Als das erste Qualifying der neuen Saison in Australien beendet war, fiel ein Fazit etwas ernüchternd aus. Die Verbesserung gegenüber der Rundenzeit aus dem Vorjahr fiel geringer aus, als es die Testfahrten in Barcelona erahnen ließen. Um 1,7 Sekunden unterbot Lewis Hamilton seine Pole-Zeit aus 2016. Sind die neuen Autos also gar nicht die Monster, die durch die neuen Regeln erschaffen werden sollten? Doch, sind sie! Zumindest, wenn man den Fahrern Glauben schenken darf.

"Es sind die schnellsten Autos, die wir je gefahren sind", griff Sebastian Vettel gleich in das oberste Regal der Superlative. Dabei ist Vettel inzwischen auch schon seit zehn Jahren mit im Geschäft, er erlebte also noch die Zeit der Aerodynamik-Monster von 2007 und 2008. "Es fühlt sich an wie vor zehn Jahren, aber noch eine Schippe drauf. Ich hatte noch nie so ein schnelles Auto, was die Formel 1 angeht - und schneller geht ja nicht", hält er fest.

Damit hat man den Nerv der Fahrer offensichtlich getroffen, die in den vergangenen Jahren besonders die niedrigen Kurvengeschwindigkeiten bemängelten. Durch den Zugewinn an Aerodynamik und damit Abtrieb sind die Formel-1-Boliden also wieder echte Waffen geworden. In Melbourne wurde der alte Streckenrekord von Sebastian Vettel aus dem Jahr 2011 gleich 15 Mal unterboten. Hamiltons Runde im Qualifying war am Ende 1,4 Sekunden schneller als die alte Bestmarke.

Lewis Hamilton unterbot den alten Streckenrekord im Qualifying um 1,4 Sekunden, Foto: Sutton
Lewis Hamilton unterbot den alten Streckenrekord im Qualifying um 1,4 Sekunden, Foto: Sutton

Verbesserung zum Vorjahr streckenspezifisch

Dennoch fiel die Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr geringer aus als erwartet. Dafür hat Vettel jedoch eine plausible Erklärung parat. "Dass die Zeiten vielleicht nicht Sekunden schneller sind als letztes Jahr, liegt daran, dass wir natürlich auch mehr Widerstand die Gerade hinunterschleppen", verweist Vettel auf den größeren Luftwiderstand der breiteren Autos und den damit geringeren Topspeed.

Zudem gebe es im Albert Park auch nicht so viele schnelle Kurven, in denen die Autos ihre Stärke ausspielen könnten. "Es gibt auch ziemlich viele Geraden, es ist eine Power-Strecke. Man wird es über das Jahr hinweg vielleicht sehen, dass es auf manchen Strecken viel schneller geht und auf anderen nur marginal", kündigt er an. Barcelona entsprach in dieser Hinsicht beinahe Laborbedingungen, weil dort sämtliche Kurvenarten vorkommen, ebenso wie eine extrem lange Gerade.

Die schnellste Rennrunde von Kimi Räikkönen im Albert Park war ebenfalls die schnellste seit 2007, wenngleich zur Top-Marke von Michael Schumacher aus dem Jahr 2004 über 2,5 Sekunden fehlten. Dies liegt jedoch nicht an der Performance der Fahrzeuge, sondern an der Tatsache, dass damals noch nachgetankt werden durfte und die Teams nicht in diesem Maße auf die Haltbarkeit der Teile achten mussten. Das Racing am Sonntag war also wenig bis kaum limitiert.

Den Rundenrekord im Rennen hält nach wie vor Michael Schumacher aus dem Jahr 2004, Foto: Sutton
Den Rundenrekord im Rennen hält nach wie vor Michael Schumacher aus dem Jahr 2004, Foto: Sutton

Fahrspaß vor allem im Qualifying

Daher können die Fahrer vorrangig nur über das Qualifying sprechen, wenn es um das Potential der neuen Boliden geht. "Besonders im Qualifying - wenn man wenig Sprit an Bord hat - machen sie mehr Spaß zu fahren. Sie sind stabiler und sorgen für mehr Speed in den Kurven", erklärte Max Verstappen. Felipe Massa pflichtete ihm bei: "Die Autos machen sehr viel Spaß. Für die Fahrer ist es jetzt viel mehr wie 2006, 2007 oder 2008. Da hatten wir viel Abtrieb. Es macht wirklich Freude."

Mit der Freude am Fahren steigen jedoch auch die Herausforderungen. Besonders gespannt war man auf die Reaktionen der Fahrer, wenn sie erstmals unter vollem Stress eine Renndistanz in den neuen Boliden absolvieren mussten. Und Sebastian Vettel gibt zu, dass die ersten Runden für ihn nicht einfach waren.

"Die ersten paar Runden waren sehr intensiv. Es war einfach, einen Fehler zu machen, sich zu verbremsen und so weiter. Später dann hatte ich ein bisschen eine Lücke und konnte es kontrollieren, daher war es etwas einfacher", so Vettel. Melbourne sei aber nicht unbedingt ein Gradmesser. "Das ist nicht die physisch anspruchsvollste Strecke im Kalender. Ich denke, später im Jahr wird es interessant."