Was können wir nach acht Rennen in dieser Saison überhaupt noch Neues an einem Grand Prix Wochenende lernen? Eine ganze Menge, möchten wir behaupten. Schließlich hat Flavio Briatore die wichtigste Lehre schon am Donnerstag erkannt: "Die Formel 1 Saison 2005 ist großartig!"

Die Lehre vom Zement

Noch am Donnerstagmittag wurde in der letzten Schikane des frisch asphaltierten Circuit Gilles Villeneuve fleißig zementiert. Was an sich keine allzu großen Bedenken bereiten sollte, bekam am Samstagmorgen einen etwas schaleren Beigeschmack, als plötzlich in diversen Kurven des Kurses Ausbesserungen sichtbar wurden, welche über Nacht durch neue Zementflecken eingebaut wurden. Noch schlechter wurde die Meinung über die kanadische Handarbeit, als die geflickten Asphaltstücke schon kurz darauf wieder aufbrachen...

Wertarbeit à la Montreal: The FIA is watching them..., Foto: Sutton
Wertarbeit à la Montreal: The FIA is watching them..., Foto: Sutton

Die Lehre von den Fans

Viel beeindruckender als die kanadischen Asphaltierer waren die kanadischen Formel 1 Fans. Dass die Formel 1 Montreal liebt, war schon vor dem Rennwochenende bekannt. Doch dass Montreal auch die Formel 1 liebt, ist spätestens seit den bereits am Freitag gefüllten Tribünen klar. Leider wurden die Fans im ersten Training nur mit dem altbekannten Rundengeiz für ihr Kommen 'belohnt'...

Die Lehre vom Ventilator

Seit Red Bull ein Lichtschwert anstelle des normalen Lollipops einsetzte, rücken die bislang eher ein Schattendasein fristenden Gerätschaften in den Mittelpunkt der Marketingstrategen. So bekommen die Sauber-Piloten eine Certina-Uhr vor die Nase gehalten und dürfen die Ferrari-Stars sich in einer Art Rückspiegel begutachten. Im Freien Training hätten die Ferrari-Mechaniker den verspiegelten Lollipop am besten auch noch einmal vor die Airbox halten müssen, denn darin hing noch ein roter Ventilator als Rubens Barrichello sich auf die Strecke begab...

Auch in Montreal sorgte der Red Bulletin für viel Unterhaltung., Foto: Sutton
Auch in Montreal sorgte der Red Bulletin für viel Unterhaltung., Foto: Sutton

Die Lehre vom Qualifying

Es war von Anfang an klar, dass mit der Rückkehr nur noch eines Einzelrunden-Qualifyings unter Rennspritbedingungen die Boxenstrategien wieder in den Mittelpunkt rücken und die Startaufstellung verwässern würden. Demzufolge durfte es eigentlich niemanden überraschen, dass nicht wie erwartet McLaren und Renault um die Pole Position kämpften und so die Fans um ein Pole-Duell der Titelanwärter gebracht wurden. Dafür erstanden hingegen Jenson Button und Michael Schumacher dank leichterer Autos wie Phönix aus der Asche. Des einen Regelleid ist also doch des anderen Regelfreud.

Die Lehre vom Speed

Nein, nicht die Lehre von Scott Speed. Sondern die Lehre von der Geschwindigkeit. Und wer glaubt, dass man in der Formel 1 nur für zu schnelles fahren in der Boxengasse, wie etwa David Coulthard am Nürburgring, viel Geld bezahlen muss, der irrt sich gewaltig. Auch für 14 Minuten Verspätung zur FIA-Pressekonferenz hagelt es 5.000 Dollar Strafe - selbst für finnische WM-Kandidaten.

Die Fans wurden für ihr Kommen belohnt., Foto: Sutton
Die Fans wurden für ihr Kommen belohnt., Foto: Sutton

Die Lehre von der Hymne

Wer während der kanadischen Nationalhymne weiterarbeitet und den zum auftanken in der Box bereit stehenden 2005 von Rubens Barrichello unbeaufsichtigt stehen lässt, der muss damit rechnen, dass der Wagen plötzlich vom Wagenheber springt...

Die Lehre vom Mitleid

Als Kimi Räikkönen am Nürburgring in der letzten Runde mit einem Aufhängungsschaden ausfiel, erntete er das Mitleid des gesamten Fahrerlagers. Beinahe genauso viel Mitgefühl bekam zuletzt Michael Schumacher zu spüren, dem fast ein jeder seinen ersten Saisonsieg wünschte. So schnell wird man also vom Seriensieger zum Aufmunterung empfangenden Mitfahrer...

Die Lehre vom freien Fahren

In den Zeiten der roten Dominanz wurde es oft gefordert, von Renault wurde es nun erstmals perfekt praktiziert: Das freie Fahren zweier Teamkollegen an der Spitze. Doch das Lob währte nur kurz, da durch Fisichellas Ausfall Alonsos Vorsprung auf die McLaren kleiner war, als wenn er hätte vorne weg fahren können. Aber bevor auch diese sportlich korrekte Entscheidung der Franzosen kritisiert werden konnte, erwischte es auch den Spanier.

Die Lehre vom Druck

Auch ein Fernando Alonso macht Fehler., Foto: Sutton
Auch ein Fernando Alonso macht Fehler., Foto: Sutton

Am Nürburgring freuten sich die Franzosen von Renault wie kleine Kinder über ihren geschenkten Sieg durch Kimi Räikkönens Ausfall. Wie schnell sich das Blatt wenden kann, erfuhren die Gelb-Blauen nur zwei Wochen später am eigenen Leib. Denn während sich Alonso und Briatore am Ring noch freuten McLaren und Kimi Räikkönen in einen Fehler getrieben zu haben, hielt diesmal der Spanier dem Druck nicht stand und machte er den entscheidenden Fehler.

Die Lehre vom Safety-Car

Kein Kanada GP ohne Safety-Car-Phase. Diese kleine Regel scheint ein grundsätzliches Gesetz auf der ansonsten nur von Murmeltieren bewohnten Ile de Notre Dame zu sein. Entsprechend gab es auch in diesem Jahr wieder das gesamte Repertoire des F1-Zirkus zu sehen: Vor-, Aus- und Zwischenfälle, schwarze Flaggen, Disqualifikationen, Geldstrafen, Regentropfen und überraschende Wendungen.

Die Lehre von der 42

Wenn wir die Frage auf die Antwort zur größten aller Fragen kennen würden, dann wüssten wir nun auch, wer den spannenden Titelkampf für sich entscheiden wird und ob Michael Schumacher doch noch nach ganz vorne kommen kann. Alle die aus der "42" diese Informationen nicht extrahieren können, müssen dann wohl noch bis Shanghai warten...