Mit einer beeindruckenden Vorstellung im Qualifying in Suzuka meldete sich Lewis Hamilton nach der Niederlage in Malaysia zurück. Der Brite brannte für seine Pole eine echte Wunderrunde in den Asphalt, unterbot den alten Streckenrekord von Michael Schumacher um fast zwei Sekunden und gab Ferrari eine ordentliche Denkaufgabe mit. Valtteri Bottas verzeichnete ebenfalls einen Aufwärtstrend und wurde Zweiter. Ein Getriebewechsel am Freitagabend wirft den Finnen jedoch um fünf Plätze nach hinten.

Die Probleme aus Malaysia? War da mal was? Scheint nicht so, vielmehr gerät Hamilton nahezu ins Schwärmen. "Es ist unglaublich, mit diesem Auto hierher zu kommen. Dieses Auto gehört zu den großartigsten überhaupt, wenn es nicht das großartigste ist", sagte der Brite. Für Hamilton war es die erste Suzuka-Pole überhaupt, damit hat er nun auf jeder Strecke, die aktuell im Kalender steht, mindestens einmal den ersten Startplatz erobert.

"Immer wieder hatte ich hier Probleme mit der Balance, insgesamt lief es einfach nie für mich", blickte er zurück. Dieser Fleck auf seiner Weste wurde nun beseitigt, ein großes Lob richtet er dabei aber auch an sein Team. "Das Team war in so unglaublicher Form. Das sind sie immer, aber es hat heute einfach perfekt geklappt. Ich bin exakt zur richtigen Zeit in der richtigen Lücke herausgefahren und konnte meine Runden abliefern. Danke an alle für ihre harte Arbeit", sagte Hamilton.

Über die Gründe, warum es bei Mercedes stets auf und ab geht, ist man sich bei den Silberpfeilen selbst noch nicht im Klaren. "Eine Erklärung haben wir natürlich mit den Reifen. Wenn es kühl ist, tun sich unsere Reifen am Auto deutlich leichter", sagte Aufsichtsratschef Niki Lauda bei Sky. Anders als noch im tropischen Malaysia bewegten sich die Temperaturen in Suzuka nur bei etwa 20 Grad. "Aber das ist nicht allein der Grund. Wir müssen weitersuchen und alle Puzzlesteine finden, um die Performance von heute weiterziehen zu können", so Lauda weiter.

Vorausgegangen sei intensive Arbeit in der Fabrik in Brackley, um nach der beinahe schon Schmach von Malaysia die gewohnte Performance wieder an den Tag legen zu können. "Ein paar Sachen, die man gefunden hat, wurden heute auch ausprobiert. Wie man sieht, in die richtige Richtung. Wir haben immer noch nicht alle Antworten, aber die ersten zwei, drei", erklärte der Österreicher.

Bei Mercedes herrscht Zufriedenheit, Foto: Sutton
Bei Mercedes herrscht Zufriedenheit, Foto: Sutton

Ähnlich äußert sich auch Laudas Landsmann Toto Wolff, der noch nicht in endgültige Feierstimmung verfallen will. "Wir haben in Malaysia viel gelernt, auf die daten geschaut und haben sie analysiert. Wir dachten dann, Wege gefunden zu haben, um das Auto zu optimieren, vor allem beim Setup. Das hat sich als richtiger Weg herausgestellt. Nichtsdestotrotz zeigen sich extreme Schwankungen, aber nicht nur für uns, auch für andere Teams", sagte Wolff.

Bottas meldet sich stark zurück

Wie gut der Mercedes aber wirklich lief, wurde besonders an Valtteri Bottas deutlich. Während Hamilton ohnehin als Qualifying-Monster gilt, der auf eine Runde seine berüchtigte "Hammertime" problemlos aus dem Ärmel schütteln kann, ist Bottas abhängiger von der Leistungsfähigkeit des Boliden. Rang zwei im Qualifying von Suzuka, vor Sebastian Vettel, unterstreicht die Verbesserung der Silberpfeile - auch wenn Bottas erneut chancenlos gegen Hamilton war bei über drei Zehnteln Rückstand.

"Wir waren immer zur richtigen Zeit auf der Strecke und in den perfekten Lücken. Alles lief einfach sehr glatt, weshalb ich mich alleine auf das Fahren konzentrieren konnte", sagte Bottas. Der Finne verschaffte seinen Mechanikern am Vormittag noch ungewollte Zusatzarbeit, als er im dritten Training in die Leitplanke rutschte. "Sie haben es richtig gut zusammenbekommen, es hat perfekt funktioniert. Danke dafür", wandte sich Bottas an seine Mechaniker.

Toto Wolff sieht Bottas nun wieder auf einem guten Weg aus seiner Formkrise heraus, gab es doch nicht nur den Vorfall am Vormittag. Auch in Q1 hätte er beinahe sein Auto verloren. Doch Bottas präsentierte sich eiskalt. "Er hätte danach aus der Spur geraten können, aber er hat zurückgeschlagen und nun ist es für ihn wichtig, morgen ein gutes Rennergebnis einzufahren, um das Selbstvertrauen zurückzubekommen", so Wolff.

Trotz einiger Ausritte war Bottas rechtzeitig zur Stelle, Foto: LAT Images
Trotz einiger Ausritte war Bottas rechtzeitig zur Stelle, Foto: LAT Images

Bottas setzt auf andere Strategie

Seine Strafversetzung hilft ihm dabei nicht zwingend. Da auch Kimi Räikkönen bestraft wurde, geht es für Bottas aber immerhin nur bis auf Rang sechs zurück. Und für das Rennen haben er und Mercedes sich etwas Besonderes ausgedacht. Bottas startet auf den soften Reifen und damit auf dem härteren Reifen als Hamilton, Vettel und die beiden Red Bulls. Dieselbe Strategie wandte Vettel in Malaysia an, und auch Räikkönen versucht es in Suzuka damit. Der Vorteil: Bottas kann einen vermutlich deutlich längeren ersten Stint fahren.

Dass er nun vor seinem Landsmann steht, ist für Bottas daher ganz wichtig. "Wir haben in etwa dieselbe Strategie, daher habe ich nun die Oberhand. Aber wir werden sehen, wie ihre Rennpace ist, es wird ein langes Rennen", ist sich Bottas bewusst. Und auch Lewis Hamilton hat die rote Konkurrenz aus Maranello noch nicht abgeschrieben. "Ferrari war im letzten Rennen sehr schnell, daher wird es interessant sein, ihre Pace zu sehen", ist der Brite gespannt.

Helfen würde Mercedes wohl Regen oder zumindest kühleres Wetter. Denn die Korrelation aus warmem Wetter und Vorteil Ferrari zieht sich durch die gesamte Saison. "Wir haben ein paar Regentänze", sagte Toto Wolff scherzhaft. "Die Hitze ist ein Punkt, der uns in Malaysia Probleme bereitet hat. Er spielt in unseren Gedanken eine Rolle, das ist nicht optimal für unser Auto", weiß der Motorsportchef.