Lewis Hamilton hat den 14. Saisonlauf der Formel-1-Saison 2017 gewonnen. In einem völlig turbulenten Großen Preis von Singapur siegte der Mercedes-Pilot am Ende souverän und feierte seinen siebten Saisonsieg. Für Hamilton war es zudem der insgesamt 60. F1-Erfolg.
Unfall: Sebastian Vettel crasht mit Räikkönen & Verstappen
Überschattet wurde der Hamilton-Sieg jedoch von einem Massencrash gleich am Start unter Regenbedingungen. Der Unfall beförderte Polesitter Sebastian Vettel, Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen und Red Bulls Max Verstappen sofort, Fernando Alonso nach einigen Runden wegen zu großer Schäden, aus dem Rennen (siehe Abschnitt "Der Start").
Somit gelang es Hamilton durch seinen dritten Sieg beim Singapur GP einen gewaltigen Big Point im WM-Kampf gegen seinen Ferrari-Rivalen Vettel zu setzen - und das ausgerechnet beim Angstrennen Nummer eins der Silberpfeile.
"Das ist das unglaubliche am Sport, dass wir heute in der Früh nur von Schadensbegrenzung gesprochen haben und dann der unglaubliche Unfall alles dreht, wir mit P1 und P3 aus Singapur gehen und den Vorsprung ausbauen", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bei Sky.
Das Podium: Hinter Lewis Hamilton überquerte Daniel Ricciardo die Ziellinie als Zweiter - das vierte Singapur-Podium in Folge für den Australier. Dritter wurde Hamiltons-Teamkollege bei Mercedes, Valtteri Bottas.
Das sagen Hamilton, Ricciardo & Bottas zum Singapur GP
Lewis Hamilton: "Ich muss meinem Team gratulieren. Fantastischer Job, mit Platz eins und Platz drei hier oben zu stehen. Ganz wichtig fürs Team. Gestern hatten wir noch zu kämpfen und heute hatten wir natürlich Glück mit der Situation mit den Ferrari. Es tut mir leid für sie, aber für uns ist es ein tolles Ergebnis. Daniel hat auch einen tollen Kampf geliefert, aber ich hatte gehofft, mit Sebastian zu kämpfen. Aber ich bin echt dankbar."
Daniel Ricciardo: "Ich kann dieses blöde Ding einfach nicht gewinnen. Ich versuche es immer, aber … Wir hatten heute einfach nicht die Pace wie gestern, um den Mercedes zu schnappen."
Valtteri Bottas: "Natürlich war es jetzt für uns eine gute Schadensbegrenzung. Einfach weil wir Glück hatten. Aber das Auto lief heute auch eigentlich ganz gut. Es sind jetzt noch genug Rennen zu fahren, da bieten sich mir sicher noch Gelegeheiten. Sebastian ist das nächste Ziel."
Die Punkteränge: Carlos Sainz, Sergio Perez, Jolyon Palmer, Stoffel Vandoorne, Lance Stroll, Romain Grosjean und Ocon.
Das Rennen von Nico Hülkenberg und Pascal Wehrlein: Ein starker Singapur GP von Nico Hülkenberg wurde erst von einer schwachen Strategie seitens Renault beeinträchtigt, dann von einem technischen Defekt sogar vollständig beendet. Pascal Wehrlein beendete den von zahlreichen Ausfällen geprägten Singapur GP auf P11 und sammelte als einziger Fahrer im Ziel keine Punkte.
Hamilton setzt Big Point im WM-Kampf gegen Vettel
Der WM-Stand: In der Fahrerwertung setzt sich Lewis Hamilton (263) sechs Rennen vor Saisonende erstmals seinerseits deutlich ab: 28 Punkte liegt der Mercedes-Pilot nun vor Ferraris Sebastian Vettel (235). Der Deutsche spürt zudem auch wieder von hinten den kühlen Finnen-Atem des Valtteri Bottas (212): 23 Punkte trennen den zweiten Mercedes-Mann von Vettel. In der Konstrukteurswertung führt Mercedes durch den Ferrari-Doppelausfall nun mit gefühlt uneinholbaren 102 Punkten Vorsprung auf die Scuderia.
Formel 1: Die WM-Wertungen nach Singapur
Das Wetter: Überraschung von oben in Singapur. Wenige Stunden vor dem Rennen öffnete plötzlich der Himmel seine Schleusen, setzte den Marina Bay Street Circuit unter Wasser. Bis zum Rennen schien der ganz große Regen zwar aufzuhören, doch tröpfelte es gelegentlich weiter. Zum Start prasselte es dann plötzlich noch einmal kurz, aber heftig. Entsprechend war der Asphalt feucht und rutschig, sodass die Reifenwahl am Start entweder auf Intermediate oder Regenreifen entfiel.
Der Start: Regenschauer am Start! Niemand startete auf Slicks. Die Top-6 nahmen das Rennen mit Intermediates auf, dahinter wechselte es munter hin und her zwischen den Inters und vollen Regenreifen. Die wichtigste Botschaft aber: Kein Safety Car, ein normaler F1-Start!
Und der hatte es in sich: Kimi Räikkönen erwischte einen sehr guten Start, zog sofort links neben Max Verstappen. Sebastian Vettel allerdings zog von rechts rüber - hatte Räikkönen hinter Verstappen offenbar nicht gesehen - sodass Verstappen keine Wahl blieb, als Vettel nach links auszuweichen. Doch dort war noch Räikkönen. Crash!
Räikkönen und Verstappen kegelte es sofort aus dem Rennen, dabei räumten sie auch noch Fernando Alonso ab, der trotz halben Überschlags aber weiterfahren konnte. Vettel drehte sich wenig später auch noch, nachdem ihm Räikkönens Ferrari in Folge der Kollision mit Verstappen in den Seitenkasten gekracht war, riss sich auch noch den Frontflügel ab. Ebenfalls das Aus für den Polesitter!
"Es ist bitter. Ich habe gesehen, dass er am Anfang ein bisschen Boden auf mich gutmachte und ich wollte in der ersten Kurve ein bisschen die Kurve zumachen", schildert Vettel bei Sky seine Sicht der Dinge. "Ich habe gesehen, dass er etwas neben mir war, aber mehr habe ich nicht gesehen." Zu Schuldfrage bei RTL: "Weiß nicht, ich habe es noch nicht gesehen. Ich war überrascht, dass Kimi von der Seite kam. Der muss ja auch noch daneben gewesen sein. Aber man hat nicht viel gesehen."
"Ich hatte einen guten Start, dann wurde ich getroffen und das Rennen war vorbei", so derweil Räikkönens trockene Analyse bei RTL. "Es ist egal, wer es ausgelöst hat. Das Ergebnis ist entscheidend." Verstappen dagegen sah die Schuldfrage bei RTL ganz eindeutig: "Das ist eine für die zwei Ferrari. Aber ich kann glaube ich verstehen, dass Seb Kimi nicht gesehen hat."
Der Re-Start: Lewis Hamilton führte das Feld beim Re-Start nach vier SC-Runden vor Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg an. Dahinter lag Sergio Perez. Hamilton und Ricciardo fuhren Intermediates, Hülkenberg und Perez Regenreifen. Dahinter überholte Jolyon Palmer - ebenfalls mit Regenreifen - Valtteri Bottas (Intermediates).
Der zweite Re-Start: Friedlich. Keine Attacken, alle Piloten hielten ihre Positionen.
Der dritte Re-Start: Erster Re-Start mit Trockenreifen und sofort war es spannender als bei den beiden ersten. Doch Hamilton behauptete souverän die Spitze, Bottas allerdings machte Druck auf Ricciardo. Zum Angriff kam es jedoch nicht.
Die Zwischenfälle: In Runde 11 crashte Toro Rossos Daniil Kvyat in Kurve sieben heftig in die Reifenstapel, ein klassischer Verbremser. Das nächste Safety Car, das einige Fahrer zum Reifenwechsel nutzen. Währenddessen plötzlich eine kuriose Szene: Stoffel Vandoorne überholte Felipe Massa - wohl gemerkt unter Safety Car! Auf den ersten Blick erstaunlich gab es jedoch keine Untersuchung - offenbar, weil es sich direkt am Boxenausgang ereignet hatte, Vandoorne sich eher behauptet hatte als zu überholen. In Runde 15 wurde das Rennen wieder aufgenommen.
In Runde 17 dann bereits die nächste haarige Angelegenheit: Felipe Massa wehrte sich mit Händen und Füßen gegen Kevin Magnussen, der Williams und der Haas berührten sich leicht, schrammten nur hauchdünn an einem schlimmen Crash vorbei. Doch auch dieser Vorfall blieb ohne Untersuchung. Damit nicht genug: In Runde 38 der nächste Einschlag in die Mauern. Diesmal hatte es Saubers Marcus Ericsson erwischt. Kurz vor Kurve 13 drehte sich der Schwede und blockierte die halbe Strecke - das nächste Safety Car. Kaum wieder gestartet fand sich Kevin Magnussen im Notausgang wieder - diesmal jedoch kein Einschlag.
Die Strategien: In der Anfangsphase war der Singapur GP aus strategischer Sicht vor allem eine Frage von Intermediates oder Regenreifen. Hamilton und Ricciardo bestritten an der Spitze den ersten Stint mit Intermediates, dahinter folgte mit Hülkenberg, Perez und Palmer ein Trio mit Full Wets. Bottas dahinter fuhr mit Intermediates. Ein weiteres Safety Car in Runde 11 nutzte Ricciardo sofort, um noch einmal frische Intermediates zu holen. Auch Renault wechselte - allerdings eine Runde zu spät, was Hülkenberg und Palmer (nun ebenfalls auf Inters) Zeit und Positionen gegen Bottas und Carlos Sainz kostete.
Trotz gebrauchter Reifen zog Lewis Hamilton Daniel Ricciardo daraufhin wie schon nach dem ersten Re-Start auf und davon. Allerdings trocknete die Strecke jetzt zügig ab, nach dem zweiten Safety Car waren nur noch Felipe Massa und Pascal Wehrlein mit Regenreifen unterwegs. In Runde 18 gab Rennleiter Charlie Whiting schließlich das DRS frei - jetzt warteten alle nur noch auf die ersten Wechsel auf Slicks.
In Runde 25 war es so weit: Kevin Magnussen machte das Versuchskaninchen, auch Felipe Massa holte Utrasofts. Sofort setzte das Duo starke Rundenzeiten, hatte keine Probleme in Sachen Grip. Entsprechend reagierte die Spitze. Als Erster wechselte der viertplatzierte Sainz, allerdings auf Supersoft. Etliche Verfolger zogen nach, allerdings mit Ultrasofts. Einen Umlauf später dann auch Ricciardo, Bottas, Hülkenberg und Perez an der Box, auch die weichsten Reifen. Zuletzt kam auch Hamilton zum Reifenwechsel auf die ultraweichen Pirelli.
Der stoppbereinigte Stand nach 30 Runden: 1. Hamilton, 2. Ricciardo, 3. Bottas, 4. Hülkenberg, 5. Sainz, 6. Perez (Sainz Supersoft, Rest Ultrasoft). Die Top-3 waren dabei durch große Sekundenpolster voneinander getrennt, Hülkenberg allerdings hing Bottas im Getriebe, genauso Perez Sainz.
Große Frage nun: Würde es noch weitere Reifenwechsel geben? Und: Würde das Rennen überhaupt über die volle Distanz gehen? Mercedes jedenfalls rechnete mit einem wegen des Zeitlimits von zwei Stunden drei Runden kürzeren Singapur GP.
Doch schon kurz darauf war all das durch den Ericsson-Crash wieder über den Haufen geworfen: Der dritte Einsatz von Bernd Mayländer neutralisierte das Rennen abermals. Renault nutze das SC für einen Stopp, doch arbeiteten die Mechaniker auch am Boliden von Hülkenberg. Offenbar ein Problem am Renault - ganz bitter! Hülkenberg wurde bis auf P10 durchgereicht, musste später sogar abstellen.
Interessant: Nach dem dritten Re-Start wies Mercedes Hamilton an, nicht erneut davon zu ziehen, um im Fall eines weiteren Einsatzes des Safety Cars niemandem die Lücke für einen Stopp zu öffnen. Doch Hamilton fühlte sich damit nicht wohl, hielt den Vorsprung allerdings diesmal konstant bei nur vier Sekunden. Doch ohnehin gab es keine Zwischenfälle mehr. Ein turbulenter Singapur GP ging immerhin geregelt zuende.
Die Ausfälle: Nach dem Unfall am Start war das Rennen bereits nach einer Kurve für drei Top-Piloten beendet: Vettel, Verstappen und Räikkönen konnten nicht mehr weiterfahren. Nach acht Runden musste schließlich auch Alonso abstellen - zu groß der Schaden aus dem Startcrash. "Ich habe leider nicht viel gesehen, alles ist innen passiert. Ich war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort", sagte Alonso bei Sky. "Dumm .. denn wir hatten uns bei diesen Bedingungen etwas ausgerechnet. Es wäre nicht nur ein Podium drin gewesen, es geht darum, ob wir hätten gewinnen können." p>
In Runde 11 war auch für Danill Kvyat nach Abflug in die Banden Feierabend, in Umlauf 38 aus demselben Grund für Marcus Ericsson. In Runde 50 musste schließlich Nico Hülkenberg seinen Renault mit einem technischen Defekt abstellen, einen Umlauf später erwischte es auch Kevin Magnussen.
Die Analyse: Es sagt sich von selbst: Ganz dicker Rückschlag statt Big Point für Sebastian Vettel. Lewis Hamilton hätte in Singapur aus eigener Kraft nie gewonnen. So bekam er den Sieg auf dem Präsentierteller geschenkt. Allerdings setzte der Mercedes-Pilot das Geschenk auch mit einer blitzsauberen Musterleistung perfekt um. Ganz anders Sebastian Vettel, der allerwenigstens eine Mitschuld am Startcrash trägt. Ob der Unfall weitere Folgen für Vettel in Form von Strafen nach sich ziehen wird, entscheiden die Stewards nach Rennende. Setzt es eine Gridstrafe für Malaysia, würde der WM-Titel für Vettel in ganz weite Ferne rücken.
Die Top-Facts des Rennens
- Hamilton baut mit Sieg WM-Führung massiv aus
- Vettel/Verstappen/Räikkönen crashen schon am Start raus
- Auch Alonso abgeschossen: out!
- Erster Singapur-Start im Regen
- Kvyat/Ericsson crashen in Bande: Beide draußen
- 3 Safety-Car-Einsätze für Bernd Mayländer
- Nico Hülkenberg vom Pech verfolgt: Defekt am Renault
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