sicher", erinnert Todt. "Jeder Fahrer, der mich sehen will, egal ob vorne oder hinten in der Startaufstellung, kann das innerhalb von 48 Stunden tun." Noch dazu mache die von Hamilton angesprochene Gruppe einen erstklassigen Job, habe genau analysiert, auch in Absprache mit den Teams."

Bewusst zu sein scheint die Gesprächsbereitschaft Todts jedoch nur den wenigsten. Das zeigt nicht nur Vettels verblüffte Reaktion auf das Thema. Noch dazu sehen nicht nur Vettel und Hamilton ihre Meinung nicht ausreichend respektiert. "Wir sollten gar nicht nachfragen müssen", widerspricht etwa Daniel Ricciardo Todt in seinem letzten Punkt, immer ein offenes Ohr zu haben. "Sie sollten uns fragen. Denn wir fahren und sollten direkt einbezogen werden", meint der Red-Bull-Pilot. "Zumindest sollte erst unsere Meinung angehört werden. Wir sollten aus erster Hand gefragt werden", ergänzt Ricciardo - nicht nur über die Schaltstelle des Teams also. Denn das vertrete in der Regel wieder einen ganz anderen Standpunkt.

Fahrer fürchten um irres Gefühl

Doch das passiert offenbar nicht. Ricciardo wusste gar nichts von Regeländerungen, genauso wenig Haas-Fahrer Kevin Magnussen. Endlich im Bilde sieht auch der Däne keinen Sinn in den Änderungen. "Es sind unnötigen Regeländerungen für nächstes Jahr. Das fühlt sich so an wie etwas, dass nicht die gewünschte Wirkung bringen wird. Und die letzten drei Rennen waren sowieso fantastisch."

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Deshalb machen sich einige Fahrer Sorgen. Sorgen, etwas von dem großen Spaß, den sie aktuell in den schnellsten Boliden der Formel-1-Geschichte haben, wieder hergeben zu müssen. "Vor vier Jahren war die Pole-Zeit 1:25 irgendwas. Gestern war es 1:16. Einfach unglaublich wie viel schneller die Autos in vier Jahren geworden sind", so Toro Rossos Pierre Gasly vor dem Rennen in Barcelona. "Sie sind toll zu fahren. Für uns Fahrer ist es so: Je schneller es ist, desto besser. Im Qualfiying-Trimm kannst du so spät bremsen und so viel Speed mitnehmen. Das macht so viel Spaß", schwärmt der Franzose.

Ricciardo & Verstappen widersprechen: Racing wichtiger als Speed

Zumindest in diesem Punkt gibt es jedoch auch gegenteilige Meinungen. "Für mich geht es nicht darum, überall Rekord aufzustellen. Es ist besser, ein gutes Rennen zu haben und eineinhalb Sekunden langsamer zu sein als nur hintereinander her zu fahren", meint Max Verstappen. "Wenn ich mir eines der beiden aussuchen könnte, würde ich lieber etwas langsamer fahren und würde racen, statt schnell zu fahren und nicht zu racen", bestätigt Teamkollege Ricciardo.