Die Formel 1 mag es derzeit tierisch und wild: Nach dem Leitplankendschungel von Monaco und dem - trotz seiner baulichen Veränderungen am GP-Kurs noch immer als Grüne Hölle verschrienen - Nürburgring, kommen die 20 schnellsten Sonntagsfahrer dieser F1-Welt nun auf die idyllisch gelegene Insel der Murmeltiere inmitten des Sankt Lorenz Stroms.

Der Circuit Gilles Villeneuve und dessen Austragungsort Montreal sind in F1-Kreisen aber nicht nur wegen ihrer knuffigen und pelzigen Streckenhaustiere, sondern vor allem wegen der tollen Lage auf der Ile de Notre Dame sowie der speziellen Atmosphäre der kanadischen Metropole extrem beliebt. Entsprechend kommen die Piloten und Teammitglieder auch in diesem Jahr wieder gerne auf den neu asphaltierten kanadischen Kurs zurück.

Renault: Das Glück über den großen Teich schleifen

Auch wenn der Sieg geschenkt war, der Jubel war trotzdem groß., Foto: Sutton
Auch wenn der Sieg geschenkt war, der Jubel war trotzdem groß., Foto: Sutton

In sprichwörtlich letzter Sekunde erbte der unangefochtene WM-Spitzenreiter Fernando Alonso am Nürburgring seinen vierten Saisonsieg, über welchen sich die Gelb-Blauen wie über einen WM-Titel freuten. Doch trotz aller Begeisterung müssen auch die Franzosen anerkennen, dass sie in der Eifel nicht das beste Auto hatten und gegen ihren neuerdings auch in den WM-Tabellen ärgsten Verfolger keine Chance gehabt hätten. Da der Bremsen mordende Circuit Gilles Villeneuve Ähnlichkeiten mit Imola aufweist, werden Alonso und Fisichella sicherlich auch hier ähnlich stark sein - allerdings konnte der Spanier in San Marino nur gewinnen, weil ein gewisser Finne vorzeitig ausfiel...

McLaren: Die Reifengeister vertreiben

Das gleiche Schicksal, nur nicht ganz so vorzeitig wie in Imola, ereilte Kimi Räikkönen in der Eifel, die für ihn tatsächlich zur grünen Hölle wurde. Das können selbst Geschichtsfanatiker und Namenshüter der Nordschleife nicht bestreiten. Anhand der starken Performances während der zurückliegenden Rennwochenenden sowie den letzten Tests in Silverstone müssen die Silbernen aber auch in Kanada als Topfavoriten angesehen werden. Allerdings müssen ihre Silberpfeile auf der Material mordenden Strecke erst einmal ins Ziel kommen. Für Juan Pablo Montoya wird es zudem Zeit endlich einmal ein Rennen von Anfang bis Ende ohne Zwischenfälle an der Spitze zu bestreiten und seinem Teamkollegen zu zeigen, dass er auch noch da ist. Leicht wird dies jedoch keinesfalls.

Ralf testete letzte Woche in Silverstone., Foto: Sutton
Ralf testete letzte Woche in Silverstone., Foto: Sutton

Toyota: An die Erfolge anknüpfen

Mindestens ebenso schwierig wird es für Toyota am Ort der letztjährigen Doppeldisqualifikation die erhofften WM-Punkte oder gar Podestplatzierungen zu erzielen. Dennoch müssen Ralf Schumacher und vor allem Jarno Trulli auf der Ile de Notre Dame im Auge behalten werden. Die Vorbereitung auf den Kanada GP absolvierten sie, wie British American Racing und Ferrari, sowohl in Monza als auch in Silverstone. Der von Jarno Trulli zuletzt angepeilte erste Sieg, dürfte für die Japaner in Montreal aber noch außer Reichweite liegen.

Williams: Gute Erinnerungen beschwören

Bevor zu groß dimensionierte Kühllufteinlässe Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya die Disqualifikation einbrachten, bot BMW-Williams im Vorjahr eines der bis zu diesem Zeitpunkt besten Saisonrennen. Nachdem Nick Heidfeld und Mark Webber in diesem Jahr schon vor Kanada eine kleine Erfolgsserie gestartet haben, hoffen die Weiß-Blauen natürlich auch in Nordamerika daran anknüpfen und weitere WM-Punkte holen zu können. Ob es dank der in Silverstone ausprobierten Verbesserungen am FW27 bereits aus eigener Kraft zu Podestplätzen reichen wird, bleibt unterdessen abzuwarten.

Ferrari: Den Erfolg erzwingen

Ferrari und Bridgestone hätten sicher nichts gegen Regen einzuwenden., Foto: Sutton
Ferrari und Bridgestone hätten sicher nichts gegen Regen einzuwenden., Foto: Sutton

Wenn es rein nach dem Aufwand, den Ferrari betreibt, gehen würde, dann müssten die Roten am kommenden Wochenende ähnlich dominant vorne weg fahren wie in den vergangenen Jahren. Denn obwohl sich Michael Schumacher im beinahe schon traditionellen Familienurlaub in Nordamerika befindet, testeten die Italiener in der letzten Woche auf drei Fahrern auf drei Rennstrecken. Sollte Bridgestone bei der Reifenwahl im Vergleich zu Michelin aber kein Glücksgriff gelungen sein, werden die Roten jedoch auch in Quebec nicht mit McLaren und Renault mithalten können. Der von Rubens Barrichello am Nürburgring gezeigte Aufwärtstrend lässt allerdings auf einen Podestplatz hoffen.

Red Bull: Noch mehr Punkte erringen

Dank David Coulthard konnten die roten Bullen in der Grünen Hölle fünf weitere Zähler sammeln und ihren Vorsprung auf Sauber weiter ausbauen. Ab dem Kanada GP wird nun wieder die ursprüngliche Fahrerpaarung, mit welcher das Newcomer-Team zu Saisonbeginn in Melbourne seinen raschen Aufstieg begann, in den dunkelblauen Autos Platz nehmen. Dann wird sich auch herausstellen, ob Christian Klien die Rennpause geschadet hat oder ob er direkt an seine starken Auftritte anknüpfen kann. Anstelle von Tonio Liuzzi wird in Übersee zudem der Amerikaner Scott Speed seinem Namen alle Ehre machen wollen und in den Freitagstrainings die US-Medien beschäftigen.

Sauber: Mehr Punkte hamstern

Nach drei punktlosen Rennen in Folge würde sich der seit Monaco etwas verstimmte Teamchef Peter Sauber sehr über weiteres Futter auf seinem Punktekonto freuen. Die Chancen dafür stehen allerdings alles andere als gut. Schließlich balgen sich nicht weniger als 16 Piloten mit realistischen Chancen auf WM-Punkte um die acht freien Punkteränge. Und auch wenn dies den Schweizern nicht wirklich helfen wird: Für Spannung ist wahrlich gesorgt.

Jordan: Endlich Punkte sammeln

Narain muss wieder einmal seinen Teampartner schlagen., Foto: Sutton
Narain muss wieder einmal seinen Teampartner schlagen., Foto: Sutton

Nur ein krasser Außenseiter im Kampf um WM-Punkte sind die beiden Jordan-Piloten Narain Karthikeyan und Tiago Monteiro, die an diesem Wochenende zudem aufgrund des Reifenfauxpas vom Nürburgring ohne die Hilfe eines Freitagstesters auskommen müssen. Nichtsdestotrotz werden die Gelben weiter versuchen ihre minimalen Chancen auf eine Überraschung zu wahren und sich gegenseitig keinen Millimeter schenken. Denn im Teaminternen Duell kam zuletzt der Portugiese Monteiro etwas besser zurecht als sein indischer Partner, der die ersten Saisonrennen dominiert hatte.

B·A·R: Die Null muss weg

Jenson Button und Takuma Sato dominierten in dieser Saison hingegen noch absolut rein gar nichts. Neben zwei verpassten Rennen in Barcelona und Monaco stehen nur Nuller in der Saisonstatistik der Weißen. Nach intensiven Tests in Italien und auf der grünen Insel hoffen die Mannen rund um Sportdirektor Gil de Ferran den fehlenden Speed vom Nürburgring wieder gefunden zu haben, um beim achten WM-Lauf des Jahres endlich die ersten Zähler einfahren zu können.

Minardi: Niemals aufgeben

Bei Minardi darf man unterdessen wohl auch in Montreal noch nicht einmal von WM-Punkten träumen. Nichtsdestotrotz werden Patrick Friesacher und Christijan Albers auch auf der Ile de Notre Dame auf das alle Jahre wieder stattfindende Minardi-Wunder und den ersten Punktegewinn der Saison hoffen. Im Kampf gegen Jordan gab der Nürburgring jedenfalls Anlass zur Hoffnung.