"Wir als auch die Fahrer haben gehofft, dass wir vorne mitmischen können, und es war hier ein brutales Aufwachen, dass es derzeit nicht möglich ist." Dr. Helmut Marko musste nach dem Qualifying in Australien erst einmal tief durchatmen. Red Bull präsentierte sich - anders als noch am Freitag - ohne jede Chance im Kampf um die ersten beiden Startreihen. Daniel Ricciardo verunfallte im dritten Abschnitt der Zeitenjagd und startet voraussichtlich nur als Zehnter. Max Verstappen blieb ohne Fehler, hatte aber einen riesigen Rückstand von 1,2 Sekunden auf Lewis Hamilton zu beklagen. Rang fünf nur für den Niederländer.

Dabei wirkte Red Bull im ersten Training am Freitag zumindest auf Augenhöhe mit Ferrari. Doch mit fortschreitender Dauer des Wochenendes verloren die Bullen immer mehr den Anschluss. "Wir kamen hierher und sagten, wenn wir innerhalb einer halben Sekunde sind, ist es okay. Nun aber ist es über eine Sekunde", so Ricciardo.

Dabei betont er, dass bei der Runde seines Teamkollegen wenig bis gar keine Luft mehr nach oben war. "Es ist schwierig für uns aktuell. Mercedes und Ferrari sind schneller. In den Onboard-Aufnahmen kann man sehen, dass deren Heck stabiler ist. Sie haben momentan mehr Abtrieb. Wir haben da noch Arbeit vor uns", erklärte er.

Red Bull mangelt es an Abtrieb, Foto: Sutton
Red Bull mangelt es an Abtrieb, Foto: Sutton

Kleien Änderungen mit schlechter Wirkung

Besonders Red Bull wusste im vergangenen Jahr durch ein tolles Chassis zu überzeugen. Mit den neuen Regeln und dem größeren Engagement von Adrian Newey hoffte man auf den großen Coup. Doch noch macht das neue Gefährt nicht das, was es soll. "Unser Chassis hat ein viel zu enges Fenster, in dem es funktioniert. Ich hoffe, wir können das in den nächsten ein, zwei Rennen aussortieren", so Helmut Marko im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

"Kleinste Änderungen haben Auswirkungen, die technisch nicht sein sollten und auch nicht erklärbar sind", präzisiert er die Problematik bei Red Bull. "Das Chassis müssen wir innerhalb der nächsten Rennen aussortieren. Motorseitig hoffen wir, dass sukzessive mehr kommt."

Die große Enttäuschung hält sich bei den Fahrern zumindest aber in Grenzen. "Um ehrlich zu sein bin ich nicht enttäuscht. Seit dem ersten Tag habe ich mir keine Illusionen gemacht, weil du es einfach nicht wissen kannst", sagte Max Verstappen. "Ich bin sehr neutral ins Jahr gegangen. Schon bei den Tests konnte man sehen, dass wir nicht die Pace haben. Für mich war daher sofort klar, dass wir nicht so wettbewerbsfähig sein werden zu Beginn des Jahres", gibt sich der 19-Jährige cool.

Erinnerungen an 2015 werden wach, als Red Bull kein Rennen gewann und in der WM gar nur auf Platz vier landete. So schlimm sieht es zwar aktuell nicht aus, den eigenen Ansprüchen entsprechen die Leistungen beim Saisonstart aber keinesfalls. Doch Ricciardo beruhigt und spielt die Karte Zeit. "Wir müssen einfach noch lernen mit diesem Auto und ich finde, wir hatten noch nicht genug Qualitätszeit dafür", so der Australier.

Daniel Ricciardo verunfallte im dritten Abschnitt des Qualifyings, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo verunfallte im dritten Abschnitt des Qualifyings, Foto: Sutton

Was er meint: Während die Konkurrenz bei den Testfahrten Runde um Runde abspulte, hatte Red Bull immer wieder mit Problemen zu kämpfen. Diese verlorene Zeit rächt sich nun. "Gestern Morgen ist ein Beispiel, wo ich gespürt habe, dass mehr in dem Auto steckt. Aber wir wissen noch nicht genau im Moment, was der richtige Schritt ist, um es abzurufen", beschreibt er das Dilemma. "Es braucht einfach mehr Streckenzeit. Hoffentlich liefert uns das Rennen morgen ein paar Antworten. In den Long Runs am Freitag hatten wir auch ein paar Probleme. Wir werden sehen", bleibt Ricciardo nicht viel mehr als abwarten.

Liegt das wahre Problem in der Aufhängung?

Oder liegt das Problem in einem ganz anderen Bereich? Die FIA stellte vor Saisonbeginn klar, dass nicht mehr jede Form der Aufhängung erlaubt ist, wie es im Vorjahr noch der Fall war. Gerade Red Bull und Mercedes profitierten von ausgeklügelten Systemen, die die Fahrbarkeit verbesserten. Hat Red Bull hier also einen empfindlichen Nachteil erlitten? Die Fahrer bestreiten dies.

"Als ich mit dem Team gesprochen habe, hatten sie nicht gesagt, dass es einen besonderen Grund gebe, den wir nur beheben müssten", berichtet Ricciardo. "Für mich ist es derzeit nicht offensichtlich. Wenn Ferrari dominieren würde und Mercedes auch verloren hätte, könnte man das vielleicht sagen. Aber wenn man sieht, dass der Mercedes immer noch so schnell ist, würde ich das nicht darauf zurückführen", so der 27-Jährige. Auch für Verstappen spielt die Aufhängung bei der Suche nach der verlorenen Zeit keine Rolle. "Es hat überhaupt keinen Unterschied gemacht. Es ist genau das gleiche", wiegelt er ab.