Herr Steiner, warum lief gerade der Anfang der Saison so extrem gut für Haas?
Günther Steiner: Ich glaube, die Konkurrenz hat es am Anfang ein bisschen verschlafen. Auf manchen Strecken waren wir nachher nicht so gut. Da waren wir ein bisschen verwirrt und es haben sich ein paar kleine Fehler eingeschlichen. Und du kannst nicht testen, also konnten wir nicht richtig weitermachen. Wir mussten immer das 1. Freie Training nutzen, und da hatten beide Autos oft Probleme. Ein paar Trainings sind wir nicht gefahren, und da verlierst du sofort Zeit.

Gerade für einen Neueinsteiger eine schwierige Situation...
Günther Steiner: Wenn du ein eingespieltes Team hast, wie die bestehenden Teams, überbrückst du das schneller, weil du mehr Daten hast. Uns hat das viel mehr geschadet, als allen anderen Teams. Aber es war unsere eigene Schuld. Nur, wenn du neu bist, hast du immer dieses Auf und Ab. Du bist nicht stabil, und wir sind ja immer noch ziemlich klein. Ich glaube zwar, wir haben uns wieder einigermaßen gefangen, aber ich würde nicht sagen, dass wir komplett durch sind.

Das heißt?
Günther Steiner: Es wird wieder schlechter werden, bevor es besser wird. Aber damit muss man leben, wenn man neu ist. Etwas anderes können wir nicht erwarten. Wir hatten einen märchenhaften Start in die Saison, und es war zum Ende hin jetzt auch nicht so, dass wir schlecht waren - denn wir sind immer ins Q2 gekommen und wir sind sieben Mal Elfter geworden. Irgendwie muss man auch realistisch bleiben und sehen, wo wir eigentlich stehen sollten. Theoretisch sollten wir nie ins Q3 reinkommen. Wenn man an die Werksteams und die anderen guten Teams denkt, und wir sind die letzten, die gekommen sind und qualifizieren uns als Achter und Zehnter - da sollten wir nicht stehen.

Wie konnte es Ihrer Meinung nach dazu kommen?
Günther Steiner: Es ist so eine Sache, wenn man sich fragt: Sind die anderen schlechter oder sind wir so gut? Ich glaube eher, die anderen sind schlechter und wir sollten nicht so gut sein, dass wir die schlagen können. Das ist vielleicht ein bisschen verwirrend, wie ich das sehe - aber ich glaube, man kann verstehen, wie ich es meine. Aber dieser Sport ist sehr, sehr schwierig und wenn du reinkommst, solltest du nicht nach 17 oder 18 Rennen ins Q3 kommen. Das sollte gar nicht möglich sein - obwohl wir es natürlich wollen. Aber theoretisch müsste es so sein, dass wenn du wetten gehst, du dafür wahnsinnige Quoten bekommen würdest, weil es einfach so eine wahnsinnige Sache ist, ins Q3 zu kommen. Williams oder McLaren zu schlagen, das sind Firmen, die haben 500 bis 800 Leute und wir sind 180.

Has zählte zu den positiven Überraschungen 2016, Foto: Sutton
Has zählte zu den positiven Überraschungen 2016, Foto: Sutton

Dann sind die Resultate und das, was man von außen sieht, gar nicht der Performance von Haas selbst geschuldet?
Günther Steiner: Ich glaube, wir haben im Großen und Ganzen mehr gemacht, als wir machen sollten. Wir sind besser, als wir theoretisch sein sollten. Sicher, wir haben unsere Partnerschaft mit Ferrari, die uns hilft. Aber alleine das Team und das Auto aufzubauen - wir können ja nicht testen. Für ein neues Team ist es doch der größte Nachteil, dass wenn du hier reinkommst, du nicht testen gehen kannst. Du hast zwei Tests vor der Saison, das sind insgesamt acht Tage.

Und dann hast du noch zwei Mal zwei Tage. Du kommst am Donnerstag an, dann geht es am Freitag für drei Stunden raus auf die Strecke und das war's dann. Samstag dann nochmal eine Stunde und dann kommt das Qualifying. Du hast eigentlich keine richtige Zeit, dich weiter zu verbessern oder es zu üben. Das wäre, wie einem Fußballspieler das Trainieren zu verbieten. Du musst aber besser werden, auch wenn du es nicht probieren kannst. Deswegen glaube ich, dass unsere Jungs es sehr gut gemacht haben.

Trotzdem gab es doch einige technische Probleme während der Saison. Was waren die Gründe?
Günther Steiner: Am Anfang hatten wir ein paar Kleinigkeiten, bei denen wir länger gebraucht haben, um sie wieder in Ordnung zu bringen. Aus dem Grund, dass wir zu wenig Erfahrung hatten. Mitten in der Saison hatten wir manchmal ein bisschen Pech. Auch in Singapur mit dem Stecker des Brake-by-Wire-Systems, der auf dem Weg in die Startaufstellung runtergefallen ist. Das sollte natürlich nicht passieren, aber du denkst dir manchmal: Muss das wirklich uns passieren? Und du kannst niemanden dafür schlecht machen, denn das kann einfach passieren. Deswegen müssen unsere Prozesse besser werden. Ich glaube aber, es sieht schlimmer aus, als es wirklich ist.

Haas schloss die Saison 2016 noch vor Renault ab, Foto: Sutton
Haas schloss die Saison 2016 noch vor Renault ab, Foto: Sutton

Was war das größte Problem im ersten Jahr, das Sie nicht auf dem Schirm hatten?
Günther Steiner: Es waren viele kleine Sachen, die wir nicht auf dem Schirm hatten, aber nichts Riesengroßes. Es war nicht so, dass wir sagen mussten: 'Oh, das haben wir vergessen'. Es waren manchmal eben diese kleinen Problemchen. Die haben uns viel gekostet, weil man dadurch in den Trainings nicht rausfahren kann. Da verlierst du dann die Zeit, dein Setup zu finden, und das hat uns am meisten Probleme bereitet. Diese kleinen Problemchen müssen wir abschaffen und besser darauf reagieren - und ich glaube, wir sind besser geworden. Am Anfang lief es gut, das war vielleicht Glück. Und dann hatten wir vielleicht ein bisschen mehr Pech und jetzt ist es wieder ausgeglichen und wir haben die normalen Problemchen, wie jeder andere.

Wie genau hat sich das Team verbessert?
Günther Steiner: Wir reagieren viel besser, weil wir das Auto viel besser kennen. Wenn ich jetzt an die Barcelona-Tests zurückdenke, wenn wir da irgendetwas machen mussten... Jetzt ruft der Fahrer über Funk: Das und das funktioniert nicht. Und wir sagen: Okay, wir wissen, was es ist. Das wird repariert. Vorher hieß es immer: 'Oh, wir haben ein Problem. Wie lösen wir es? Und dann: Wie reparieren wir es?'

Alles läuft noch nicht rund beim US-Team Haas, Foto: Sutton
Alles läuft noch nicht rund beim US-Team Haas, Foto: Sutton

Lag das vielleicht daran, dass man das Auto vor der Saison eben noch nicht ganz so gut kannte wie andere Teams, die selbst mehr Teile designen?
Günther Steiner: Das kann ein bisschen ein Grund gewesen sein. Aber ich glaube, es ist mehr, dass das Prinzip für jedes Team dasselbe ist. Du hast ein Team und du bekommst jedes Jahr ein neues Auto. Von unseren Leuten kamen manche von Mercedes, manche von Renault oder von allen möglichen anderen Teams - aber es gab ja noch nie ein Haas-Auto. Die mussten sich an das Haas-Auto gewöhnen - und an die Zusammenarbeit mit Ferrari, von der Motorenseite.

Jetzt ist das Team mehr zusammengewachsen...
Günther Steiner: Ich glaube, nächstes Jahr werden wir viel besser dastehen. Nächstes Jahr gibt es zwar ein anderes Reglement, aber das Auto nächstes Jahr ist eine Evolution. Es ist bestimmt etwas von allem dabei, aber ich glaube, der Hauptgrund ist, dass die Leute noch nie zusammengearbeitet hatten. Die wussten nicht, wer für was genau verantwortlich ist. Du legst es zwar in Prozessen fest, aber du musst es auch leben. Es hat bestimmt mit dem Neuen zu tun, aber mit dem Designen eigentlich weniger.