Von der Verpflichtung Lance Strolls durch das Williams-Team war vor allem ein Fahrer so gar nicht begeistert: Alex Lynn. Der 23-jährige Brite ist seit 2015 Entwicklungsfahrer des Rennstalls und hatte sich nach dem verkündeten Abschied Felipe Massas selbst Hoffnungen gemacht, das Cockpit des Brasilianers zu übernehmen. Diese wurden aber zunichte gemacht. Grund genug für Lynn, das Kapitel Formel 1 nach dieser Saison abzuschließen.

"Um es freiheraus zu sagen: Die Dynamik der Formel 1 hat sich seit dem Beginn meiner Karriere verändert. Aktuell ist sie für gute Rennfahrer nicht darstellbar", meint er gegenüber sportscar365. Lynn selbst gewann 2014 die GP3, blieb in aktuell zwei Jahren in der GP2 aber hinter den Erwartungen zurück. Im vergangenen Jahr belegte er noch Rang sechs in der Gesamtwertung, aktuell liegt er vor dem Finale in Abu Dhabi nur auf Rang neun. Lynns größtes Problem ist die fehlende Konstanz. Zwar gewann er 2016 bislang zwei Rennen, sieben Mal jedoch kam er trotz Zielankunft gar nicht in die Punkte.

Dennoch ist er überzeugt, einen Platz in der Formel 1 verdient zu haben. "Mein Lebenslauf hat mich nahe an die Formel 1 gebracht und in einer anderen Ära würde ich vielleicht sogar dort fahren. Aber heute ist diese Dynamik nicht vorhanden, um es zu schaffen", so Lynn.

In Silverstone testete Alex Lynn zuletzt für Williams, Foto: Sutton
In Silverstone testete Alex Lynn zuletzt für Williams, Foto: Sutton

Paydriver und Talent - Warum nicht beides?

Worauf er anspielt, ist klar. Die Formel 1 ist bekannt für ihre Paydriver, die sich über viele Jahre ihre Cockpits kauften, statt sich dieses durch Leistung zu verdienen. Doch blickt man auf die Neuankömmlinge der letzten Jahre, so bringen diese mehr mit als nur Geld. Sergio Perez, gesponsert durch mexikanische Millionen, überzeugt Rennen für Rennen bei Force India, zuvor brachte er Sauber vereinzelt auf das Podium. Rio Haryanto war nicht die von einigen erwartete Gefahr für die Allgemeinheit. Und selbst Pastor Maldonado, der oft für spektakuläre Unfälle sorgte, hat bereits einen Rennsieg in der Königsklasse auf dem Konto stehen.

Zudem beweist die Cockpitvergabe für 2017, dass Talent sogar zielgerichtet gesucht wird. Force India entschied sich trotz chronischen finanziellen Problemen nicht für einen Paydriver, sondern setzt mit Esteban Ocon ein Supertalent ins Auto. Stoffel Vandoorne bekommt nach einem Jahr Wartezeit sein Cockpit bei McLaren. Und auch Lance Stroll wusste mit dem Gesamtsieg in der Formel-3-Europameisterschaft zu überzeugen. Die Gründe für die Nichtberücksichtigung Lynns liegen also womöglich woanders.

Lance Stroll wurde kürzlich als neuer Williams-Pilot vorgestellt, Foto: Sutton
Lance Stroll wurde kürzlich als neuer Williams-Pilot vorgestellt, Foto: Sutton

Leistung statt Geld

"Es sind aufregende Zeiten! Ich finde das ist großartig. Wir sehen einen Generationswechsel mit der nächsten Generation Superstars. Einige von den Jungs haben das Potential", formulierte es Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zuletzt. Er selbst brachte Pascal Wehrlein - seinerseits DTM-Champion - bei Manor unter, obwohl das Team durch einen Paydriver vermutlich mehr Geld hätte bekommen können.

Die Kritik Lynns ist also zum großen Teil unberechtigt. Zwar wird Lance Stroll, der 2017 nun für Williams fährt, durch seinen schwerreichen Vater gefördert. Doch seine bisherige Laufbahn steht jener von Alex Lynn in nichts nach. 2014 gewann der Kanadier so souverän die italienische Formel 4, dass er zum letzten Rennwochenende gar nicht mehr antreten musste. Sein Debütjahr in der Formel 3 bestritt er bereits mit einem Sieg und fünf weiteren Podestplätzen, ehe 2016 der ungefährdete Titelgewinn folgte. Zwar ist Stroll erst 18 Jahre jung, dass das Alter aber nicht entscheidend ist, zeigt Max Verstappen immer wieder.

Für Alex Lynn ist die Formelkarriere nach dieser Saison wohl (vorerst) beendet. Er will sich ab 2017 stattdessen auf die Sportwagen konzentrieren. "Mein Ziel ist es, ein Werkscockpit bei einem Hersteller zu bekommen. Ich würde das gerne als Vollzeit-Engagement machen, wenn sich die passende Option ergibt", meint Lynn. Am vergangenen Wochenende testete Lynn den GTE-Boliden von Aston Martin. Er absolvierte 22 Runden. Dabei war er eine halbe Sekunde schneller als GP2-Rivale und Manor-Testpilot Jordan King.