Was für ein irres Rennen: Daniel Ricciardo gewinnt den ersten Aserbaidschan GP in der Geschichte der Formel 1. Der Red-Bull-Pilot profitierte von einem Chaos an der Spitze: Erst sorgte Sebastian Vettel mit einem Rammstoß gegen Lewis Hamilton hinter dem Safety-Car für einen Skandal, danach wurde Hamilton durch ein technisches Problem zurückgeworfen. Vettel verlor die Führung an Ricciardo wegen einer Strafe.

Die Top-Facts des Rennens

  • Ricciardo gewinnt irres Baku-Rennen von P10
  • Vettel fährt Hamilton hinter Safety-Car ins Auto
  • Hamilton verliert Führung durch defekte Cockpit-Umrandung
  • Vettel verliert Führung wegen 10-Sekunden Stop-and-Go-Strafe
  • Stroll holt sensationell Platz 3
  • Bottas nach verrückter Aufholjagd Zweiter
  • Vettel wird Vierter, Hamilton Fünfter

Das Podium: Hinter Daniel Ricciardo freute sich Valtteri Bottas über Platz zwei. Der Mercedes-Pilot lag nach einer Startkollision eigentlich schon eine Runde zurück, holte sich aber den zweiten Platz auf der Ziellinie gegen Lance Stroll. Der Williams-Pilot holte sich damit nach den ersten Punkten vor zwei Wochen gleich sein erstes Podium.

Die Punkteränge: Nach seiner Strafe arbeitet sich Vettel immerhin noch bis auf Rang vier nach vorne, beendete das Rennen direkt vor seinem ärgsten WM-Widersacher Hamilton. Hinter den Kampf-Hähnen sicherte sich Esteban Ocon nach einem auch für ihn ereignisreichen Rennen Rang sechs. Dahinter holte sich Kevin Magnussen Platz sieben, Carlos Sainz Rang acht.

Fernando Alonso holte mit Platz neun die ersten Punkte für McLaren-Honda in dieser Saison. Der Spanier kämpfte sogar zwischenzeitlich mit Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, nachdem die WM-Anwärter zurückgefallen waren. Den letzten Punkte holte sich Pascal Wehrlein, der in einem heißen Duell mit Teamkollege Marcus Ericsson als Sieger hervorging. Ericsson holte nur Platz elf vor Stoffel Vandoorne.

Der Start: Ich Kurve eins ging vorne noch alles gut, doch in Kurve zwei kam es hinter Hamilton zur Kollision: Räikkönen wollte außen an Bottas vorbeigehen, der Mercedes-Pilot nahm innen zu viel Kerb und sprang leicht in den Ferrari rein. Bottas beschädigte sich dabei den Frontflügel und zog sich einen Plattfuß zu. Durch die Schleichfahrt an die Boxengasse und den fälligen Nasenwechsel verlor Bottas eine Runde. Räikkönens Bolide wurde nicht stark beschädigt, allerdings wurde er durch den Zwischenfall von Perez und Verstappen überholt.

Auch hinter der Spitze ging es in der ersten Kurve recht gesittet zu. Nur die beiden Toro-Rosso-Piloten machten sich das Leben gegenseitig schwer. Weil Daniil Kvyat die Auslaufzone zu Hilfe nahm und recht aggressiv wieder zurückkam, wich Carlos Sainz etwas heftig aus und drehte sich bei diesem Manöver.

Reihenfolge nach der Startphase:
1. Hamilton 2. Vettel 3. Perez 4. Verstappen 5. Räikkönen 6. Massa 7. Ocon 8. Stroll 9. Ricciardo 10. Hülkenberg

Die Zwischenfälle: Als Max Verstappen ernst machte und Sergio Perez für Platz drei angriff, verlor er plötzlich Leistung. Zeitgleich blieb Daniil Kvyat mit einem Defekt ungünstig auf der Strecke stehen, so dass das Safety-Car in Runde 13 ausrücken musste. Alle Reparaturversuche von Red Bull in der Boxengasse halfen nicht, Verstappen musste aufgeben.

Dann wurde es richtig kurios: Als das Rennen in Runde 16 wieder freigegeben wurde, verloren einige Boliden Teile, die zahlreich auf der Strecke verteilt wurden - wieder Safety-Car. Und dann wurde es noch kurioser: Beim nächsten Restart nahm Hamilton etwas mehr Abstand vom Safety-Car, nachdem er beim ersten Restart Bernd Mayländer fast schon vor der Safety-Car-Linie überholt hätte.

Dazu verlangsamte Hamilton am Ausgang von Kurve 14 stark. Vettel, der beim Restart näher dran bleiben wollte als beim ersten Restart, war auf Hamiltons Tempo nicht eingestellt und fuhr dem Mercedes in den Diffusor. Vettel empfand Hamiltons Tempo als sogenannten 'Braketest', also ein absichtliches Verzögern, um den Hintermann auflaufen zu lassen. Völlig in Rage fuhr Vettel neben Hamilton, gestikulierte wild und fuhr dem Briten offenbar absichtlich ins Auto. Beide Autos wurden dabei nur leicht beschädigt und konnten das Rennen wieder aufnehmen.

Beim Restart kamen sich die beiden Force India in die Quere: Esteban Ocon wollte in Kurve zwei Sergio Perez überholen und ließ dem Mexikaner am Kurvenausgang zu wenig Platz - Kollision. Die beiden Force India wurden dabei stärker beschädigt, Kimi Räikkönen holte sich in den Trümmerteilen einen Reifenschaden. Erneut musste das Safety-Car ausrücken, zum dritten Mal innerhalb weniger Runden. Weil inzwischen so viele Trümmerteile auf der Strecke lagen, entschied sich die Rennleitung nach kurzer Zeit hinter dem Safety-Car sogar zu einer Rennunterbrechung.

Reihenfolge vor dem Restart:
1. Hamilton 2. Vettel 3. Massa 4. Stroll 5. Ricciardo 6. Hülkenberg 7. Magnussen 8. Alonso 9. Sainz 10. Grosjean

Nach kurzer Pause, in der die Strecke von den zahlreichen Karbonteilen gesäubert wurde, wurde das Rennen in Runde 23 hinter dem Safety-Car wieder gestartet. In der kurzen Pause konnten die Autos von Ocon, Perez und Räikkönen repariert werden, so dass alle drei das Rennen wieder aufnehmen konnten. Allerdings wurden die Boliden von Räikkönen und Perez nicht in der Fastlane, sondern in den jeweiligen Garagen repariert. Deshalb mussten Perez und Räikkönen später Durchfahrtsstrafen antreten.

Esteban Ocon und Sergio Perez kollidierten beim Restart, Foto: Sutton
Esteban Ocon und Sergio Perez kollidierten beim Restart, Foto: Sutton

Diesmal lief der Restart an der Spitze glimpflich. Hamilton behauptete die Führung vor Vettel, allerdings stürmte Daniel Riccardo von Platz fünf auf Platz drei nach vorne und überholte beide Williams auf einmal. Kurz darauf musste Felipe Massa wegen eines defekten Dämpfers an der Hinterachse aufgeben.

Dann die nächsten Dramen an der Spitze: Bei Hamilton löste sich die Cockpit-Umrandung, der Brite musste den speziellen Schaumstoff auf den Geraden mit einer Hand nach unten ziehen. Weil es sich dabei um ein sicherheitsrelevantes Teil handelt, musste Hamilton zur Reparatur in die Box fahren. Hamilton fiel von Platz eins auf Rang acht zurück.

Kurz nachdem klar wurde, dass Hamilton an die Box muss, verhängte die Rennleitung eine Strafe gegen Sebastian Vettel: Der Ferrari-Pilot wurde für den Rammstoß gegen Hamilton mit einer zehn Sekunden Stop-and-Go-Strafe belegt. Nachdem Vettel zwei Runden in Führung lag, musste er seine Strafe absolvieren - und fiel auf Rang sieben zurück. Daniel Ricciardo übernahm die Führung, Vettel und Hamilton starteten gemeinsam die Aufholjagd.

Das sagen Hamilton, Vettel & Ricciardo

Lewis Hamilton: "Diese Dinge passieren, das ist mir eigentlich egal. Ich möchte nichts dazu sagen, da gibt es nichts, was ich sagen kann. Ich denke einfach, so sollte sich ein Fahrer nicht verhalten. Das ist ein gefährliches Fahrverhalten und dafür eine 10-Sekunden-Strafe zu bekommen... Na ja, ich sage einfach nichts mehr..."

Sebastian Vettel: "Er ist auf die Bremse gestiegen. Ich konnte nirgendwo hin und bin ihm in die Kiste. Das war unnötig, denn er hatte ein bisschen Schaden und ich auch. Wenn man dafür bestraft wird, dann sollte er auch bestraft werden. Groß dementieren oder rütteln braucht man da nicht mehr. Es war klar, dass ich nicht zufrieden war mit der Art und Weise, wie er gefahren ist. Dann bin ich neben ihn gefahren und habe das auch gezeigt."

Daniel Ricciardo: "Ich kann es wirklich nicht glauben. Es war ein verrücktes Rennen. Wir wussten nach dem Re-Start, dass das Podium drin war. Wir hatten von den Problemen der anderen gehört, auch davon, was mit Sebastian passiert ist. Ich hatte direkt am Anfang einen Boxenstopp, denn ich hatte Wrackteile in der Bremsbelüftung. Danach war ich auf Platz 17 und da habe ich natürlich nicht an einen Sieg geglaubt. Darauf hätte ich nie gewettet. Es war einfach das verrückte Rennen, das wir letztes Jahr schon erwartet hatten. Jetzt gab es das halt dieses Jahr. Nach meinem Fehler im Qualifying war ich ganz klar enttäuscht, aber man darf niemals aufgeben und muss immer bis zum Ende kämpfen. Ich hatte gestern schon gesagt, dass wir heute keine Probleme und keinen Ärger haben dürfen. Das hat geklappt, ein riesiges Dankeschön an das ganze Red Bull-Team. So haben wir wenigstens ein Auto auf dem Podium. Ich war in der Ehrenrunde sprachlos und habe gekichert wie ein kleiner Schuljunge."

Die Strategien: In der ersten Safety-Car-Phase kamen alle Piloten zum Reifenwechsel. Daniel Ricciardo nutzte sie gleich für seinen zweiten Reifenwechsel, weil er zuvor schon auf die Soft-Reifen gegangen war. Durch die Rennunterbrechung wurden die Strategien wieder obsolet, weil in der kurzen Pause alle auf Supersoft gingen.

Die Ausfälle: Nur 13 Piloten sahen die Zielflagge beim Aserbaidschan GP. Kimi Räikkönen stellte seinen Ferrari in Runde 46 in der Garage ab, in Runde 39 musste Sergio Perez den Force India wegen eines gebrochenen Sitzes abstellen. Zur Rennhalbzeit wurde Felipe Massa wegen eines defekten Dämpfers zur Aufgabe gezwungen, eine Runde davor touchierte Nico Hülkenberg die Leitplanke an der Innenseite von Kurve sieben und musste den Renault in der Auslaufzone von Kurve acht parken. Max Verstappen fiel wie Daniil Kvyat und Jolyon Palmer wegen eines technischen Defekts aus.

Der WM-Stand: Nach seinem Rammstoß hat Sebastian Vettel die WM-Führung auf Lewis Hamilton sogar noch ausgebaut. Rang vier bringen dem Ferrari-Piloten zwölf Punkte, Hamilton bekommt für Rang fünf noch zehn Zähler. Somit steht es jetzt 153 zu 139 für Vettel. Valtteri Bottas kommt dank Platz zwei wieder etwas näher: Der Finne steht nun bei 111 Punkten. Bei den Konstrukteuren zieht Mercedes Ferrari nun leicht davon: Die Silberpfeile haben nun 250 Punkte auf dem Konto, Ferrari 226.